711

fahr zu übernehmen. Einer wie Alle bürgen mit dem ganzen Vermögen für die gichtige Ausfüh­rung der Uebereinkunft.

Der erste Tag deS Christfestes hat Schneefall, der zweite Tag eine vollständige Wintertandschaft bei 1 bis 2 Grad Kälte gebracht.

In Göppingen haben die Gemeindebehörden ein zwei Morgen großes Anwesen angetanst, um neue Schullokale und Lehrerwohnungen zu erbauen, welche durch Ucbcrsüllung der seitherigen dringen­des Bediirfniß geworden find. Auch in Murr- Hardt ist die Erbauung eines neuen Schulhauses beschlossen worden, weil die beiden, bis setzt be­stehenden Lokale durchaus nicht mehr genügen. Oesterreich.

Am 13. Dez. wurde der östreichische Reichs­tag vom Kaiser eröffnet. Er erklärt, daß er die Lage als eine friedliche betrachte und der Zukunft festen Muthes entgegen sehe. Jndcß machen die ver­schiedenen Nationalitäten, namentlich Tschechen (Böhmen) und. Ungarn so große Ansprüche auf Selbstständigkeit, und andererseits erheben sich von Seiten der katholischen Bischöfe so manche Schwie­rigkeiten, wie denn auch die Finanzen »och keines­wegs geordnet sind, daß zu solch froher Hoff­nung viel guter Muth gehört.

Ausland.

New-Jork, 20. Dezbr (Einfluß der Eisen­bahnen auf das Wetter.) Dem Boston Traveller zufolge gewinnt die Ansicht immer mehr Vcr- bre.tung, daß die Pacific-Eisenbahn in dem Klima der von ihr durchschnittenen Ebene eine große Veränderung hervorbringe. Dasselbe Ergebniß hat man in andern Theilen des nordamerikanischen Westens bemerkt, wo in den letzten 4 bis 5 Jahren anstatt der früher anhaltenden Dürre reichlicher Regen fällt, Als Grund hiefür giebt man die gleichmäßige Vertheilung der elektrischen Ströme durch die Eisenschienen am (S. M.)

KisMm.

Für K l e i n K i n d e r s ch u l e n.

(Ein wohlgemeintes Mahmvort.)

(Schluß.)

Dieses entsetzliche Unglück vermochte mehr bei unfern Bauern, die, wie allerwärts, erst durch Schaden klug werden müssen, als vorher alle liebreichen Vorstellungen des Pfarrers. Jetzt kamen sie selbst zu diesem und baten ihn, ihnen eine Kinderbewahranstalt einrichten zu helfen. Nichts war leichter als dies. Da war die alte Kaspar, die erklärte sich mit Freuden bereit, ge­gen eine geringe Vergütung an Lebensrnitteln die Aussicht zu übernehmen. Man kaufte eini­ges Spieigerathe, ließ eine Anzahl niedriger Bänke machen und die Anstalt war fix und fer­tig. Die Leute haben keine weitere Mühe, als ihre Kleinen zu dieser Frau zu bringen und wieder abzuholen.

Daß uch die Kinder alle sehr wohl fühlen bei der Großmutter, wie sie von allen ge­nannt wird, hast du wohl mit eigenen Augen gesehen. Es ist aber auch eine Frau, wie ge­schaffen zu diesem Zwecke. Die steckt so voll schöner Geschichtchen, daß die Kinder, wenn sie auch des Spielers ^überdrüssig sind, doch nie nge.vnle bet ommen können. Dabei lehrt sie öne G.b.ck h en und auch sonst allerlei nützliche

Dinge. Es ist eins wahre Luft zu sehen, wie die kleinen Dinger von drei, vier Jahren schon so nett stricken können. Selbst die Jungens wollen alle stricken lernen, und mein Carl, der fetzt in's fünfte Jahr geht, strickt Tür schon wie ein Alter. Die Leute erkennen aber auch dank­bar an, was die gute alte Frau ihnen thut. Bald bringt ihr diese Frau eilten Korb voll Kar­toffeln, feite etwas Mehl, eine andere ein Stück Fleuch und so fort und trotz alle dem kön­nen sie unmöglich all' das Gute vergelten, das diese Frau ihren Kindern erzeigt. Gebe Gott, daß doch endlich überall einmal die Bauersleute von ihren blinden Vorurtheilen zurückrämen und auch solche Kinderdewahr-Anstalten gründeten, es würde ihnen gewiß mancher Jammer und manches Unglück an ihren Kindern erspart wer­den." -Gilt das nicht auch bei uns, und

ist eS zu voran.Worten, daß in manchem Dorf, wo man doch sonst viel Löbliches und Nützliches eingerichtet, man so gar nichts thun mag für sein eigen Fleisch und Blut, für die Kinder, von denen der Herr gesprochen: lasset sie zu mir kommen und wehret ihnen nicht!?

Das Wesen der Reformation sollte man sich besonders jetzt wieder Har vor Augen halten. Der von Katholiken und Protestanten gleich ver­haßte Jesuitenorden wurde bekanntlich in der ver­blendeten Absicht gegründet, die Reformation ein­fach aus der Weltgeschichte zu streichen. Es gelang nicht und wird auch heute nicht gelingen, trotzdem die Jesuiten in Nom allmächtig sind und ein Conzil ausgeschrieben haben, welches endlich ausgesprochc- nermaßen den Zwecken ihres Daseins die dreifache Krone aufsetzen sollte. Denn die heutige Welt, die ganze gebildete Welt ruht ach dem unüberwindlichen protestantischen Pri cip, welches den Menschen zum Bewußtsein eines sittlichen Subjekts erhoben hat. Darin besteht eben das Wesen der Reformation, daß sie ihrer ursprünglichen Tendenz nach protestirte gegen die übe, menschliche Heiligkeit der Priester und der Kirche und die Hcilswahrheit in lebendige, wirkliche Sittlichkeit umsetzcn wollte; daß sie prote­stirte gegendie Autorität der hergebrachten Tradition und die Berechtigung der persönlichen Ueberzeugung zur Geltung bringen wollte; daß sie protestirte gegen die mittelalterliche Aszcnk und der natürlichen Individualität zu ihrem Rechte verhelfen wollte; daß sie protestirte gegen äußerliche Wer.Heiligkeit und das sittliche Leben im Geist und im Herzen ausgefaßt wissen wollte. Das sind die Dogmen der modernen Welt.

Wan muß sich nur zu helfen wissen.

Nicht jeder versieht es, sich so klug und un- geschädigt aus einer mißlichen Lage zu ziehen, und sich dabei doch ganz cavaliermäßig zu benehmen, wie der Schuh- und Stiefelfabr.kant Herr Pech- inger aus Ncsidenzl ugcn bei Hcslack, als er in einem Eisenbahnwaggou dritter Classe in die erste und letzte Duellgcsch.chte seines schusterlichen Erden- lcbens verwickelt wurde.

An einem prächtigen, himmelblauen Sonntag Nachmittag nämlich eilte Herr Pechmgcr im fein­sten modernsten Anzuge, die arbeitsamen Hände sogar mit veilchenblauen Handschuhen verziert, mit Frau und Kindern und seinem Herrn Bruder ' dem Bahnhofe zu, um eme kleine Vergnügungs-