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Handelsverhältnisse, des Münzwesens u. Aehnl. unter Geltendmachung der eigenen Anschauungen und Forderungen gegenüber der bisherigen Be­handlungsweise bieten, nach welcher die fertigen Bestimmungen Regierung und Kammern zu un­veränderter Annahme oder Ablehnung vorgelegt wurden, und machte darauf aufmerksam, wie bei einer spaten Vereinigung von Nord und Süd letzterer in das fertige Gebäude der norddeut­schen Verfassung einzutreten hätte, ohne die für seine eigenen Verhältnisse wünschenswerthen Aenderungen dabei wirksam durchsetzen zu können. Die Frage über den Anschluß der Südstaaten an den Nordbund betrachtete auch er als außer der Zuständigkeit des Zollparlaments stehend; glaubte aber, daß bei der Gemeinsamkeit der materiellen Interessen das moralische Gewicht eines deutschen Parlaments die Lösung dieser Frage beschleunigen werde. Er widersprach der Ansicht, daß hiebei nur Preußens Vortheil ge­sucht werde und erklärte, daß im Gegentheil Preußen Heer, Marine, Gesandten u. s. w. dem norddeutschen Bunde untergeordnet habe.

Betreffend die Kriegslasten glaubt er an eine spätere Ermäßigung derselben, wenn er sie auch vorläufig zum Schutz des Errungenen für noth- wendig erachtet. Doch eben mit der Einheit werde auch die Sicherheit Deutschlands steigen und, wenn Beides gewonnen, eine Verminderung und Vertheilung der Lasten auf ein größeres Ganzes möglich werden.

Diese Rede des Hrn. Dr. Elben, vollstän­dig frei und mit dem lebendigen Feuer eigener Ueberzeugung vorgetragen, fand allgemeinen Bei­fall bei der Versammlung. Nach Beendigung derselben theilte der Vorsitzende den Wunsch der Wahlkomite von Calw, Böblingen und Neuenbürg mit, daß weitere Erörterungen und Debatten über die Persönlichkeit der Herren Kandidaten im Interesse der gegenseitigen Harmonie unter­bleiben möchten. Herr Stadtschultheiß Schuldt von Calw glaubte jedoch, ohne Beifall bei der Versammlung zu finden, es nicht unterlassen zu können, persönliche Beziehungen in Anregung zu bringen. Ihm entgegen stellte Herr Stadtschult­heiß Weßinger von Neuenbürg durch eine tref­fende Darstellung der Motive, welche die ver­schiedenen Wahlkomite bei Aeußerung jenes Wunsches geleitet haben, unter allgemeinem Bei­fall die Harmonie wieder her, worauf nach einigen paffenden Friedensworten des Herrn Cavallo in Wildbad die Versammlung geschlossen wurde.

Die Wähler der Bezirke Böblingen und Neuen­bürg nahmen aus der Versammlung die Ueber­zeugung mit, daß Hr. Dr. Elben in jeder Be­ziehung, besonders in volkswirthschaftlichen und nationalökonomischen Fragen unfern Wahlkreis würdig vertreten würde und stellten es sich zur Aufgabe denselben ihren Mitwählern als Kandi­daten zu empfehlen.

Miszellen.

Die Fleischversorgung Londons.

(Fortsetzung.)

Der Preis von Fleisch gleicher Qualität ist in London billiger als in allen andern größer» Städten Englands, sowohl der Engrospreis als der Detail­

preis, zum Thcil nm zwei Groschen das Pfund. Ließ rührt einmal, was die geringern Qualitäten betrifft, daher, daß durch sorgfältige Fleischzcrleg- ung die bessern Qualitäten besser verwerthet wer­den; man unterscheidet nach den »örpertheilen vier Hauptklassen des Fleisches, deren jede wieder in drei bis fünf Unterabthcilungen zerfällt. Diesen Abstufungen gemäß wechselt der Preis des Fleisches von einem und demselben Viehstück zwischen 16 und IV- Sgr. das Pfund. In dieser Werther­höhung durch Zerlegung und Sortirung wird der Kleinhandelsprofit erzielt; der Großschlächtcr seiner­seits gewinnt durch den raschen und sichern Um­schlag seines Kapitals bei regelmäßigen großen Marktverhältniffen. Die so erfolgende Vermin- derung der Handelsunkosten erklärt vollständig den auf den ersten Blick verwunderlichen Umstand, daß London wohlfeileres Fleisch hat als die Provinz. Dieselbe Erfahrung macht überall und täglich in Hinsicht auf viele andere Viktualien der Konsument der Landstadt, welcher Großstadtpreise lieSt.

Die Beschickung des Londoner Viehmarkts be­trug 1865 313,264 Stücke Großvieh (nur wenige Kühe darunter), 33,711 Kälber, 1,511,926 Schafe und Lämmer und 32,179 Stück Schweine. Der Genuß von Rind- und Hammelfleisch herrscht hie- nach vor. Da alle Nacen, und jede in verschie­denster Qualität, vertreten sind, so bietet der Lon­doner Markt das interessanteste Material zum Studium der Viehzucht. Die bessere Mästung auf dem Festlande hat dem festländischen Vieh, entge­gen den früheren starken nationalen Vorurtheilen des englischen Rostbeefmagenö, rasch großen Ab­satz verschafft. Der Jslingtoner Markt wird nach der Schätzung Sachverständiger zu zwei Dritthei- len mit fremdem Vieh beschickt, was auch von der Einfuhrstatistik nahezu bestätigt wird. Der erste Viehzufuhrhafen des Festlandes für London ist jetzt Rotterdam. Nach einer Veröffentlichung von 1865 schickte Rotterdam 41,149 Stück Großvieh, 20,131 Kälber, 143,741 Schafe und 19,614 Schweine. Nebstdem kommt am meisten Groß­vieh aus Tönningen (Schleswig-Holstein) mit 28,898 Stück nebst 32,385 Stück Schafen, aus Harlingen mit 19,065 Stück Großvieh und 33,076 Schafen, Hamburg 5142 Stück Großvieh und 64,385 Schafe, Dordrccht mit 2349 Stück Groß­vieh und 22,107 Stück Schafe, Medemblik (Hol­land) mit 2393 Stück Großvieh und 30,629 Stück Schafe. Das gut gemästete Vieh vom Fest­land erreicht jetzt nahezu oder ganz die Preise des englischen Viehs; französisches Mastvieh wird so­gar von den Feinschmeckern der reichen Tafeln dem englischen vorgezogen, was für die neuere Hebung der nordfranzösischen Viehzucht spricht. Die süddeutschen Viehsendungen gehen meist über Rotterdam, seit der Rinderpest giengen sie Ln Menge über Geestemünde Eine wesentliche Ver­mehrung des deutschen Vieherportes nach London erwartet Hartstein zunächst von Süddeutschland und Oesterreich. Allein durch den Viehhändler Joh. Alef zu Köln werden aus Württemberg und Bayern >00- 150 Mastochsen wöchentlich nach dem Londoner Markte versandt, mit einem Kosten­aufwand pro Haupt von 22 Thalern aus München und 15 Thalern aus Heilbronn.

(Schluß folgt.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Reuen bürg.