604
Brüssel, 5. Nov. Die hier eingetroffene France meldet, daß anläßlich der Nachricht von der Kapitulation von Metz, außer den Unruhen zu St. Etienne, auch Ruhestörungen in Lyon, Marseille, Toulon, Perpignan n. a. O. stattgefunden haben; insbesondere waren dieselben in Perpignan bedeutend. In Toulouse nöthigten die Aufrührer den General Hurbal und andere Offiziere ihre Funktionen niederzulegen. In Grenoble wurde General Barral verhaftet. In Nimes fanden, starke Volksaufläufe statt. In Marseille wurde der außerordentliche RegierungS- kommissär Geilt, als er sein Amt an Stelle des abgesetzten ESquiros antreten wollte, angegriffen und verwundet. Der offene Kampf zwischen der ihm zngethanen Nationalgarde und der seine Autorität nicht anerkennenden Bürgergarde civiqne wurde vorläufig noch vermieden.
MsMcu.
— Die „Weimarische Zeitung" ist in den Stand gesetzt, aus einem Briefe des englischen Historikers Thomas Carlyle einige Stellen mit- zutheilen, welche sich auf den Krieg mit Frankreich beziehen und wohl verdienen, allgemein anerkannt zu werden, da in demselben Carlyle ganz in der ihm eigenen nervigen Sprache seine Ge- nugthuung über die Zerschmetterung Frankreichs und seine Hoffnungen für Deutschlands Zukunft ausspricht, Ansichten, die wie er sagt, alles, was verständig ist in England, mit ihm theilt. Es heißt in dem Briefe:
Ihre Kriegsbesorgnisse werden von kurzer Dauer gewesen sein, sie müssen in der That in den erstell Tagen der thalsächlichen Erprobung sich in klare Hoffnung verwandelt haben in eine Hoffnung die beständig in mächtigen geometrischen Verhältnissen wuchs, bis sie zu dem emporgestiegen ist, was wir heute sehen. So weit meine Belesenheit reicht, hat es niemals einen solchen Krieg gegeben, niemals solch eine Zerschmetterung unverschämter menschlicher Eitelkeit, bedrohlichen, lange fortgesetzten Hochmuths zu schmachvoller Vernichtung — Streich auf Streich, wie mit Thors Hammer geführt, bis es wie ein unförmlicher Trümmerhaufen daliegt, zu sich selbst winselnd: „Was im Namen aller Götter und aller Teufel soll nun aus uns werden?" . . . Ganz Deutschland darf wohl schönere Tage sich versprechen, als eS in politscher Beziehung gesehen, seit Kaiser Barbarossa es verlassen. Meine eigene Freude an alle dem ist groß und ganz England, ich kann sagen, alles, was verständig ist in England, beglückwünscht von Herzen das tapfere alte Deutschland zu dem, was es für sich selbst gethan— eine thatsächliche Umwandlung in eine Nation, nicht länger mehr das chaotische Durcheinander, das den Einbruch aller übelgesinnten Nachbarn, namentlich dieses übelgesinnten Frankreichs herausforderte, welches ihm in den letzten 400 Jahren so unendliches Wehe gebracht hat. Krieg ge- thürmt auf Krieg, ohne wirkliche Ursache, als unersättlichen französischen Ehrgeiz. Alles das ist nun durch Gottes Gnade beendet. Ich habe in meinen Zeiten nichts in Europa erlebt, was
mich so erfreut hätte. „Ein tapferes Volk", wie Ihr Göthe Sie nennt, und, wie ich glaube, auch ein friedliches und biederes. Ich hoffe nur, der Himmel werde Ihnen die Weisheit, Geduld und fromme Bescheidenheit senden, um all die Vollendung zum rechten zu nutzen.
Zum künftigen Friedensschluß.
Pforzheim sendet die goldene Feder, Frankreich liefert die Tinte dazu, in die es sich erst noch vollständig reiten will, Deutschland das Blatt, daS sich für immer gewandt hat, und Oesterreich und Italien den Sand, auf den ihre Combinalionen gebaut waren. So wird hoffentlich Alles gut werden. (Kladd.)
Der Maulwurf. Daß derselbe ein sehr nützliches Thier, und seine Verfolgung höchst thöricht ist, wurde kürzlich in Kassel durch einen Versuch erhoben. Eine Fläche von 49 Quadratfuß wurde 3 Fuß lief ansgegraben und die Grube dann in allen vier Wänden und an dem Boden mit Dielen fngendicht verwahrt, so daß das Ganze einen hölzernen, 1 Fuß hoch über die Oberfläche hervorragenden Kasten bildete. Durch diese Einrichtung konnten weder der Maulwurf noch Engerlinge und Würmer nach irgend einer Seite hin entweichen; auch war der Zutritt anderer Thiere von außen abgesperrt. Hierauf wurde der Kasten mit der vorher ausgegrabenen Erde wieder ausgefüllt und endlich die Oberfläche mit Strauchwerk und dergleichen überall bepflanzt. Nachdem die Gewächse vollständig angegangen waren, wurden 140 Stück Engerlinge und eine entsprechende Anzahl Negenwürmer überall auf die Oberfläche vertheilt, worauf sich dieselben sofort eingruben. Erst nachdem sich annehmen ließ, daß Engerlinge und Würmer ihrer Nahrung uachgehen würden, wurde (am 29. Juni) ein Maulwurf eingelassen. Derselbe wühlte sich sofort in die Erde und begann seine Wirksamkeit. Das Resultat wurde 34 Stunden darauf so geprüft, daß die Erde des Behälters sorgfältig durch ein feines Drahtgitter so geworfen wurde, daß nur die feineren Erdtheilchen, nicht aber die gröbern und die Engerlinge und Würmer durchfallen konnten. Es fanden sich dabei nur noch >7 Engerlinge, davon zwei von hinten zur Hälfte angefressen, und ein Regenwurm wieder. Der Maulwurf hatte also in 34 Stunden fast sämmtliche Negenwürmer und 123 Engerlinge aufgesucht und gefressen. Der Boden war überall von Gängen desselben durchzogen. Der Versuch war von einer besonderen, zu diesem Zwecke bestellten Kommission des Gartenbauvereins überwacht worden.
Bei diesem Anlaß mahnen wir wiederholt, den in Vertilaung des Ungeziefers so nützlichen Vögeln (auch Spatzen) alle Schonung angedeihen zu lassen und besonders die Kinder strenge darauf hinzuweisen. _
Frankfurter Eourse vom 5. Nov. Geldsorten. Preußische Kassenscheine ... 1 fl. 44V»- 45 kr- Friedrichs'dor ...... 9 fl. 58 — 59 kr.
Pistolen ........ 9 fl. 45 — kr.
Dukaten.5 fl. 34 — 56 kr.
20-Frankenstücke.9 fl. 33 — 34 kr.
Englische Souvereigens ... 1t fl. 54 — 58 kr.
Dollars in Gold . .... 2 fl. 26'/^— 27'/-kr.
Redaktion, Druck und Lerlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.