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gewisse Zurückhaltung Lucchenis und offenkundige Ungenauigkeiten in seinen Aussagen geben Anlaß zu der Annahme, daß Luccheni vieles zu verheimlichen habe, dies aber könne nur zu Gunsten Anderer ge­schehen. Luccheni gestehe zu, mit Vorbedacht und Hinterlist gehandelt zu haben; er werde deshalb deS Meuchelmords angeklagt. Nachdem der Angeklagte die Personalfragen beantwortet, wurde ihm dis An­klageschrift vorgelesen. Sodann beginnt das Zeugen­verhör. Der Elektriker Chaumartin schildert, wie Luccheni sich an die Kaiserin heranschlich und wie Zeuge dem Fliehenden nachsprang und ihn ergriff. Luccheni widersctzte sich der Festnahme nicht und sagte sogleich, daß er die Kaiserin von Oesterreich ermordet habe. Er wünschte darauf von der Polizei verhaftet zu werden. Auf Wunsch des Angeklagten, dem links und rechts 2 Polizisten beigeged-n sind, wurde ein Dolmetscher zugezogen.

Genf, 10. Nov. (Prozeß Luccheni) Heute morgen um 8 Uhr wurde Luccheni unter Es- corte von sechs Gendarmen aus der UntersuchungS- zelle in eins Zelle des Justiz-Palastes gebracht, welche durch eine Thür mit dem SchwurgerichtLsaale ver­bunden ist. Auf dem GerichtStische lag als co pus delicti das Mord-Instrument und die rote Leibbinde, welche Luccheni am Tage der Thal getrogen har. Nachdem die Geschworenen ihre Plätze eingenommen» erklärt der Vorsitzende dir Verhandlungen für er­öffnet. Luccheni wurde hercingeführt. Bei seinem Hereintritt lächelte er und musterte neugierig die Ge­schworenen und das Publikum. Sodann erfolgte die Verlesung der Anklage. Als der Gerichtsschreiber die Stelle verlaß, daß der Angeklagte sich im ersten Verhör geäußert habe, er habe sofort bemerkt, daß die Kaiserin sterben werde, rief Luccheni: Bravo, bravo. Nach Verlesung der Anklage begann das Zeugenverhör. Bei der Aussage des Zeugen Chamortin, welcher behauptete, Luccheni habe bei seiner Festnahme geleugnet, der Kaiserin ein Leid zugesügt zu haben, sagt der Angeklagte, das ist eine Lüge. Er habe sofort gesagt, daß er die österreichische Kaiserin getötet habe. Als dem Angeklagten das Mordinstrument gezeigt wurde, giebt er zu, daß es seine Feile sei, mit der er die Kaiserin ermordete. Es tritt nun eine kleine Pause ein, in der sich Luccheni. lebhaft mit den Wärtern unterhält. Er sagt u, A. Schade, daß nicht 2000 Kerle wie ich auf der Welt sind, dann wäre es mit den gekrönten Häuptern bald zu Ende. Bei Wiederaufnahme der Verhandlungen erzählt Luccheni, daß er, als er die Feile kaufte, die Absicht hatte, irgend ein gekröntes Haupt zu ermorden. Ein Freund von ihm habe den Griff zu der Feile gemacht, aber nicht gewußt, zu welchem Zwecke die Feile verwendet werden sollte. Der Präsident be­schließt nunmehr, diesen Martinelli, der als Mit­schuldiger angeklagt war, aus dem Gefängnis holen zu lasten. Das Zeugenverhör verläuft weiterhin ohne jeden Zwischenfall. Um l'/. Uhr mittags wurde die Sitzung bis um 3 Uhr unterbrochen. Der Ur­teilsspruch dürfte noch heute erfolgen.

Amtliche Kkklmtmchrmses.

Als Leichenschauer

für die Stadt Calw ist in provisorischer Weise bestellt

Wilhelm Keßelöach, Mesner hier.

Stadtschultheißenamt.

Haffner.

Acker-Verpachtung.

Nächsten Montag, den 14. Novbr.»

vormittags 11 Uhr, werden auf den» hiesigen Rathaus 34 s, 71 gm Acker beim Elbenbrunnen, auf welchem sich die neue Quellenstube be­findet, auf 9 Jahre im öffentl. Auf­streich verpachtet.

Stadlpflege.

_ Schütz.

Hirsau.

Schafrveide-

Werpachtung.

Die hiesige Tchafweide wird für die Zeit vom 1. Dezbr. 1898 bis 1. März 1899 am

Donnerstag» den 17. November, nachmittags 2 Uhr,

Kiel, 9. Nov. Prinzessin Heinrich wird am 10. Kiel verlassen, um dann von Italien aus die Reis« nach Ostasien zum Besuch ihres Ge­mahls an Bord des deutsch?» PostdampfersPrinz Heinrich" anzutreten.

Wien, 10. Nov. In dem heute Vormittag zwischen den Abgeordneten Gniewocz und Wolf stattgebabten Duell wurde erstsrer am Kopfe und einem Arm leicht verwundet. Wolf blieb unverletzt.

Prag, 10. Nov. Gestern abend durchzogen exceßsüchlige Elemente haufenweise die Stadt, wo sie einen deutschen Studenten erblickten, wurde er ver­höhnt und beschimpft, einer sogar mit Stöcken miß­handelt. Derselbe mußte von der Polizei aus dem Knäuel herauSgehauen werden. Die ganze Sicher- heitSwach« ist aufgeboten worden. Alle deutschen Anstalten, besonders die beiden Theater sind scharf bewacht. Das Strcßenbild ist wie im Dezember des Vorjahres, die Stimmung ist erregt.

Paris, 9. Nov. Der für Esterhazy com- promittierende gestern beschlagnahmte Brief wurde nicht bei der Frau Boulavcy und nicht bei Frau Pays, sondern bei einem Geschäftsagenten beschlag­nahmt, der mit Esterhazy vor längerer Zeit in Ge­schäftsverbindung gestanden hat. Der Brief der mit der DreyfuS-Angelegenheit nichts zu thun hat, ist insofern für Esterhazy verhängnisvoll, weil er genau auf dasselbe Papier geschrieben ist, wie das Bordereau. Man erinnert sich, daß der Leiter deS Sicherheits­dienstes und Schristkundige während des Dreykus- Prozeffcs im Jahre 1894 bei allen französischen Papierfabriken vergeblich versuchte, die Papieralt ausfindig zu machen. Die Beschlagnahme des Briefes erfolgte auf Antrag des Advokaten der Familie DreyfuS, der gleich, nachdem die Erxänzungsunter- suchung bei dem Caffationshofe abgeschlossen war, die Beschlagnahme beantragte. Dis gestrige Beschlag­nahme erfolgte auf die Verfügung des Untersuchungs­richters. DaS carrierte Papier des Briefes ist ein Beweis der Schuld Esterhazys.

Paris, 9. Nov. Radikal und Aurore ver­sichern, daß die Schriftstücke, welche gestern bei einer mit Esterhazy befreundeten Persönlichkeit beschlagnahmt worden sind, den formellen Beweis liefern, daß Esterhazy der Urheber des Bordereaus sei.

Paris, 9. November. Ein Redakteur des Gaulois hat den General Mercisr beim Verlassen des CassationShofes interpellirt, um seine Eindrücke von dem Verhör vor dem Caffationshofe zu erfahren. Der General erklärte, er sei von den Mitgliedern des Cafsationshofes sehr aufmerksam angehört worden, weiter könne er nichts sagen.

Paris, 9. Nov. Der Figaro meldet, daß die Kriminalkammer des Cafsationshofcs eine neue Haussuchung bei einer Person vornehmen ließ, die in regem Verkehr mit Esterhazy gestanden hat. Es sollen zahlreiche Korrespondenten beschlagnahmt worden sein, die demnächst dem Caffationshofe übergeben werden.

Rom, 9. Nov. Die fünf Punkte, welche die Grundlage der Anarchisten-Conferenz bilden, sind nunmehr von allen Regierungen angenommen, sodaß es sich nur um die Formulierung handelt. Die größten Schwierigkeiten machten England und Griechen­land bezüglich des Punktes der Auslieferung der Anarchisten.

London, 9. Nov. Nach auS Schantung bier emgetroffene» Berichten ist in d-r Nähe von Tsinafu der gelbe Fluß ausgetreten. 200 Quadrat- meilen sind überschwemmt. Dis Ernte ist vollständig vernichtet. Hunderte von Dörfern sind zerstört, unter der Bevölkerung herrscht Hungersnot.

Standesamt Kakw.

G eboren e-

5. Nov. Amalie, Tochter des Matthäus Maier, Walk­meisters hier.

5. Ernst Moriz, Sohn des Moriz Schmelzte,

Maschinenstrickcrs hier.

Getraute:

5. Nov. Ludwig Mayrhofer, Zahntechniker hier und Monika geb. Schwarz von Reichenhall. 7. Robert Christfried Adolf Gerstenlauer,

Kaufmann in München und Pauline Julie Kraushaar von hier.

Gestorbener

4. Nov. Gabriel Buhler, Bauers Ehefrau, Anna Maria geb. Braun hier, 76 Jahre alt. 7. Gustav Haydt, Bierbrauereibesitzers Witwe,

Marie Katharine geb. S chnauser hier, 73 h- Jahre alt.

9. Martin Friedrich Lörcher, Stadtwundarzt

hier, 68 Jahre alt.

* Gottesdienste

am SS. Sonntag nach Trinit., 18. November.

Erntedankfest.

Vom Turm: 64. Der Kirchenchor singt: Ge­sangbuch Nr. 27. Predigtlied: 5, Womit soll ich dich Wohl loben rc. 9H- Uhr Vorm.-Predigt: Herr Dekan Roos- 1 Uhr Christenlehre mit den Töchtern. 5 Uhr Liturgischer Gottesdienst, Herr Stadtpfarrer Schmid. Das Opfer ist für den Notstandsfonds der Central- leitung des Wohlthätigkeitsvereins bestimmt.

Mittwoch, 16. November.

10 Uhr: Betstunde im Vereinshaus.

HkeLlarnrteil.

M 8Ms biMdt

MöiiMiier ZMMkbMi IMe,

Uobkustvin-üinoltbLl, 8».

6uöL5t6 b'gbrik von JsILtzUstofföv in Lavkssa.

Kuielieder, Kr»«l!«x!i'clier M kmoxlicdor üoiHekm-I.

8xeeialität:

Llaslerlaxer bei W. 6«N<I«r, Osluv.

m öffentlichen Aufstreich auf dem Rat­jaus verpachtet.

Den 10. November 1898.

Gemeindcrat.

Althengstett.

Zwangsverkauf.

Am Freitag, den 18. November, verkaufe ich folgende Gegenstände gegen Barzahlung:

16V Dinkelgarbett. 100 Haber­garben» 80 Weizengarben, 40 Gerstengarben, 50 Ctr. Heu und Oehrnd, 30 Ctr. Kartoffeln, 5 Stück Most- fäffer.

Zusammenkunft 1 Uhr beim Rathaus. Gerichtsvollzieher Weil.

Vrivat-Anzeigrrr.

Ladstts LoLLoliiiiAsr

UanäsLxsr

Verlobt«.

6s1w. Hausen a. I».

Sonntag Kvend

Erbauungsstunde

im Bereinshans

von 89 Uhr.

Jedermann ist freundlich eingeladen.

Methodistenkapelle.

Sonntag morgen '/'iw Uhr und abends 8 Uhr Predigt. Mittwoch abend 8'/. Uhr Betstunde.

Jedermann ist freundlich ringeladen.

Wortrag

von Pfarrer Woekter a. D. in Stuttgart

am Donnerstag, 17. Nov., abends 8 Uhr,

im Vereinshause in Calw über die!

Württembergische Mission unter Israel. _

VeterLnsn-VsrsLv.

Morgen Sonntag, nachmittags 3H/- Uhr

Monatsversammlung

bei Kamerad Schwarz­maier.

Der Vorstand.

Gabe«

für den Weihnachtsbaum des ev. Sonntagsblatts befördert

Lotte Grüner.

Ein junger Mann erteilt

krivLlsImlcken

in der franzöfischeu Sprache. Aus­kunft erteilt die Redaktion des Calwer Wochenblatts.

ZWO Mark

suche ich gegen gute doppelte Pfand- ficherheit L 4auszunetzmen für einen pünktlichen Zinszühler.

Verw.-Akt. Standenmeyer.

Nächste Woche backt

Kaugenörehel»

Bäcker Exner. Junges fettes

Kammelfleisch

ist fortwährend zu haben bei

K. Livglvs».

Empfehle eine

kraukstriL

(Prachtexemplar) wegen Platzmangel, sowie

sonstige Mkatlpflanzen

in schöner Auswahl.

K, Mazfvi», Handelsgärtner.

Calw.

Ein Wferd,

unter dreien die Wahl, verkaufe ich als entbehrlich

Mnslvi-,

Bahnhofstraße.