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§s 136.
Arrrts- und ArlMgeklaLL für den Bezirk Calw.
73. Jahrgang.
Srs-rtü» »ii^itag», Donuerrta-zi und SamitagS. Di» M>?rSckunzli!!«dkhI dticLzi i« Bqir? nud i» »Schster llsgrdun, S N'r> di> AiU«, w«i!«r >nN«rr>» I>- Pfz. .--
Donnerstag. Len 17. November 1898.
Mert«!jÜhrlicher VdomiementtpreiS in der Stadl Mk. r. 10 in» HanS gebracht, ÄtT. 1. 15 durch die Post bezogen im Bezirk. Außer Bezirk Ntt. I.üö.
K«t?!chs UsLEtrsÄchN«zm.
Die Schultheißeniimter.
in deren Gemeindsbezirk Viehhändler in letzter Zeit gewerbliche Niederlassungen gegründet haben, werden aufgefordert, hievon sofort unter genauer Angabe des Sachserhalts hiehrr Anzeige zu machen. Calw, den 15. Nov. 1898.
K. Oberamt. Gottert, Amtm.
Tagesmmgkeiten.
Calw, 16. Nov. Von Liebenzell berichtet man uns von d m Auffinden völlig reifer Er d- beeren im Walde am Monakamer Berg. Auch hier wurden schon nachgereiste Erdbeeren gefunden, im Wrlsberg und im Schleifthäls. Reife Himbeeren sind in den Gärten keine Seltenheit.
* Calw, 15. Nos. Am letzten Sonntag abend entstand in Oberreiche nbach zwischen ledigen Leuten in einer Wirtschaft Streit, der leider schlimme Folgen hatte. Der ledige 28 Jahre alte Bauer Leopold Lutz und der ebenfalls ledige 30 Jahre alte Goldarbeiter Karl Burkhardt gerieten zuerst in Wortwechsel, welcher bald zu Tätlichkeiten führte. Um */-12 Uhr verließ Burkhardt die Wirtschaft, Lutz folgte ihm und stieß ihm unweit des Hauses das Messer in den Unterleib, so daß die Gedärme heraustraten. Heute früh ist Burkhardt an den schweren Verletzungen gestorben. Der rohe Messerheld, der, wie der Getötete, betrunken war, wurde gestern durch den Landjäger in das hiesige Amtsgerichtsgefängnis eingeliefert.
Stuttgart, 15. Nao. Der lange mit Spannung erwartete Kommissionsbericht «aus der Ersten Kammer über die Verfassungsrevision ist heute ausgegeben worden. Es ist mit freudiger Genugthuung zu konstatieren,
daß infolge des Entgegenkommens der Standesherren man jetzt die feste Hoffnung auf das Zustandekommen des Verfassungsgesetzcs haben darf. Immerhin bestehen aber noch so gewaltige Differenzen, daß es ohne heftigen Kampf nicht abgehen kann. Was dir Zusammensetzung der ersten Kammer anbslangt, so giebt sich die Komm, mit drn Vorschlägen der zweiten Kammer zufrieden, nur verlangt sie die Wiederherstellung des Königlichen Rechtes, erbliche Mitglieder zu ernennen. In der Verfolgung dieses Wunsches beantragt die Komm. Wiederherstellung der Reg.-Vorlag«, wornach solche Gutsbesitzer aus dem standcsherrlichen oder ritterschaft- lichcn Adel ernannt werden können zu erblichen Mitgliedern der ersten Kammer, welche von einem mit Fideikommiß belegten, nach dem Rechte der Erstgeburt sich vererbenden Grundvermögen im Königreiche, nach Abzug der Zinsen aus den daraus haftenden Schulden eine Jahresrente von 12000 ^ beziehen. Neu fügt die Komm, eine Bestimmung hinzu, wornach der Vertreter deS Domkapitels auf die Dauer einer Wahlperiode in einem Wahlgang gewählt wird. — Die Höchstzahl der vom König auf Lebenszeit ernannt werdenden Mitglieder wird auf 9 fixiert und somit würde unter den derzeitigen Verhältnissen sich die Kammer der Standesherren wie folgt zusammensetzen: 1) Prinzen des K. Hauses 5, 2) standesherrliche Mitglieder 21, 3) lebenSl. (statt 10) 9, 4) Ritter (statt 8) 6, 5) Vertreter der Kirchen (statt 3) 6, 6) Vertreter von Hochschulen 2, zus. 49. Mit der Zusammensetzung der Zweiten Kammer erklärt sich die Komm., sowie dem Ersatz der Kreisabgeordneten durch den Proporz einverstanden. DaS Abg. HauS würde sich demnach so in der Folge zusammensetzen 1) Abg. der guten Städte je 1, Stuttgart 3 — 9, 2) Bez.-Abgeordnete 63, 3) Abg. der Kreise 21, zus. 93. In Betreff der Abänderung des Landtags-Wahlgesetzes beharrt die Komm, der ersten Kammer auf dem Rechte der Stellvertretung durch einen Agnaten, falls ein standesherrliches Mitglied, durch Krankheit etc.
am persönlichen Erscheinen verhindert ist. Was nun endlich die Bestimmungen betr. das vielumstrittene Budgetrecht anbslangt, so beantragt die Komm, an Stelle des gestrichenen Art. 24 im Sinne des vr. Kiene'schen Vermittlungsantrags folgenden Art. anzunehmen: „Für die Beratung und Beschlußfassung über den Hauptetat (Z 111) gelten folgende Bestimmungen: 1) Der Hauptetat wird in der 2. Kammer unter Beachtung des Z 110 in Beratung gezogen und es wird von ihr zunächst über die einzelnen Titel desselben Beschluß gefaßt. 2) Dis Beschlüsse der 2 .Kammer werden sodann der 1. Kammer zur Beratung und Beschlußfassung mitgeteilt. Hat sich dabei die 1. Kammer für Abänderung eines von der 2. Kammer gefaßten Beschlusses erklärt, so hat die 2. Kammer den Gegenstand einer nochmaligen Beratung und Beschlußfassung zu unterziehen. Wenn hiebei die 2. Kammer einen von demjenigen der 1. Kammer abweichenden Beschluß faßt, so gilt i h r Beschluß, ausgenommen die Fälle der Ziff. 3, als Beschluß der Ständeversammlung. 3) Bei Beratung und Beschlußfassung über die Titel der Einnahmekapitel des Etats (Ertrag des Kammerguts und sonstige Deckungsmittel) steht beiden Kammern gleiche« Recht zu. Wenn über dis Höhe der Veranschlagung bei den genannten Einnahmen eine Uebereinstimmung beider Kammern nicht zu Stande kommt, so verbleibt es bei derjenigen Höhe, bis zu welcher beide Kammern übereinstimmen. Hinsichtlich der Steuersätze und -Zuschläge bleibt es für den Fall der Nichtübereinstimmung bei Ser Kammern bei denjenigen Steuersätzen und -Zuschlägen, die bei der bctr. Steuer für das letzte Jahr der vorhergegangcnsn Finanzperiode verabschiedet worden sind. 4) Nachdem gemäß den vorstehenden Bestimmungen die Ausgaben und die zu ihrer Deckung erforderlichen Einnahmen des Hauptetats festgesetzt sind, wird über den letzteren im ganzen zuerst in der 2., dann in der 1. Kammer abgestimmt. Kommt hiebei ein übereinstimmender Beschluß beider Kammern nicht zu Stande, so werden die be«
^ Nachdruck »irbotin.
Die rrene Mamfel.
Roman von M. Widdern.
(Fortsetzung.)
Gleich darauf war sie aus dem Gemach — so schnell, daß sie darüber vergessen hatte, sich das Tuch wieder um dis Schultern zu legen. Die Zurück- bleibenden schauten ihr betroffen nach. Endlich aber schlug Madame Werner mit der Hand auf die Sofalehne und rief: „Hier ist nicht alles, wie cs sein soll. Mann, Werner, und cs dünkt mich, als wenn die Aehnlichkeit Mamsells mit — mit Komtesse Manon doch keine zufällige wäre, als wir anfänglich gemeint. Fräulein Elinor lebt vielleicht hier unter falscher Flagge. — Aber was fällt mir da ein — hatte der Lieutenant nicht auch so einen Doppelnamen, wie man unter dem Adel häufig findet? Rungen von — von — von —
„Von Stein," setzte der Haushofmeister hinzu und wurde sehr bleich . . .
Inzwischen war Elinor über den Hof geeilt. Mit zitternden Knieen erreichte sie daS Souterrain, trat in die Küche und aus dieser in ihr Stübchen. Hier warf sie sich mit krampfhaftem Aufschluchzen vor ihrem Bett in die Kniee. Lange, lange lag sie so. Und während der schöne Körper in brennendem Herzweh zuckte, sah sie deutlich die Heimgegangenen Eltern vor ihrem heißen Auge erstehen und ihr ganzes bisheriges Leben zog damit an der armen Waise vorüber. In welcher anderen Beleuchtung hatte sie früher die Geliebten gesehen! Freilich, die Mutter sprach nie zu ihr davon, auf welche Weise sie die Gattin Rungens
geworden. Ebenso wenig erfuhr Elinor je, warum der Vater, der schöne, vornehme Vater seinen Abschied aus der Armee genommen und sich in einen kleinen, subalternen Beamtenposten gezwängt hatte. Als sie aber aus manchen hinge- worfenen Worten der Eltern die Ueberzeugung gewinnen zu müssen glaubte, daß dieselben sich gegen den Willen der gräflich Rudolfsburg'schen Familie geheiratet hatten, meinte sie auch die Erklärung gefunden zu haben, weshalb die Mutter außer jedem Verkehr mit den Ihren stand — warum sie arm war, nachdem das kleine Pflichtteil zugesetzt, welches man ihr überantwortet, während ihre nächsten Verwandten in Reichtümern schwelgten.
O Gott, wenn sie, Elinor, geahnt hatte, was Gräfin Clarissa durch ihre Eltern gelitten, — sie würde ja nie, nie gewagt haben, sich der Beleidigten zu nähern. Und doch — an wen hätte sie sich noch wenden sollen in ihrer Not und Verzweiflung? — Die Unglückliche hatte sich wieder erhoben. Jetzt stand sie mit gefalteten Händen mitten im Gemach. Plötzlich aber hob sich der dunkle Kopf des Mädchens. Es war, als lauschte Elinor auf irgend ein Geräusch — einen Ton, der an ihr Ohr geschlagen. Einen Moment noch und sie eilte wie elektrisiert zum Fenster, öffnete trotz der Winterkälte einen Flügel desselben und lehnte sich über das Blumenbrett. Aus dem Schlafgemach Herrn von Hinzows klang jetzt deutlich Violinspiel zu ihr herab. Der junge Offizier war Meister auf seinem Lieblingsinstrument, und doch — wie spielte er nur heute? Wild — unharmonisch tönte es an daS Ohr der Lauschenden — in Kompositionen, die fast beängstigend wirkten, in welchen Leonhard aber doch nur dem Konflikte Ausdruck gab, der ihn nach den Erlebnissen des Abends marterte.
Doch Elinor wußte ja nichts von demselben. Sie ahnte nicht, was in dem Herzen des Mannes vorging, den sie im Besitz alles menschlichen Glückes