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mW RnzeigeblatL für den Bezirk Calw. 73. Jahrgang.
«ejchtiul Diiuhtnzl, Dsouerüagr und Samitagi. Di« bürilx» im Bezirk und in nSchster
Umgidnip S tzlz> di« Hell«, w«»«r !S Psg.
Samstag» den 12. November 1898.
VterteljSbrllcher Adonnemmtsprei» tn der Stadl Mk. 1 . 1V int Hau» aiLraHt, Ms. 1. 1b durch die Post bezogen im Bezirk. Nutzer Bqtrt Mr. 1 .88.
K«MHe BsLa«M!«sLm»g»K.
K. Amtsgericht Calw.
Bekanntmachung.
Di« Reihenfolge, in welcher die für das Jahr 1899 gewählten Hauptschöffen an den einzelnen ordentlichen Sitzungen Dienst zu leisten haben, wird durch Ausloosung in der am Samstag, den 12. Not», d. I. vorm. 11 Uhr stattfindenden öffentlichen Sitzung des Kgl. Amtsgerichtes bestimmt werden.
Den 8. November 1898.
Oberamtsrichter:
Fischer.
An die Ortskehorden.
Es ist zur Kenntnis drS Oberamts gekommen, daß Diejenigen, welche Latrine von auswärts beziehen, solche nicht unmittelbar auf die Felder, sondern in die Abort« und Güllengruben oder Düngerstätten verbringen, was für die gesundheitlichen Zustände in hohem Grade gefährlich ist, da hiedurch die Verschleppung von Krankheiten, insbesondere des Typhus begünstigt wird.
Dis Ortsbehörden.dieser Gemeinden werden unter Hinweisung auf de» Ministerial-Erlaß vom 19. Mai 1896, Min.-AmtSbl. S. 146, beauftragt, auf Grund des Art. 83, 30, 43 und 51 des Württ. Pol.-Straf Gesetzes ortspolizeiliche Borschriften zu erlassen und das Einbringen von auswärts bezogener Latrine in dis Abort- und Güllengruben oder Düngerstätten und die sonstige Ablagerung derselben innerhalb der Ortschaften bei Strafvermeidung zu verbieten. Auch ist dafür Sorge zu tragen, daß in Gemäßheit der Art. 11, 24, 35, 26, 33, 56, 58 der Bau-Ordnung die Winkel zwischen den Häusern gesäubert, die Schmutzwaffer unschädlich abgeleitet, die Düngerstätten vorschriftsmäßig eingefaßt, richtige und undurchlässige Abort- und Güllengruben her- gestellt, dieselben stets rechtzeitig geleert und so verwahrt und auscementiert werden, daß Flüssigkeiten weder auf Straßen und öffentliche Plätze abfließsn noch die Brunnen verunreinigen können.
Die Ortsbauschau und die Polizeiofficiauten sind hienach zu instruiren und sollten alljährlich 2mal Umgänge in den Ortschaften durch die Bauschau gehalten werden.
Calw, dm 9. Nov. 1898.
K. Oberamt.
Voelter.
Tagesnenigkriten.
* Calw, 10. Nov. Auf überaus schnelle Weise ist gestern nacht um 11 Uhr Herr Stadtwundarzt Lörcher aus dem Leben geschieden. Derselbe wurde zu einer Kranken nach Alzenberg berufen; auf dem Rückweg etwa 100 m außerhalb der Stadt erlitt er, während er noch mit einem Bewohner von Röthenbach sprach, einen Herzschlag. Obgleich sofort ärztliche Hilfe zur Stelle war, konnte der Arzt nur noch den eingetretenen Tod konstatieren. Hr. Lörcher war gebürtig von Altburg und betrieb auf seinem elterlichen Haus seine wundärztliche Praxis und nebenbei die stark besuchte Gastwirtschaft zum Hirsch. Nach Verkauf dieses Anwesens praktizirts er in Althengstett und seit mehreren Jahren hier. Er war wegen seiner Tüchtigkeit im Beruf, seines ehrbaren Charakters und seines einfachen, ruhigen Wesens bei jedermann sehr beliebt und bekannt. An, heutigen Tage hätte er sein 63. Lebensjahr vollendet.
Calw. Wir machen auch an dieser Stelle noch besonders aufmerksam auf den Missionsvortrag, welchen Pfarrer Völter am Donnerstag, 17. November abends 8 Uhr, im hiesigen Vereinshause halten wird über die Juden Mission. Die Württembergische Mission unter Israel wurde von ihm in Verbindung mit andern Freunden vor 25 Jahren gegründet, blickt also auf viele Jahre ihrer Thätigkeit in unserem Lande zurück. Da sich dem Judenvolke in unfern Tagen das Interesse von neuem zuneigt, dürfte dieser Vortrag in vielen Kreisen willkommen sein und deshalb auch zahlreich besucht werden.
Calw, 11. Nov. Gestern nacht kurz nach 7 Uhr fanden Arbeiter der Staelin'schen Fabrik in der Nähe des Krappens einen Handwerksburschen in höchst eigentümlichem Zustand. Derselbe hatte ein Taschentuch vor dem Mund und war an Händen und Füßen an die dortigen Schranken gefesselt. Nach seinen Angaben verdankt er diese Behandlung einem Mitreisenden, welcher ihn seiner Barschaft von — 30 Pfennigen — beraubt habe. Zum Erstaunen seiner Befreier war das Taschentuch mit einer Schnur lose um den Mund gebunden.
U. Calw. Am Montag den 7. ds. gab im Saale der I. Dreiß'schen Brauerei das Thomas Koschat-Quintett unter der Direktion „Jakob Damhofer" auf Veranlassung des Handclsschuldirektors Spöhrer ein Konzert bei sehr zahlreichem Besuch. Das mit Geschick zusammengcstellte und mit Eleganz durchgeführte Programm von 9 Nummern, war in 3 Abteilungen geteilt,.von welchen jede in anderer Original-Tracht vorgetragen wurde, was zur Begeisterung der dankbaren Zuhörer nicht wenig beitrug. Die Leistungen der aus 4 Damen und 1 Herrn bestehenden Gesellschaft waren durchaus vorzügliche. Als Glanznummern sind zu bezeichnen, „Ritters Abschied" von Johanna Kinkel und „Verlassen bin i" von Th. Koschat, a capella äußerst fein vorgetragen, außerdem der Sopran-Solo von Frl. Loni Frank, welche mit ihrer prächtigen Stimme und ihren lustigen Jodlern reichen Beifall erntete. Dem Herr Direktor Spöhrer, dessen Initiative dieser Kunstgenuß zu verdanken war, gebührt an dieser Stelle nachträglich noch der verbindlichste Dank.
Alt bürg. (Egsdt.) Am Donnerstag früh wurde uns die schmerzliche Nachricht, daß der von uns so hochgeachtete Wundarzt und Geburtshelfer Herr M. Lörcher, früherer Hirschwirt hier, unerwartet schnell an einem Herzschlag auf der Altburger Steige verschieden ist Unsere Gemeinde, sowie der ganze Bezirk, verliert durch denselben einen Mann, der sowohl in seiner Praxis wie im Privatleben Jedermann viel Gutes erwiesen hat; wir werden ihm für seine aufopfernde Liebe ein treues Andenken bewahren.
Nagold, 9. Nov. Forstwart Raibcr aus Unterschwandorf hatte gestern das Glück, im Unter- thalheimer Wald einen schneeweißen Rehbock zu erlegen. Derselbe wurde an das König!. Natu- ralienkabinet abgeliefert.
Stuttgart. (Dep. d. Wochenbl.) Zum Landesbischof von Rottenburg jwurde Universitätsprofessor Keppler aus Freiburg gewählt. Derselbe, geborener Württembergs!, ist persona xrata beim Herzog Al brecht.
Wangen, O.A. Cannstatt, 9. Nov. Infolge der guten Witterung im Okt. liefert die letzte Him- beerernte ein nach Menge und Güte befriedigende« Ergebnis. Da die Himbeersträucher derart kultivirt
werden, daß sie den ganzen Sommer und Herbst Früchte tragen, so ist der Anbau derselben sehr lohnend und er gewinnt hier mit dem anderer Beerensträucher immer größere Ausdehnung.
Heilbronn, 10, Nov. Aus dem Postwagen, der die Strecke Willsbach-Spiegelberg fährt, ist am letzten Sonntag auf bis jetzt unaufgeklärte Weise ein Postbeutel mit 1120 Inhalt entwendet worden. Der leere Beutel wurde später mit mehreren »öffneten Briefen aufgefunden.
Berlin, 9. Nov. Aus Damaskus wird ooin gestrigen Tage gemeldet: Die Parade der hiesigen Garnison zweier Regimenter Infanterie- und eines Kavallerie-Regiments, sowie 8 Batterien, verlief glänzend. Den Schluß bildete das Vorbeitraben von circa 800 Beduinen und Kameelreitern in wildem Trubel und mit großem Geschrei. Der Kaiser trug die Tropen-Uniform, die Kaiserin war nicht erschienen.
Genf, 10. Nov. Heute Donnerstag vormittag hat der Prozeß gegen Luccheni, den Mörder der Kaiserin Elisabeth, begonnen. Der Zudrang des Publikums zu der Verhandlung ist groß. Der beschränkte Raum, welcher für das Publikum reservirt ist, war wenige Augenblicke nach der Oeffnung überfüllt. Für die Journalisten, welche der Verhandlung beiwohnen wollen, sind durch Aenderung der inneren Einrichtung des Saales 50 Sitzplätze geschaffen worden. Schon in früher Morgen" unde war Luccheni aus dem Gefängnis nach dem Gerichtsgebäude gebracht worden. Um 9 Uhr betrat der Gerichtshof den Saal. Der Gerichtshof besteht aus dem Präsidenten der Justiz Burgy und den beiden Beisitzern Schützle und Racine. Dis Anklage vertritt Generalstaatsanwalt Navazza. Verteidiger des Angeklagten ist der Rechtsanwalt Moriaud. Die Anklageschrift ist kurz und in maßvollem Tone gehalten. Sie enthält die bekannten Einzelheiten über den Aufenthalt der Kaiserin Elisabeth in Genf, über ihre Ermordung, über die Flucht und Verhaftung und das erste Verhör Lucchenis, in welchem derselbe erklärte, er sei nach Genf gekommen, um den Prinzen Heinrich von Orleans zu ermorden. Luccheni habe, als er den Prinzen von Orleans nicht in Genf fand, den Entschluß gefaßt, dis erste beste hohe Persönlichkeit zu ermorden, die er in Genf treffen werde. Die Anklageschrift erwähnt dann das Ergebnis der Autopsie der Leiche, die Auffindung der Mordwaffe und den Lebensstand des Angeklagten. Zum Schluffe der Anklageschrift heißt es, die ersten Symptome des Anarchismus seien in Lucchenis Jugend in Italien entstanden. In Lausanne habe er Verkehr mit verdächtigen Kameraden gehabt. Im Lauf des Monats August habe sich Luccheni mit seinen Kameraden nach Vevey begeben um dort einen Dolch zu kaufen, aber erst-einige Tag« später habe er in Lausanne die von ihm benützte Feile gekauft. Am 5. September habe Luccheni Lausanne verlassen, von da an wisse man nur, daß er sich am 8. September abends in einem Cafö aufgehalten habe, und daß er am 9. September zu wiederholten Malen des Tages, besonders nachmittags vor dem Hotel Beaurivage gesehen worden sei. In Betreff der Frage von Mitschuldigen heißt eS in der Anklageschrift, Luccheni verwahre sich mit Entschiedenheit dagegen, solche zu haben. Wiewohl keine thätsächliche Beteiligung eines Mitschuldigen nachgewiesen sei, so sei es doch möglich, daß das von ihm verübte Verbrechen nicht seiner individuellen Eingebung entsprungen sei. Auf jeden Fall sei Luccheni der Hauptanstifter und der direkte Thäter, aber eine