474

wir dafür nächst Gott den Preußen verpflichtet. Und jeder Deutsche hat die Pflicht, wo er kann, dies laut zu verkündigen, daß wir dem vielgeschmähten Preußen unsre Rettung verdanken. Was wären wir jetzt, wenns gegangen wäre, wie unsre Rothen es wollten! Ein Haufen Schlachtschafe. Unsere Häuser, unsre Aecker, unsre Gewerbe, unsre Frauen, unsre Töchter was wäre es mit dem Allem, wenn die Turkos zu uns gekommen wären! All unsre Opfer, unsre Verluste sie sind Kleinigkeiten, verglichen mit dem, was wir hätten leisten müssen, wenn dies Volk hätte zu uns kommen dürfen.

Die Stadt Stuttgart unterstützt die durch Einquartierungen, Durchmärsche, Verwundeten­durchzüge rc. mehr als andere deutsche Provinzen hart mitgenommenen Provinzen Rheinhessen und Pfalz mit etwa 7000 fl. Zu gleichem Zweck gibt die Stadt Ulm 2100 fl. Die Amtsver­sammlung Geißlingen zu gleichem und für Sanitätszwecke 6000 fl. Berlin hat mit 50,000 Thlr. den Anlaß hiezu gegeben.

Die aus Frankreich ausgewiesenen Deutschen zählen bereits nach Tausenden; es sind dieß meistens dem Arbeiterstand angehörige Leute, für welche rasch gesorgt werden muß. Wir bitten daher alle Redaktionen, mittheilen zu wollen, daß wir uns mit der Besorgung von Arbeit für die aus Frankreich ausgewiesenen Arbeiter gratis befassen, Bis jetzt werden verlangt: Mechaniker, Lederfärber, Appreteure oder Zurichter, Leute, die an Bügeln für Reisetaschen und Portemon­naies gearbeitet haben, Metallarbeiter und Schmelzer, die in den Fabriken von Paris, Havre und Givet beschäftigt waren rc. Arbeit­geber und Arbeitnehmer bitten wir direkt an uns sich zu wenden. Frankfurt a. M. Die Re­daktion des Arbeitgeber.

Ausland.

Paris, 5. Sept. Der Minister des Innern gibt bekannt: Preußische Plänkler zu Fismes, Mitte zwischen Reims und Soissons.

Paris (über Brüssel), 5. Sept. Alle Mon­tagsblätter überbieten sich in Aufstachelung des Preußenhasses. Der Polizeipräfekt hält das Ausweisungsdekret der Deutschen aufrecht. Rü­stungen beschleunigt. Allgemeiner Geschäftsstill­stand. Trübe Friedensaussichten, (S. M.)

Paris, 5. Sept. Das Ministerium ist jetzt definitiv folgendermaßen konstituirt: Trochu Prä­sident, zugleich mit militärischen Vollmachten für die Nationalvertheidigung; I. Favre Auswär­tiges, Gambetta Inneres, Leflo Krieg, Tourichon Marine, Cramieux Justiz, Simon Unterricht und Kultus, Darian öffentliche Arbeiten, Magnin Ackerbau.

DasJourn. officiell" veröffentlicht ferner ein Dekret, welches den Gesetzgeb. Körper auf­löst, den Senat, sowie die Stellung eines Vor­sitzenden des Staatsraths abschafft. Die Fabri­kation und der Handel mit Waffen ist völlig freigegeben. Etienne Arrago ist zum Maire von Paris und Floquet und Brisson sind zu seinen Adjunkten ernannt. Steenackers übernimmt die Direktion der Telegraphen. Eine vollständige Amnestie für alle politischen Verbrechen und Vergehen ist erlassen.

Dis Kommission iür die Nationalvertheidi­gung besteht aus sämmtlichen Abgeordneten von

Paris, Rochefort eingerechnet. Trochu ist Vor­sitzender, Favre dessen Stellvertreter, Fern) Se­kretär. Die Ordnung ist nirgends gestört worden. Der Sitzungssaal des Gesetzgeb. Körpers befindet sich unter Siegel.

Die Republik ist ferner proklamirt in Lyon, Bordeaux, Grenoble und andern großen Städten. Eine Proklamation des Polizeiprüfekten Köratry erklärt, das Ziel der Republik sei wie 1792 die Vertreibung der fremden Truppen vom fran­zösischen Boden. (K. Z)

Miszellen.

Einen guten Scherz finden wir im Pariser Figaro." Jules Richard, der politische Berichter­statter dieses Blattes, bezeichnet als Kriegsziel für die französische Armee die Gefangennahme des Grafen Bismarck. Wenn man denselben einmal habe, werde man ihn zwingen, in fran­zösische Staatsdienste zu treten:dann (ruft Herr Richard aus) werden wir doch einen Staats­mann in unseren: Cabinet haben."

Wenn heut ein Geist hernicdcrstiegc!

Wenn heut ein Geist herniederstiege,

Zugleich ein Sänger und ein Held,

Ein solcher, der im heil'gen Kriege Gefallen auf dem Siegesfeld

Nicht mehr von Deutschlands Schmach und Schande Sang er den alten Trauersang,

Nein, vom erwachten Vaterlande Das hohe Lied voll Jubelklang.

Nicht schelten mehr und nicht verdammen, Nein, preisen würd' er allerwärts:

Denn jedes Auge säh' er flammen,

Und klopfen hört' er jedes Herz.

Und eine Kunde würd' er melden Von Kriegsruf, der vom Rhein erklang,

Auf den ein ganz Geschlecht von Helden Gewappnet aus der Erde sprang.

Von lang' getrennten Bruder stammen,

An einem Tag zu fester Wehr Geeint, die Sündslut einzudnmmen.

Die sie bedräut vom Westen her,

Vom Siege der gerechten Sache,

Der den vermcssnen Feind zerbrach:

Von einem Tag der heil'gen Rache Für allzu lang' getragne Schmach.

Von einem Volke, das gerüstet,

Von einem schneidigen Geschlecht,

Zu strafen Jeden, den's gelüstet Zu tasten an sein gutes Recht

Das, sonst des Friedens stille Werke Betriebsam schaffend früh und spät,

In nie geahnter Riesenstärke

Jetzt einer Welt von Feinden steht.

Von Strömen Blutes, das vergossen Im fremden Land, der Heimat fern!

Von Thränen die daheim geflossen Aus manches treuen Auges Stern,

Von einem Preise, werth der schweren Und blut'gen Opfer, die gebracht:

Von Deutschlands neu erstrittnen Ehren Und Deutschlands neu erstandner Macht.

So säng' er heut, und in der Harfe Rauschende Saiten griff' er ein;

Sein altes treues Schwert, das scharfe Und blanke, klirrte lustig drein.

Und Deutschland hört des Geistes Mahnen Und spürt sein Wehen fern und nah

Hurrah! Hoch flattern deine Fahnen!

Mit dir der Sieg, Germania!

(Kladderadatsch.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh rn Neuenbürg.