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stimmt ist. Weitere Beamte sind dem Vernehmen nach für den Dienst in Frankreich designirt. Be­reits abgegangen sind 84 Beamte und Bedienstete für die verschiedenen Grade des Eisenbahndienstes.

Stuttgart. Die Generale Wimpffen und Frossard, 10 höhere Offiziere nebst Dienern sind gestern Nacht hier angekommen und im Hotel Marquardt abgestiegen. Die Herren werden hier bleiben.

Ueber den Rücktritt des Ministers v. Varn- büler kreutzen sich in den Blättern mehrfache Gerüchte, weßhalb die Mittheilung nachstehender zwei Art. unsere Leser inieressiren dürfte:

1. Aus der nordd. Allgem. Zeitung: (Offiziös.)

Ueber die Gründe des Rücktritts des württ. Ministers der auswärt. Angelegenheiten werden in der Presse verschiedene Erklärungen gesucht. Ohne auf diese näher einzugchen, wollen wir nur die in einigen Journalen laut gewordene Vermu- thung, als haben geheime Sympathien des betr. Hrn. Ministers für Frankreich diese Ministerkrisis herbeigeführt, als eine grundlose Verdächtigung be­zeichnen. Wir sind in der Lage, mit aller Bestimmt­heit zu bekräftigen, daß Frhr. v. Varnbüler in voller Vertragstreue gegen Preußen gehandelt hat. Ueberdieß ist es eine allgemein bekannte Thatsache, daß Württemberg seit Ausbruch des Kriegs mit großer Energie für die nationale Sache eingetre­ten ist und den Kampf geführt hat.

2. Aus der Nationalzeitung:

Stuttgart, 3. Sept. Wenn Ihnen von hier aus als Motiv für den Rücktritt des Ministers v. Varnbüler angeführt worden ist, daß derselbe zu einer Zeit, wo der Krieg an Frankreich schon erklärt war, in der Ministerkonferenz sich dahin geäußert habe, daß er möglichst gute Beziehungen zu Frankreich erhalten wissen wollte, so kann ich Ihnen von zuverläßigster Seite versichern, daß diese Behauptung vollständig aus der Luft gegriffen ist.- Es liegt in der Natur der Sache, daß für den Rücktiitt des Hrn. v. Varnbüler nach Erklä­rungen gesucht wird; ein Motiv aber, das, wie das Eingangs erwähnte, den Vorwurf des Lan- desverraths in sich schließt, muß auch von Gegnern des zurückgetretenen Ministers als grundlose Ver­dächtigung zurückgewiesen werden. Vielmehr ist es Thatsache, daß der Minister v. Varnbüler vom Beginn des Conflikts mit Frankreich an sich mit aller Entschiedenheit in nationalen! Sinn erklärt und dem entsprechend gehandelt hat. Nachdem der Krieg ausgebrochen, hat er die äußerste Energie entwickelt, um die kräftige Führung desselben sicher zu stellen. Wenn nun sein Rücktritt von dem Amte erfolgt, zur Zeit wo die Politik, die er vertheidigte durch die unglaublichen Erfolge unserer herrlichen Armeen und die Begeisterung ganz Deutschlands für die große Sache, für die sie kämpfen, glän­zend sich rechtfertigt, so mag dies Vielen unbegreif­lich erscheinen. Um sich über die Schwierigkeit der Erklärung des Rücktritts wcgzuhelfen, hat man auch zu jener, allen Thatsachen widersprechenden Ver­dächtigung gegriffen. Was aber die Gründe, welche den Minister zu seinem Entlassungsgesuche veranlaßt haben, betrifft, so nrag die Versicher­ung genügen, daß sie politischer Art durchaus nicht sind.

Castro den 11. Sept. Gestern Nachmittag gab ein ungewöhnlich großer Leichenzug der irdischen Hülle des Herr Kommerzienraths Georg Dörten- bach das letzte Geleite. Der Verstorbene, durch seine industrielle und politische Thätigkeit auch in weiteren Kreisen bekannt, war hier seines edlen Charakters, seiner hohen Bildung und Wohl- thätigkeit wegen allgemein beliebt und geehrt; Alle, die ihn kannten, werden ihm ein ehrendes Andenken bewahren.

Ausland.

Paris, 9. Sept. (Köln. Z.) Paris befindet sich in höchster Aufregung. Man erwartet näm­lich für morgen das Erscheinen der Preußen in der Umgegend der Hauptstadt. Von morgen ab sollen deßhalb auch die Thore gesperrt werden. Ich habe kaum nöthig, Ihnen zu sagen, daß unter den Parisern ein panischer Schrecken herrscht und daß die Leute schaarenweise die Hauptstadt verlassen. Es ist eine wahre Auswanderung, und die Eisenbahnen reichen nicht aus, um alle Die hinweg zu schaffen, welche Paris fliehen wollen.

Paris, 10. Sept. Preußische Plänkler passirteu gestern Montmirail und Sezanne (Straße Chalons-Paris und Vitri-Paris). Zwei Korps von je 10,000 Mann rücken gegen beide Städte an. Der Feind nährt sichChauny (an der Eisen­bahn von Laon über La Fere, Noyon, Compiegne nach Paris). (S. M.)

Paris, 10. Sept. Die Preußen sind in Chateau Thierry, Montmirail, La Ferre sous Jouarre und Vaisiy sur Aisne signalisirt. Sie beobachten strenge Disziplin. Der Vogesenpräfekt theilt mit: Die Situation von Toul hat sich gebessert. (S. M.)

Paris, II. Sept. Girardin (ein cynischer und einer der tollsten Kriegshezer) erklärt, da er wegen seiner Kurzsichtigkeit zum Vertheidigungs- dienst untauglich, verlasse er Paris, um in der Provinz eine Zeitnng,die Nationalvertheidigung", zu gründen.

Paris, 12. Sept. Die Preußen forderten gestern Soissons zur Uebergabe aus. Der Kommandant verweigerte dieselbe.

Miszellen.

Verwechslung. In der Gemeinde M . . . . befahl der Schultheiß dem Büttel, das Telegramm über den Sieg bei Wörth der Gemeinde mittelst Ausschellens zu verkündigen, was dieser auch sofort mit den Worten that:Siegesjubel! Schlacht bei Wörth; 4000 Gefangene, 30 Ge­schütze, 2 Adler und 0 Militärläus!" (statt Mi- trailleusen.)

Die Wacht am Meer.

Es fliegt ein Vogel hin und her Bon Nord zu Ost, von Meer zu Meer,

Sein Helles Falkenaug' bewacht Die Meeresküsten Tag und Nacht!

Fest steht zum Schutz er dort allein,

So wie im Süd die Wacht am Rhein:

Und kommt ein Schelm Franzos daher.

Ruft er die Mannschaft in's Gewehr,

Daß sie des bösen Feindes spotte Trotz seiner stolzen Kriegesflotte!

Komm', Feind, du sollst uns willkommen sein, _Es w acht d er V ogel von Falkenstein.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.

Mit einer Beilage.