482

porte auf der Eisenbahn. Der Erfolg gelang über alles Erwarten. Im obern Elsaß brach eine Panik ohne Gleichen aus. An einen Ein­fall nach Deutschland dachte kein Franzose mehr, sondern nur noch an's Gegentheil. Aus allen größeren Orten des obern Elsaß flüchteten ganze Schaaren mit Sack und Pack auf das Schweizer Gebiet. Jeden Tag erwartete man den Ueber- gang derSchwarzwaldarmee" über den Rhein und mehrere Orte des linken Ufers hatten be­reits weiße Fahnen aufgesteckt. Die Rückbe­rufung des Detaschements setzte übrigens allen Planen und Kombinationen ein Ziel.

Z Nur wenige Tage noch und die deutschen Armeen stehen vor Paris. Die 3. Armee, unter dem Kronprinzen von Preußen, hat bereits das von den Franzosen geräumte Rheims im Rücken, marschirt unaufgehalten und unaufhaltbar auf die französische Hauptstadt zu. Was Frankreich an streitbarer Mannschaft noch aufzubringen ver­mag, wird in und um Paris gesammelt. Die junge französische Republik ergibt sich nicht ohne Schwertstreich. Was unter anderen Umständen vielleicht ein kühner Zug gewesen märe, wird zu einem verhängnißvollen Mißgriff. Die nächste Aufgabe der neuen Regierung konnte keine andere sein, als die Fehler gut zu machen, die von der kaiserlichen Regierung begangen worden. Jetzt wo man noch eine annähernd kampffähige Armee besaß, war es möglich, einen ausgemessen gün­stigen Frieden zu erreichen; ein schleuniger Frie­densschluß konnte noch die Trümmer des früheren Heeres retten und konnte noch eine gewisse Be­rücksichtigung erwarten. Die republikanische Ne­gierung zieht es vor, die Reihe der Frankreich vernichtenden Mißgriffe um den letzten zu ver­mehren und die Hauptstadt einem Kampf Preis zu geben, über dessen Ausgang nur die unbe­greiflichste Verblendung einen Augenblick in Zweifel sein kann.

Neuenbürg, 11. Sept. Einer Einladung ihrer Mitbürger folgend versammelte ftch heute hier eine große Anzahl von Männern des hiesi­gen Bezirks, um sich über den Anschluß an die Stuttgarter Resolutionen auszusprechen. Nach einigen herzlichen Bewillkommnungsworten des Hrn. Stadtschultheißen Weßinger und einer kurzen Erklärung des Zweckes der Versammlung wurde der Versammlung, welche zwischen 400 u. 500 Personen stark sein mochte, Hr. Prof Dr. Römer von Tübingen, Abgeordneter für Geiß- lingen, vorgestellt, welcher sich bereit erklärt hatte, die einzelnen Punkte der Stuttgarter Resolutio­nen durch eingehende Darstellung zu erläutern. Derselbe wies unter patriotischer Dankesbezeugung an Führer und Truppen des deutschen Volkes auf die großen Erfolge der bisherigen Kriegfüh­rung hin und entwickelte in trefflicher Rede die Nothwendigkeit der Fernhaltung fremden Ein­flusses beim künftigen Friedensschluß; denn eine Einmischung anderer Mächte beim Friedenswerk würde nur zu Deutschlands Schaden und zu des Feindes Nutzen ausfchlagen. In zweiter Linie em­pfahl er, daß man einen rechten Frieden schließen solle. Ein solcher aber sei nur der, der Deutsch­land die geraubten Länder Elsaß und Lothrin­gen wiedergebe, weil dadurch Deutschland vor Angriffen des bösen Nachbars mehr als bisher

Mer gestellt werde. Beim dritten Punkte, Bil- des neuen deutschen Reiches, d. h. Ein­tritt Württembergs in den norddeutschen Bund, wies er in schlagender Weise die Vorthcile für unsere Ruhe und unseren Frieden, welche durch eine solche Einigung Gesammt-Deutschlands erzielt werden, nach und zeigte, daß die früheren Bedenken, die einem Eintritt Süddeutschlauds in den norddeutschen Bund eutgegengestauden seien, durch die Ereignisse der letzten Monate bei allen guten Vaterlaudsfreunden verschwunden seien.

Durch den Leiter der Versammlung, Stadtsch. Weßinger, wurde hierauf nach einer Daukesbe- zeugung für den Erklärer der Stuttgarter Re­solutionen zur etwaigen Entgegnung eingeladen. Da sich Niemand zum Wort meldete, so wurde zur Abstimmung geschritten und unter vollstän­diger Einmüthigkeit der Beitritt zu den Stutt­garter Resolutionen erklärt.

Ausland.

London. DieTimes" und dieDaily News" widerlegen den Passus im Rundschreiben Favre's, daß die Republik unverantwortlich für den Krieg sei. Nachdem Frankreich ihn gutge­heißen, müsse Frankreich auch die Verantwortlich­keit dafür tragen.

Paris. Jules Favre hat als Minister des Aeußern sein Circularschreiben mit einer ad- vokatischen Fälschung begonnen. Er sagt: Der König von Preußen habe seinerseits erklärt, nicht gegen das französische Volk, sondern gegen die Dynastie Krieg zu führen. Tie Dynastie sei ge­fallen; ein freies Frankreich hat sich erhoben.

König Wilhelm sagte in seiner Proklamation vom 11. August:Ich führe Krieg mit den französischen Soldaten und nicht mit den Bürgern Frankreichs"

Der König wollte dadurch die französischen Civilisten an die Grundsätze des Völkerrechts mahnen und ihnen dieselben zusichern. Es war ein Versprechen geordneter Kriegsführung und eine Warnung vor solchen Gemeinheiten, wie sie die Bürger von Wörth, Gravelotte und die Weiber v. Bazeille begingen.

Aber Jules Favre hat seine Circularnote nicht an diejenigen gerichtet, an welche er sie adressirte; sie ist bestimmt, das französische Volk auf's Neue zu belügen, und wir können sagen, daß die Republik das Geschäft Palikao's mit un­gebrochener Kraft fortsetzt; nur die Firma hat gewechfelt. (S.Vztg.)

Brüssel, 8. Sept. Banden, von Frankreich kommend, plünderten die Pachthöfe in der Um­gegend von Mouscron (Westflandern, bei Cour- trai). Die Truppen empfingen Befehle, um eine Wiederholung derartiger Excesse zu hindern.

Nach der Schlacht bei Wörth ließ sich ein Bayer zu folgendem Freudenausbruch Hinreißen: Dös allein freut mi, daß vier heut hoben kecklich raffen (raufen) dürfen, ohne voUs Schwurg'richt z'komme."

Brodpreise der Bäcker in Calw.

4 Pfund Weißbrod 17 kr.,

4 Pfund Schwarzbrod 15 kr.

Redaktion, Druck und Verlag von 2 ak. Meeh in Neuenbürg.