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angekommen, trafen sie nur die Mutter; Anna war bei dem schönen Frühlingswetter mit ihren Freundinnen spazieren gegangen.

Der Mugwirthle grüßte die Mutter mit einer Vertraulichkeit und fragte nach der Tochter mit einem Interesse, welches die gute Frau etwas befremdete. Wohl kannte sie den reichen Wirths- sohn schon von früher her, allein es war eine Bekanntschaft von ziemlich gewöhnlicher, ja gleich­gültiger Art.

Geh', Marie, hol eine Flasche Wein herauf," sagte Peter.

Und wie die gastliche Hauswirthin sich entfernt hatte, kamen die beiden Männer dahin miteinan­der überein, daß der Freier nun sogleich bei der Mutter um die Hand der Tochter enthalten und sie die letztere von ihrem Spaziergänge heimhvlen und bei dieser Gelegenheit auf den Heirathsantrag vorbereiten sollte. So werde sich die Sache ganz geschickt machen.

^ Als Marie die Flasche Wein und Gläser auf den Tisch gebracht hatte, mußte sie sich auch an den Tisch setzen und mit den beiden Männern Bescheid thun.

Gelt," eröffnete Peter den Feldzug,gelt, Marie, du weißt nicht, was heute der Mugwirthle hier für ein Geschäft hat? Er hat ein Geschäft mit unS und zwar ein großes Geschäft; dasselbe ist so viel als abgeschlossen, heißt das mit mir; du hast auch noch ein Wort dazu zu sagen. He Mugwirthle, heraus mit der Sache!"

Mit dem Muthe, den ihm der genossene Wein und das Bewußtsein seines Reichthums verliehen hatten, sagte dieser ohne Umschweife:

Ja, Mutter, wir haben ein Geschäft abge­schlossen, aber auch Ihr müßt Euere Einwilligung dazu geben. Es handelt sich nämlich um die Hand Eurer Tochter. Doch zuerst gebt mir jetzt Eure Hand als meine künftige Schwiegermutter!"

Der Mugwirthle streckte seine Hand der Mut­ter über den Tisch entgegen; aber diese machte entsetzlich große Augen. Doch ohne sich durch die Ueberraschung, in die sie die Zumuthung des Mugwirthle versetzt hatte, verwirren zu lassen, erwiderte sie diesem:

Meine Tochter hat noch kein Sterbenswört­chen davon gesagt, ich habe auch noch nicht die leiseste Ahnung davon gehabt, daß sie ein ernst­liches Liebesverhältniß mit Euch hat. Weiß sie nicht, daß Ihr heute um ihre Hand . . . ."

Die mir der Vater schon zugesagt hat," ant­wortete der Mugwirthle;daß Ihr" fuhr die Mutter fortheute um ihre Hand anhal­tet, daß sie, als ob cs sich entfernt nicht um das ganze Glück ihres Lebens handelte, mit der ge­wohnten Heiterkeit der Jugend einen Spaziergang gemacht hat?"

Ich habe sie wohl hier zu finden gehofft," erwiderte der Mugwirthle,obgleich sie nicht weiß, daß ich und zu welchem Zweck ich heute da bin Ueberhaupt habe ich mit Anna noch keine nähere Verabredung getroffen; ich wollte vor allen Dingen zuerst die Einwilligung ihrer Eltern ha­ben; dem Wunsche und dem Willen ihrer Eltern wird sie doch nicht widerstreben und dasjenige, waS ich ihr biete, nicht verachten wollen?"

Die verständige Mutter aber erwiderte:Ich kann die Einwilligung zu diesem Geschäft (das WortGeschäft" betonte sic mit besonderem Rach­druck) nicht eher geben, bevor ich ganz genau weiß, wie es um das Herz meiner Anna steht. Kabiskkpfe, Zwiebeln und Kartoffeln kann ich

wohl verkaufen, aber das Herz meiner Tochter ist kein solcher Gcschäftsartikel, über welchen die Eltern ohne ihre deutlich ausgesprochene Neigung verfügen könnten; das geht nicht."

Diese etwas pikante Antwort rief eine kleine Wolke des Unmuths auf Mugwirthle's Stirne, während der in seinen Hoffnungen abgekühlte Peter seiner Frau ziemlich barsch befahl, sie möge Anna von ihrem Spaziergange heimholen und sie auf den Heirathsantrag vorbereiten.Zugleich hast du jetzt die beste Gelegenheit, ihr deine Er­ziehungsgrundsätze und namentlich das vierte Ge­bot zu repetiren," fügte er seinem Befehle bei.

Marie gehorchte gerne dem Befehle ihres Mannes, gewann sic doch dadurch Gelegenheit, mit Anna allein zu reden und ihr nötigenfalls ihren mütterlichen Rath zu ertheilen.

Anna befand sich mit ihren Freundinnen un­weit des Dörfchens, an der Wiesenhalde, wo die Mädchen duftende Veilchen sammelten, die in der Nähe des grünenden Stachelbeerzaunes zahlreich emporgeblüht waren. Als sie die Mutter kommen sah, eilte sie ihr entgegen, nenbegierig, warum sie daher komme. (Fortsetzung folgt.)

(Der Mensch ein Spiel.) Wir brüsten uns oft mit unserm Können und Wissen und sind doch häufig nichts als das Spiel eines un­bekannten, unerforschbarcn Verhängnisses. Kürz­lich kehrte ein schweizerischer Landmann aus dem Canton Luzern in seine Heimath zurück, nachdem er mehr als zehn Jahre in Amerika gewesen war und sich ein respektables Vermögen erspart hatte. Er wohnte auf kurze Zeit bei seiner verheirateten Schwester, welche ein allerliebstes Mädchen von drei Jahren besaß. DerAme­rikaner hatte eben sein mitgebrachtes Geld gegen Staatsschuldscheine umgewechselt und diese zum Zählen auf einen Tisch gelegt. Da ging er auf kurze Zeit in den Hof, nur das Kind war im Gemach anwesend. Als er zurückkehrte, sah er nur noch ein Häufchen rauchender Asche von seinem Geld. Das Kind hatte ihn kurz zuvor mit dastehenden Zündhölzchen seine Pfeife an­zünden sehen und ihn nachahmend mit einem brennenden Zündhölzchen seinen Geldhaufen in Brand gesetzt. Beim Anblick dessen schmetterte der junge Mann das unschuldige Wesen mit einem einzigen Faustschlage todt zu Boden und sitzt nun als Mörder im Gefängniß.

Mein Lied und Leid.

Wenn mir auf Erden nichts mehr bliebe Dahin mir wären Freud und Lust So bleibt mir doch noch Eine Liebe Die Liebe in der Meinen Brust.

Und ob man mir den letzten Bissen Bom harten Brode auch entzieht;

So gibt mir doch ein gut Gewissen Ob unter Thränen noch Ein Lced.

Sein Dasein hat der nicht empfunden.

Gewürdigt nicht des Schöpfers Plan Der immerdar in guten Stunden Gegangen seine Erdenbahn;

Dem nicht der Leiden trübe Quelle Gehemmt den Weg am nahen Ziel,

In dessen Lebensbecher Helle Kein herber, trüber Tropfen fiel.

ES blitzen wohl oft Edelsteine So kalt in warmer Sonne Licht Doch meine Perlen, wenn ich weine Sie drücken doch die Seele nicht.

Erhellen mir nur mein Gemüthe

Und dann, beschließ ich meinen Lauf So wiegt der Liebe Thränenblüthe All eure Stein und Perlen auf!

Wizemann.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.

Mit einer Beilage.