Kronik.

Deutschland.

Berlin, 16. Febr. Die Prov.-Corr. sagt: Der griechisch-türkische Streit ist bei­gelegt. Die Erklärung des Königs der Hel­lenen für die Annahme der Kanferenzvorschlüge dürfte bereits nach Paris überbracht fein. Die Konferenz wird in Folge dessen nächster Tage zur Schlußberathung zusammentreten."

Während die ultramontane Geistlichkeit überall Aufruhr gegen die liberalen weltlichen Re­gierungen predigt, bildet dagegen der Hirtenbrief des Bischof Heinrich von Passau, den er aus An­laß der Wiederkehr der Fastenzeit an den Clerus erlassen, einen erfreulichen Gegensatz, indem er alle wahren Christen und Gutgesinnten ermahnt, das Ansehen und die Macht des bestehenden Rechts, der bestehenden Gesetze und der gesetzlichen Obrig­keit aufrichtig, ernstlichst und kräftigst aufrecht zu erhalten, zu wahren und zu schützen.

Der Köln. Z. wird geschrieben: Die An­gabe, wonach der Herzog Adolf von Nassau die Theilnahme der Depossedirten von Hannover und Kurhcssen an den antipreußischen Agitatio­nen abgelehnt habe, wird von verlässigster Seite als durchaus richtig bezeichnet und hinzugefügt, der Herzog habe die Gelegenheit benutzt, sich über die früheren kleinstaatlichen Zustände in seinem ehemaligen Lande in ziemlich geringschätzi­ger Weise auszusprechen, und dem gegenüber die Sorglosigkeit seiner jetzigen Lage betont. Vernünftig.

Württemberg.

Stuttgart, 18. Febr. Heute wurde die evangelische Landessynode eröffnet. Um 10 Uhr begann der Gottesdienst in der Stiftskirche, wo Prälat v. Kap ff über Philipp. 2, Vers 2 und 3:So erfüllet meine Freude, daß ihr Eines Sinnes seid rc." die Predigt hielt.

Der K. Kommissär: Minister des Kirchen- und Schulwesens, vr. v. Golther, wird ein­geführt. Derselbe '.fordert im Namen Sr. K. Majestät sämmtliche Mitglieder auf, in Folge der Synodalordnung das feierliche Gelöbniß ab­zulegen und in seine Hände zu bekräftigen. Dieß geschieht von den einzelnen Mitgliedern der Reihe nach. Sofort hielt der K. Kommissär die Er­öffnungsrede, in deren Schluß gesagt ist: Der erstmalige Zusammentritt der Landessynode bil­det, wenn ihr auch dießmal von Seiten des Kirchenregiments keine Gesetzgebungsgegenstände von hervorragender kirchlicher Bedeutung über­geben werden können, jedenfalls einen wichtigen Zeitabschnitt in der Geschichte unserer evange­lischen Landeskirche. Möge die lebendigere Wech­selbeziehung zwischen dem Kirchenregiment und dem kirchlichen Gemeindeleben, welche unsere Synodalordnung im Gefolge haben wird, zum Wohle unserer ev. Kirche dienen.

Der Alterspräsident v. Köstlin tritt vor und sagt: die Versammlung habe die wohlwol­lenden Worte des K. Kommissärs mit lebhafter Geistesbewegung vernommen, und es begegne denselben ein freudiger Wiederhall. Unvergeß­lich sei die huldvolle Zusage Sr. Majestät gleich nach dessen Regierungsantritt, daß eine Landes­synode angeordnet werden solle. Das Werk stehe nunmehr vollendet da , und die Mitglieder wer­

den nach Kräften bemüht sein, einen günstigen Erfolg herbeizuführen.

Neuenbürg, 19. Frbr. Heute fand die erste öffentliche Gerichtssitzung mit mündlichem Verfahren im Saale des Rath­hauses hier statt. Die Verhandlungen wurden vom Gerichtsvorstand mit einigen treffenden Worten eingeleitet, in denen er den aufrichtigen Wunsch betonte:daß jeder Zeit an dieser Stätte das Recht und Wahrheit zur Geltung kommen möge."

Den ersten Fall bildete das, gegenwärtig nicht seltene, aber von Amtswegen strafbare Ver­gehen der Körperverletzung. Der Vor­gang spielte am 13. Dec. v. I. in Calmbach, wo in Folge von Streitigkeiten im WirthShause der heute vor Gericht stehende Angeschuldigte während des Nachhausegehens den Kläger einige­mal zu Boden warf und schließlich, um sich der vermeintlichen oder wirklichen Drohungen des Letzteren zu erwehren, durch den Schlag mit einem Sägebock derart an den Kopf traf, daß die Verletzungen eine Arbeitsunfähigkeit von 6 Tagen nach sich zogen. Zuerst wurde auf Grund der Voruntersuchung der Angeschuldigte, dann der Verletzte, hierauf die Zeugen der Reihe nach mündlich vernommen. Die hauptsächliche Contro- verse bildete das Vorbringen des Angeklagten, daß sein Gegner ihm, mit einem Messer bewaffnet, gedroht habe, was vom Kläger in Abrede ge­zogen, auch von keinem der Zeugen bemerkt wurde.

Nach geschloffener Vernehmung gab der Vor­sitzende ein Resumö über den Thatbestand, der die Abwehr des Beklagten gegen die drohende Weise des Klägers ergab.

Hierauf zogen sich die Richter mit den Schöffen in das anstoßende Beralhungszimmer zurück. Nach einigem Verweilen in demselben nahmen sie wieder ihre Plätze am Gerichtstische ein und der Vorsitzende verkündete das gefällte Unheil, welches auf wöchentliches Bezirksge- richtsgefängniß und Tragung der Kosten lautete; hierauf folgte die Verlesung der Entscheidungs­gründe. Dem Verurteilten wurde schließlich eröffnet, daß ihm hier keine Appellation, sondern nur eine Nichtigkeitsklage zustehe. Die Ver­handlung nahm nur zwei Stunden in Anspruch. Als Schöffen fungirten: C. Martin von hier, Schultheiß Rehfueß von Höfen, B. Wanner von hier. Das Publikum hatte sich nur sehr spär­lich betheiligt.

Der Rathhaussaal ist ziemlich gut geeignet für solche Verhandlungen. Im vordern südlichen Theil befindet sich die Estrade mit dem Gerichts­tische, vor diesem ist ein Raum gelassen für die zu vernehmenden Parthieen, hinter welchem eine Barre abschließt. Der ganze übrige Raum ist dem Publikum freigegeben. Unmittelbar an die Estrade stößt das Beralhungszimmer des Gerichts.

Goldkours der K. Württ. Staatskafsen- Verwaltung.

u) mit unveränderlichem Cours:

württ. Dukaten 5 fl. 45 kr. d) mit veränderlichem CourS:

Rand-Dukaten 5 fl. 34 tr.

Friedrichsd'or 9 fl. 56 kr.

Pistolen 9 fl. 46 kr.

20-Frankenstücke 9 fl. 26 kr.

Stuttgart, 15. Febr. 1869.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.