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Kronik.

Deutschland.

Berlin, 12. Sept. Die deutschfeindlichen Ränke und Anschläge des eitlen Grafen Beust werden jetzt rücksichtslos enthüllt. Schon seit Wochen ließen Andeutungen in den Wiener Blättern darüber keine Ungewißheit, jetzt aber erfreut uns die A. Z. inNeutra itätsbriefen ausOestreich" mit den interessantesten Enthüllungen. Das ganze Gewebe der Heuchelei, mit welchem die Kriegs­partei in Wien die nun eingestellten Rüstungen zu verhüllen suchte, wird hier schonungslos auf­gedeckt. Daß die Absichten des Grafen Beust nicht zur Ausführung gelangt sind haben wir, neben den Siegen der deutschen Heere, allein Rußland zu verdanken. Durch Rußlands Ein­fluß wurde Dänemark vor einem Friedensbruch zurückgehalten, Oestreich zur Vorsicht genöthigt und Italien davor bewahrt, auf die abschlüssige Bahn Beust'scher Politik zu gerathen. Daß die Kongreßidee, die in einigen Köpfen spuckt, von Deutschlands Staatsmännern auf keinen Fall an­genommen wird, darüber darf man ruhig sein. Deutschland wird den Frieden ohne die Neutralen schließen, wie es Frankreich ohne sie niederge­worfen hat. Bei den Friedensverhandlungen kann höchstens aus Rußland Rücksicht genommen wer­den, und können Wünsche, wenn das Petersburger Kabinet solche aussprechen sollte, ihre Beachtung und etwaige Verwirklichung finden. Geradezu empörend ist die Haltung des neutralen Belgiens, das doch seine staatliche Existenz vorzugsweise der Wachsamkeit und Energie Deutschlands ver­dankt. Der Moniteur gesteht selber die Bewerf- ung deutscher Verwundeter mit Steinen zu, aber nicht genug, man hat sie geradezu angehalten und ihnen die Verbandstücke abgerissen! Mit trockenem Brod und Wasser wurden die deutschen, mit Leckerbissen die französ. Verwundeten gespeist. Ebenso groß wie der Haß der Bevölkerung in Belgien gegen Deutschland, ist der der dortigen Presse, die, durch Geld erkauft, zu einer franzö­sischen Magd hcrabgesunken ist. Selbst die Jn- dependance schreibt das unsinnigste Zeug gegen Deutschland. Und die Negierung endlich? Noch immer verweigert sie die Zulassung des regel­mäßigen Transports von Verwundeten beider Armeen durch ihr Gebiet, und dem Musterbilde konstitutioneller Freiheit haben Tausende den Tod zu verdanken. Die Geschichte wird die Veracht­ung der Menschlichkeit, welche in Belgien in seltener Uebereinstimmung Regierung, Volk und Presse dokumentiren, zu rächen missen. Was die bevostehende Anexipn von Elsaß und Loth­ringen betrifft, so ist es nicht die Absicht der deutschen Negierungen, eine Zerstückelung dieser Provinzen durch Verkeilung an die einzelnen deutschen Staaten herbeizuführen. Es wird viel­mehr der schon wiederholt angeregte Plan er­wogen, aus diesen alten Reichslanden ein deut­sches Vorland gegen Frankreich zu machen und dasselbe für das deutsche Interesse (durch Preußen) verwalten zu lassen.

Berlin, 13. Sept. DieNordd. Allg. Ztg." erklärt in ihrem Leitartikel: Nach französischem Staatsrecht ist für Deutschland die Regierung im Hotel de Ville vollständig Null. Sie sagt weiter, das Ereigniß von Laon beweise, daß man mit

Leuten nicht unterhandeln kann, die zu solchen Gewaltthaten aufrufen, sondern nur mit der Re­gierung, die völkerrechtlich von uns anerkannt und bereit ist, das Völkerrecht zu achten. Die Nordd. Allgem. Ztg." veröffentlicht ferner zwei amtliche Aktenstücke, welche den Beweis liefern über die feindliche völkerrechtswidrige Behandlung, welcher deutsche Militärs in Belgien ausgesetzt waren.

Berlin, 14. Sept. Der Pr. St. A. schreibt: Das französ. Volk gab in letzter Zeit nur zu zahlreiche Beweise des tiefsten sittlichen Verfalls. Die Mordthaten und Laster der afrikanischen Re­gimenter sind durch die Schandthat von Laon überboten, welche ehrlosen Treubruch mit scheuß­licher Mordthat vereinigt. Die Frage liegt nahe, wie wird die deutsche Kriegführung, die auf der Höhe deutscher Civilisatiou steht, so bis an's Ende möglich werden, wenn nicht die im Terroismus verstummten besseren Geister in Frankreich selbst, wenn nicht die mahnenden Stimmen aller zivili- sirten Nationen gegen die sittliche Verwilderung in jenem Lande sich laut erheben. (S. M.)

Die Stadt Toul hat zufolge neunstündigen Bombardements sehr gelitten. Die preußische Artillerie nimmt ihre ursprüngliche Stellung ein.

Brüssel, 14. Sept. Die Index, b. erfährt aus Paris, das Fort Vincennes (Ostseile von Paris) sei geräumt, weil unhaltbar. Nach Lyon seien 5000 Mann gesandt worden, um der dort herrschenden Anarchie zu steuern.

Die Berl. Nord. A. Z. ist in den Stand ge­setzt, über die feindliche Völkerrechtswidrige Be­handlung, welcher deutsche verwundete Militärs in Belgien ausgesetzt gewesen sind, amtliche Ak­tenstücke zu veröffentlichen.

Am 10. Sept. wurden nach der Frkf. Z. etwa 27 deutsche bürgerliche Gefangene aus Straßburg entlassen. Der Intelligenteste derselben, welcher nach Karlsruhe geht, um bei seinem Gesandten eine Denkschrift über die erlittene Behandlung einzureichen, macht folgende Angaben: General Uhrich, der an der Schulter und am Bein ver­wundet ist, hat kürzlich die Bürger Straßburgs ab­stimmen lassen ob sie die Uebergabe wollen, und sie haben der Mehrzahl nach verneinend geantwortet. Diesem Votum gemäß bleiben von nun an alle irgendwie streitbaren Männer in Straßburg, theils aus freiem Entschluß, theils in Folge der dem deutschen Oberkommandanten bekannt gewordenen Abstimmung und hiernach ergangenen Ordre. Nur Greise, Frauen und Kinder dürfen sich noch aus der belagerten Stadt flüchten. Was die Eingangs erwähnten Gefangenen betrifft, so mußten dieselben seit ihrer Verhaftung aus den Wällen im Freien kampiren; sie erhielten nur etwas schlechte Suppe einmal des Tags als Kost. Uhr, Baarschaft u. s. w. wurde ihnen abgenommen und nicht wiedergegeben.

Hamburg, 13. Sept. Die beiden letzten französischen Schiffe verließen vorgestern Helgo­land. Die deutsche Jahdeflotte war vorgestern vor Helgoland.

München, 11. Sept. Wenn wir recht unter­richtet sind, hat man sich im Schooße unseres Ministeriums bereits über die prinzipiellen Punkte berathen und geeinigt, in denen die norddeutsche Bundesverfassung abgeändert werden müßte, wenn