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traf aber zu seiner Ueberraschung den Kaiser bereits bei Donchery, ungefähr 500 Schritt der Stadt, wohin er dem Grafen Bismarck ent- gegengetommen war; dort in einem Bauernhause an der Landstraße fand eine lange Unterredung zwischen beiden statt, worauf der Kaiser nach dem Schlößchen Fresnois geleitet wurde, in wel­chem dann die Verhandlungen zwischen Moltke und Wimpffen und später die Begegnung des Königs Wilhelm mit Napoleon stattsand.

Berlin, 10. Sept. Offizell aus Reims den 9. Sept., lUhr 20 M. Nachm. Außer 25,000 in der Schlacht bei Sedan Gefangenen sind durch die Kapitulation vom 2. d. M. 83,000 Mann einschließlich 4000 Offiziere in Gefangenschaft ge- rathen; ferner wurden 14,000 Verwundete vor­gefunden; über 400 Feldgeschütze einschließlich Mitrailleusen, 150 Festungsgeschütze, 10,000 Pferde, und überaus zahlreiches Armeematerial befinden sich in unseren Händen. Hiezu die französ. Ver­luste in der Schlacht bei Beaumont, sowie 3000 nach Belgien versprengte gerechnet, so ergibt sich eine Gesammtstärke der Armee Mac Mahons vor dieser Schlacht von nahezu 150,000 Mann.

(S.M.)

Vor Straßburg, 9. Sept. Nach Mitter­nacht machten wir uns gegen Straßburg auf den Weg, ein starker Brand beleuchtete die Umgebung, und das Münster war auf mehrstündige Entfer­nung dem bloßen Auge sichtbar. Die Batterien feuerten in der Minute etwa 4 Schüsse auf die Festung ab. Es waren namentlich die gegen 2 Ctr. schweren Projektile, welche von Zeit zu Zeit aus den 170 Ctr. schweren Mösern geworfen wur­den, und die mit ihren Zündern wie feurige Ku­geln die Luft durchschwirrten, um auf eine Höhe von 900 bis 1000 Fuß aussteigend und einen weiten Bogen beschreibend, etwa 15 Sekunden nach dem Abfeuern in der Citadelle einzuschlagen. Das Platzen derselben ließ sich auf eine Entfer­nung von mehr als 2 Stunden deutlich verneh­men. Oft verfolgten wir ängstlich um d as Mün­ster die Flugbahn dieser Geschosse, die hoch über dessen Spitze ihr Ziel verfolgten.

Kassel, 7. Sept. Napoleon hat den größten Theil des gestrigen Tages theils allein, theils mit einer Persönlichkeit seines Gefolges in den Anlagen von Wilhelmshöhe promenirt. Die Freiheit der Bewegung ist ihm überhaupt nicht weiter beschränkt, als daß ihn: verboten ist, den Umkreis von 4 Meilen um Kassel zu überschreiten.

(FE- Z-)

Kassel, 7. Sept. Man hört hier vielfach die Ansicht äußern, daß König Wilhelm den Kaiser Napoleon wohl deßhalb gerade Schloß Wilhelms­höhe zum Aufenthalt angewiesen habe, einmal, weil wohl sämmtliche Festungen mit gefangenen Franzosen angefüllt sind, und das Zusammensein mit diesen in Einein Ort für Napoleon überaus peinlich gewesen sein würde, sodann um Kassel und damit Hessen, dessen Bewphner am ersten und offensten Preußen ihre lebhaften Sympa- thieen entgegengebracht haben, einen Beweis seines großen Vertrauens zu geben. (S. M.)

Vor Metz, 5. Sept. Der Marschall Ba- zaine in Metz hat selbst nach der Kunde von der Gefangennahme Napoleons die Uebergabe der Festung sehr schroff abgelehnt mit der Antwort:

Der Kaiser kümmere ihn nicht im Mindesten, er habe allein in Metz zu befehlen." Das Bom­bardement der Stadt mit 60 schweren preuß. Geschützen sollte gestern beginnen, ist aber jetzt auf speziellen Befehl des Königs von Preußen wieder unterblieben, um die Stadt nicht unnöthig zu zerstören und noch mehr Opfer zu fordern. Bazaine ist eng von uns umschlossen, ein Entsatz ist unmöglich, denn in ganz Frankreich ist keine Armee mehr vorhanden, die ihn entsetzen könnte, und so sollen Hunger und Noth ihn schon zwingen, sich baldigst uns auf Gnade und Ungnade zn ergeben. Was will Marschall Bazaine auch wohl sonst beginnen, wohin sich mit seinen 80,000 Alaun wenden? Wir brauchen seinetwegen Metz, das hoffentlich bald für immer eine deutsche Grenzfestung werden soll, nicht nutzlos zu zer­stören. (A. A. Ztg.)

Karlsruhe, 9. Sept. Die Elsaßer Mo­bilgarden sollen sämmtlich nach Lyon berufen sein. Das linksrheinische User ist jetzt großenteils gesäubert.

Die Blätter melden, daß die Preußen in Reims eingezogen sind. Die Beschießung von Montmedy hat begonnen.

Das Elsaß zählt auf 158 Meilen 1,119, 155 Bewohner deutschen Blutes und nur 30,000 Einwohner franz. Nace.

Württemberg.

Stuttgart, 9. Seot. Das 6. wärt. Jnf.- Negimenl, das vor Kurzem vom Scharzwald zu- rückgekommeu war, ist gestern Vormittag in 2 Extrazügen nach Frankreich abgegangen. Es steht unter dem Befehle des Obersten v. Seubert. Auch das seither in Ulm garuisonirte 2. Bataillon des 4. württ. Jus.-Reg. kam gestern Abend um 5 Uhr hier an, wurde erfrischt und fuhr nach halbstündigen! Aufenthalt unter massenhaftem Zu­lauf des Publikums in bester Stimmung Bruch­sal zu weiter.

U l i», 7. Sept. Es sind plötzlich 5000 französ. Gefangene angesagt, die morgen oder übermorgen schon hier eintreffeu können. Das Gouvernement hat zu deren Unterbringung dis Gänswiese ausersehen. Dort wird ein Lager für alle 5000 aufgeschlagen. Das war heute ein bewegtes Treiben. Die in Neu-Ulm bereits gefangen gehaltenen Franzosen mußten unter Aussicht württemb. und bayr. Pioniere und In­genieure das Lager Herrichten, ein einstweiliges Heimwesen für ihre Kameraden und Schicksals­gefährten.

Am Anfang des Krieges lag bekanntlich ein Raubzug der Franzosen am Oberrhein (von Brei­sach oder Belfort aus) nicht außer Möglichkeit. Der württemb. Oberst Seubert erhielt den Auf­trag, ihnen die Lust zu vertreiben, und zwar mit dem winzigen Häuflein von etwa 2000 Mann (das 6. Ins.- Reg., eine Eskadron des 3. Rei- ter-Reg. und eine Ersatz-Batterie). Er löste seine Aufgabe meisterlich. Es galt den Fran­zosen den Glauben beizubringen, daß auf dem Schwarzwalü ein ganzes Armeekorps stehe. Da­rum zog Oberst Seubert mit seiner Mannschaft in Eilmärschen aus dem Schwarzwald und im obern Rheinthal umher, zündete auf den Höhen große Feuer an, die mau im Elsaß sehen konnte, und veranstaltete demonstrative Truppentrans-