Stube die nieder und verließ dieselbe dann ohne sie zu schließen, um ihren häuslichen Arbeiten nachzugehen. Plötzlich hört die Mutter ein jäm­merliches Geschrei, sie eilt zu ihrem Kinde und ge:va rt mit Schrecken, daß ein Hahn, welcher sich in die Stnbe geschlichen, dem Kleinen auf dem Kopfe sitzt, und daß ans diesem das Blut an mehreren Stellen hervorquilll. Der herbei­gerufene Arzt findet, daß der Hahn den dünnen Hirnschädel des wehrlosen KinoeS an mehreren Stellen ansgepickt hat. Die Wunden wurden geheilt, aber der unglückliche Knabe ist durch die Verletzung des Gehirns vollständig blödsinnig, und alle Mittel, die Geisteskräfte zu erwecken, sind vergebens gewesen.

Pforzheim 19. Nov. Den in letzter Zeit sich häufenden Nachrichten über vorgekommeue Verbrechen muß ich ieider auch eine Mittheilnng über eine in der Nähe der hiesigen Stadt vor­gekommene schau der volle Thal beifügen. Gestern fand man im Walde neben einem abge­legenen Wege nicht weit von der Stadt eins Frauensperson von etwa 2030 Jahren durch Schläge, welche vermittelst eines stumpfen Werk­zeugs auf das Hinterhaupt geführt worden waren, getödet. Der Gemordeten waren die Kleider größtentheils vom Leibe gerissen und umher zer­streut. Dabei befand sich ein auf die 37 Jahre alte Christine Schwilk von Lindenbronn, württ. Oberamts Welzheim lautender Heimathschein. Der That soll ein Branntweinhausirer sehr verdächtig sein.

Es wird in diesem Augenblick mit dem Ex­könig von Hannover in Betreff der Ueber- siedlnng der hannoverschen Legion nach Alge­rien unterhandelt. Man möchte den Leuten dort eine Gebietseinräumung behufs Koloni­sirung machen. Dieb wäre sehr verständig. Die Meisten sollen übrigens des Bummlerlebens in Frankreich herzlich müde sein, werden jedoch von ihren Führern abgehalten, nach Deutschland zu­rückzukehren.

Zur Krankenpflege

hat sich in Karlsruhe ein sehr beachtenswerther Vorgvng gezeigt. Ein dortiger Franenverein läßt Krankenpflegerinnen unentgeltlich ausbilden, damit sie als solche nach einigen Monaten mit entspr-chendem Gehalt verwendet werden können.

Den Nachforschungen des Stuttgarter Poli­zeiamts und des Polizeidirektion in Baden-Baden ist es gelungen, Spuren über einen aus Stutt­gart verschwundenen und seit dem 24. Oktober vermißten Hrn. Monnet aus 3pon zu ermitteln. Derselbe soll sich von Stuttgart nach Baden- Baden begeben, dort an der Bank unglücklich gespielt und sodbnu ein Billet nach Mainz gelöst haben. Damit hat sich die Besorgniß. daß der Vermißte das Dpfer eines Verbrechens gewor­den sei, gehoben.

Württemberg.

Stuttgart soll durch Mitwirkung S. M. des Königs eine Landesgewerbehalle auf der Seewiese bekommen.

Neues im Musterlager.

Von den Herren Otto Herz u. Co. in Mainz: Ein Sortiment von Schuhen und Stie­seln, bei welchen die Sohle an das Obertheil

mit der Nähmaschine festgenäht ist. Diese Muste sind besonders für die Herren Schuhmacher von größtem Interesse, da sie mit Pechdraht genäht auf der amerikanischen Bla^'e Sohlen-Nähmaschine gefertigt sind. Mit einer solchen Maschine sollen sich in einem Tage je nach der Größe 150 bis 250 Paar Sohlen ansnähen lassen. Wie die Muster zeigen, näht die Maschine die dicksten wie die leichtesten Sohlen, die den von Hand genähten an Dauerhaftigkeit und an Schönheit in keiner Weise nachzustehen scheinen. Die Bedienung der Maschine kann ebensowohl von Hand als mittelst Elementarkrafl erfolgen.

Miszellen.

AnsErinnerungen eines Arztes."

(Bon vr. Mapcr.)

Der Hirte als Arzt.

(Fortsetzung.)

Zuweilen kam auch der alte Pfarrherr des Dorfes, auf dessen Markung ich weidete, an meiner Heerde vorüber und halte immer ein freundliches Wort für mich; darauf konnte ich mich den ganzen Tag freuen. Fressen sie gut, Jakob? Sie thun lecker, Herr Pfarrer; nur hier und da ein Maulvoll. Recht; dann haben wir morgen gut Wetter zur Konferenz. Oder ich rief: Heute thun sie arg hungrig und können sich der Fliegen kaum erwehren. Mach daß du deinen Pferch schlägst, Bube: es kommt ein schweres Wetter vor Nacht! Und allemal hatte er Recht, der alte Pfarrherr, daßeSmich fchier ärgerte, wie er meine Schafe besser verstand, wie ich.

Da hieß es im Dorfe, es sei ihm seine einzige Tochter gestorben auf einer fernen Reise. Von da an war er noch viel mehr in Berg und Wald, als vorher schon. Bei schönem Wetter suchte er die düstersten Schluchten, die einsamsten Dobel, wohin sonst nicht leicht ein Mensch sich verlor; bei einem argen Gewittersturm in der Nacht sah ich ihn im Glath des Blitzes auf einer Felscnspitze am Abgrund betend knieen, daß mich schauerte. Und noch milder, thcilnehmender war er durch den harten Schlag geworden, wie cs mir vorkam. Er stellte einen Vikar an, der die Schreibereien hauptsächlich zu bfforgcn hatte, zuweilen nur noch predigte er.

»Wenn er dann draußen mit mir zusammen­traf, so plauderte er auch wohl eine Weile mit mir, denn noch freundlicher war er mit allen Men'chen, als früher; nur mit Verlaub die Herrn Dotter konnte er nicht mehr leiden! Vor lauter Gelahrtheit, sagte er einmal, kennen die Herren die Natur nicht mehr. Mit dem Ver­größerungsglase und mit Scheidekünsteleien findet man die einfachen und kräftigen Mittel nicht, die Gott uns gegen das Eindringen des Todes in ein frisches, blühendes Leben gab; sie kauen mit gar weisen Grimassen an der b.ttern Schale, und achten des süßen Kerns nicht, den sie mit hohlem Gezänk unter die Füße treten. Da man noch die Kramen unter das Thor trug, daß Jeder, der vorbeiging, ihnen rachen konnte; als Priester und Hirten Aerzte waren da gab es eine Heil­kunde jetzt haben wir eine Arzneigelahrthcit!"

Der Schäfer sah lauernd zu mir herüber.

Euer trauernder Pfarrherr," entgegncte ich/ eine frische Cigarre langsam anzündend, " dauert