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wiederholt den Einschiffungen in Bremerhafen angewohnt.
— Die Baumwolle steigt im Preis, weil die amerikanische Ernte sehr gering ausgefallen ist, ebenso in Indien.
Württemberg.
Der St.-A. vom 28. März (Nr. 75) enthält eine Bekanntmachung über den Sommerkurs der Stuttgarter Baugewerkeschule, welcher am 5. April begonnen hat und am 14. Aug. schließen soll.
Neuenbürg, 2. April. Das Kreisstrafgericht Calw hat gestern 3 Untersuchungen ab- geurtheilt, welche auch für unsere Leser einiges Interesse bieten: 1) Gegen den Lumpensammler und Musiker Genthner von Dennjächt, welcher als besonderer Verehrer des Branntweins geschildert wird, und im betrunkenen Zustand „nach Spielmannsweise sich der Blumensprache zu bösartigen Reden bediene." Derselbe wird wegen Unbotmäßigkeit und Ehrenkränkung gegen seinen Ortsvorsteher zu 18 Tagen Arrest verurtheilt. 2) Gottlieb Kusterer, Holzhändler von Unter- kollbach, welcher ein Loos Stangen an den Holzhändler Genthner in Conweiler vertauschte und zu diesem Zwecke einen Loos-Zettel fälschte. R. C. Schwarzmann vertheidigt ihn. Strafe 6 Wochen Kreisgefängniß. 3) Schindelmacher Dürr aus Kapfenhardt wegen Diebstahls. Derselbe hatte im Hause des Rößleswirths Schmid in Waldreimach Schindeln gemacht, und nach Beendigung des Geschäftes ein Paar Stiefel des Schmid mitgenommen, und bis zur Arretirung getragen. Er beruft sich darauf , er habe die Stiefeln nicht behalten wollen, und seine eigenen zurückgelassen. Beim Anblick der letzteren schüttelt der Präsident bedenklich den Kopf: „das seien einmal Stiefel gewesen, jetzt aber keine mehr!" Dürr wurde freigesprochen.
Wildbad, 2. April. (Eingesendet.) Berichtigung.*) In einem Artikel der Nr. 37. Enz- thälers wird die Wohnungsnoth hier in so schwarzen Farben geschildert, daß wir dieß zu widerlegen genöthigt sind. Ein fühlbarer Mangel an Logis ist bis jetzt noch nicht hier eingetreten und die Erbauung neuer Häuser schreitet succesfive mit der Zunahme der Frequenz unseres Kurortes vor; daß die Miethpreise aber hier, als einem Badeort höher sind, als anderswo, ist natürlich und werden solche auch bei größerer Vermehrung von Wohnungen nicht viel billiger werden, da jeder Hausbesitzer seine Miethpreise nach denjenigen richten wird, die ihm Kurgäste bezahlen würden. Was die von hier nach Calmbach übergesiedelte Beamtenfamilie betrifft, so ist solche nicht wegen Mangel an Logis, deren ihr mehrere zu Gebot standen, sondern einfach aus dem Grunde von hier fortgezogen, um dort mehr Ruhe zu genießen.
Die hiermit angegriffene Correspondenz haben wir nicht für so schwarz gefunden, um eine Schmälerung oder Unterdrückung für begründet zu halten. Der größere Theil unserer Leser hat ohne Zweifel rmt uns, in Erwägung der bestehenden Verhältnisse Wildbads, zwischen den Zeilen des Berichts gerade das heraus gelesen, was obige, wohl im ersten Eifer geschriebene „Widerlegung", mit Ausnahme des Falls im Schlußsatz, selbst bestätigt. Für letzter» einzutreten, müssen wir dem fraglichen Hrn. Correspondenten überlassen. Vielleicht liegt auch hier die Wahrheit in der Mitte. Die Red.
Miszellen.
Drei Tage aus Gelleres Leben
von W. O. von Horn.
(Fortsetzung.)
Der Eindruck war allgemein ein mächtiger. Der Schultheiß stand mir gefalteten Händen da und eine Thräne jagte die andere, denn auf ihn der eben erst durch Gottes Gnade schwerem Kummer enthoben worden war, wirkte cs am tiefsten.
Herr Doctor, nahm endlich der Herr das Wort, würden Sie mir die Bitte nicht mißdeuten, eine Abschrift davon nehmen zu lassen, wenn Sie überhaupt so lange hier verweilen?
Ich glaube nicht, daß ich ein Unrecht begehe, wenn ich eine Abschriftnahme gestatte, versetzte der Doctor.
Lieber Nostiz, rief der Herr einem Ordonnanz- osficier, bitte, nehmen Sie doch schnell eine genaue, deutliche Abschrift von dem Liede.
Er reichte ihm das Blatt über den Tisch, und der Officier entfernte sich eiligst.
Und der Mann, der dieses gottesgläubige Lied und die vielen anderen schönen Lieder und Fabeln gemacht hat, hat kein Holz, daß er sich bei seinem schwachen Körper eine warme Stube machen kann? fragte der Schultheiß eifrig den Doctor.
Es ist, wie ich Euch sage, crwiedcrte dieser. Ich fand ihn heute in einer kalten Stube.
Ei so wollt' ich ja lieber acht Tage frieren wie ein Windhund! rief er aus, und — so ernst auch die Stimmung am Tische durch das Gcllert'-sche Lied geworden war, so brachen doch alle Anwesende über des Schultheißen Aeußerung in ein lautes Gelächter aus.
Der ehrliche Mann meinte, die Herren glaubten nicht, daß er ausführen würde, was in ihm zum Entschlüsse gereift war, ohne daß er es ausgesprochen hatte. Er schlug heftig wider seine Brust und sagte gereizt: Ja, so wahr mir der Herr aus großer Noth geholfen hat, ich lasse ihm heute noch einen Wagen Holz anfahren, wie noch keiner über das Pflaster von Leipzig gerollt ist!
Er sprang zum Fenster und rief eifrig: Peter!
Wenige Augenblicke später eilte der Bursche in's Zimmer, der dem Doctor das Pferd gebracht hatte.
Was soll ich, Herr! fragte der Knecht.
Geh' zum Schuppen, befahl der Schultheiß, und lade den großen Güterwagen, den wir zur Leipziger Meßzeit für die Maaren brauchen, mit Buchenholz, was nur darauf geht, spanne vier Pferde vor und fahre nach Leipzig. Dort fragst Du, wo der Herr Professor Gellert wohnt, und lädst ihm das Holz vor der Thüre ab. Dann richtest Du einen schönen Gruß von mir aus, und ich ließe ihm sagen, er solle sich damit eine recht warme Stube machen, und es wäre ein Geschenk für das schöne Lied: Ich Hab' in guten Stunden — und wie es ferner lautet. Aber, hörst Du, mach' fort! es muß heute noch hinein!
Soll geschehen! erwiederte der Knecht und ging.
Bravo! rief der Herr und alle Ofsiciere, wie mit Einem Munde; Bravo, Herr Schultheiß.
Sie sind ein Ehrenmann, sagte der Herr, und r
haben da ein Beispiel gegeben, das nachgeahmt z
zu werden verdient. Ich will mir's schön merken! j
(Fortsetzung folgt.) d
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Mceh in Neuenbürg.