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hatten sie alle Gelegenheit, dies zu thun, ehe die deutschen Soldaten ihren Einzug hielten. Aber nein, diese wurden erst durch die Kapitulation hereingelockt, man wartete, bis der Generalstab der Truppenabtheilung, welche Laon besetzte, in der Citadelle war, und dann erst legte eine ruchlose Hand Feuer an's Pulvermagazin, und wenn auch Hunderte französischer Mobilen die schauderhafte Zeche mitbezahlten, eine bestialische Gesinnung hatte doch Befriedigung in einer Gräuelthat gefunden, wie die Geschichte kaum eine zweite kennt. An der Spitze der Zivilisation, rühmte sich Frankreich, zu marschiren. Vielmehr ganz hinten, ganz zuletzt, hinter allen wilden Stämmen fremder Erdtheile, sieht man es mühsam auf Krücken unter beiden Armen einherschwanken.
Berlin, 10. Sept. Die Kreuzz. schreibt, die Berufung Delbrük's ins Hauptquartier bestätige die Vermuthung, daß die deutschen Fürsten in Bezug auf eine anderweitige Negulirung der deutschen Verhältnisse die Initiative ergreifen wollen.
Berlin, 13. Sept. Die Nachricht, der Unionsgesandte Habe Vermittlungsvorschläge an die Washingtoner Regierung gelangen lassen, entbehrt jeder Begründung. Eben so unbegründet ist die Nachricht, die Vereinigten Staaten Hütten das Anerbieten guter Dienste gemacht. (K.Z.)
Bremen, II. Sept. Nordpolarschiff Germania (das Hauptschiff der Koloewey'schen Expedition) ist heute wohlbehalten in Bremerhafen eingetroffen; Alle wohl. Es überwinterte au der Ostküste Grönlands bei der Sabineninsel, 74 Grad nördl. Breite; mit Schlitten wurde bis 77 Grad vorgedrungen. Umfassende naturwissenschaftliche Sammlungen, wesentliche Resultate. (S. M.)
Kork, 10. Sept. Furchtbarer Brand in Straßburg. Flammen vom Sturmwinde gepeischt, sind hier am Bahnhof in Heller Lohe sichtbar.
Frankfurt, lg. Sept. Die „Frankfurter Zeitung" erzählt: „Gestern kam ein Familienvater von 7 und ein solcher von 2 Kindern aus Paris ausgewiesen hier an. Während die Frauen derselben sich in Paris auf das Leihhaus begeben hatten, um durch Versetzen von Habseligkeiten sich Reisemittel zu verschaffen, erschien die Polizei, bemächtigte sich der beiden Männer und schleppte sie zum Maire des dritten Arrondissements, welcher sie trotz ihrer Bitte, er möchte ihnen gestatten, aus Weib und Kinder zu warten, mit den Worten: „Wenden sie sich an Ihren König von Preußen", mit Gewalt auf die Eisenbahn schleppen ließ. Wo Frau und Kinder hingekommen, wissen die beiden Männer, welche dadurch ganz gebrochen und der Verzweiflung nahe sind, nicht."
Aus Nancy, 6. Sept. berichtet die Köln. Z.: Bei Voisier, 4 Meilen von hier, ist heute von bewaffneten Banden auf zwei Ambulanzwagen mit der weißen Flagge und rothem Kreuze, in welchem verwundete Offiziere saßen, geschossen worden. Ein preuß. Offizier, Lieut. v. Budden- brock, erhielt noch einen Schuß in den Rücken, ein verwundeter bayrischer Offizier aber zwei Schüsse in die Füße. Die Bande, 30 Mann stark, griff daraus die Wagen an und plünderte
die verwundeten Offiziere bis auf das Hemd aus, ward aber daun durch eine preußische Kavallerie-Patrouille verjagt. Auch ein bayr. Detachement von 37 Mann soll von französischen Banden aufgehoben sein, ebenso wie in Nancy auf den Posten vor dem bayrischen Lazareth geschossen wurde. Wenn man in Frankreich fortfährt, dergleichen Vorfälle noch ferner zu pro- voziren, darf man sich auch über die Folgen davon nicht wundern und nicht klagen, wenn man bald von niedergebrannten Städten und Dörfern und standrechtlich erschossenen Einwohnern hören wird. (S. M.)
Der kommandirende General des 10. Armeekorps , v. Voigts-Nhetz, hat in einem Schreiben seiner Freude über die vorzügliche Haltung der Truppen des 10. Armeekorps mit folgenden Worten Ausdruck gegeben: „Ich möchte es einem Jeden sagen, wie die Truppen meines Korps, Hannoveraner, Braunschweiger, Westfalen und Oldenburger, sich vor dem Feinde durch Bravour und Todesverachtung glänzend ausgezeichnet haben, und daß ich nach jeder Affaire in der glücklichen Lage gewesen bin, ihnen das auszusprechen. Es hat sich dadurch eine enge und unlösbare Waffenbrüderschaft gebildet, die sich den betreffenden Bevölkerungen mittheilen wird, wo sie noch nicht vorhanden war. Auf den oft so schwierigen und forcirten Marschen haben die Regimenter Ausdauer und Disziplin gezeigt; zur Schlacht sind sie heiter und mit Anstrengung ihrer Kräfte marschirt, und die schweren und schmerzlichen Verluste haben niemals ihren Muth gebeugt. Gegen Gefangene und Verwundete haben die Soldaten sich wohlwollend, hnlfreich und freundlich gezeigt. Jeden Führer muß es mit Stolz und Freude erfüllen, solche Truppen zu führen, die nach allen Richtungen fast mehr als das Mögliche leisten, und die in allen militärischen Tugenden, sowie in der Milde gegen den gefallenen und verwundeten Feind so hoch über unsern Gegnern stehen. Es gibt keinen höheren Beweis für die Bildung, Tüchtigkeit und Civili- sation unseres Volkes, als seine Leistungen in diesem blutigen und schweren Kriege." (Pr.Bl.)
In der „Köln. Ztg." erzählt Georg Horn, daß Napoleon nach der Zusammenkunft mit König Wilhelm in Sedan so erschöpft war, daß man ihm gleich ein Tiner serviren mußte, so gut es eben ging, und der Art von allen Mitteln entblöst, daß dem General v. Boyen, der den Auftrag bekam, ihn nach Kassel zu bringen, 2600 Thlr. übergeben werden mußten.
Württemberg.
Stuttgart, 12. Sept. Gutem Vernehmen nach reist der Kriegsminister v. Succow im Auftrag des Königs in das preußische Hauptquartier ab. (K. Z.)
Stuttgart, 13. Sept. Se. Maj. der König hat den Staatsminister Frhrn. v. Linden in Audienz empfangen. Herr v. Linden reist heute nach dem großen Hauptquartier der deutschen Armeen ab, um, mit Genehmigung seines Landcsherrn, die Präfektur eines Departements in den ckkupirten Provinzen Frankreichs zu übernehmen. In der Begleitung des Hrn. v. Linden befindet sich Oberamtmann Holland von Gmünd, der zum Generalsekretär der betr. Präfektur be-