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Conweiler den 2. Oktober 1867.

Heute Nacht 1(?/4 Uhr ver­schied sanft und selig in dem Herrn unsere theuere Mutter, Schwie­germutter und Großmutter Fried ritze Alber geborene Zeltmann im Alter von 58 Jahren.

Die Beerdigung findet Frei­tag Mittag 1 Uhr statt.

Der trauernde Gatte:

alt Friedrich Alber mit seinen Kindern.

Kronik.

D e u t s ch l a nd.

DieWes. Z." schreibt: Die Adreßdebatte des Reichstags hat eine Einigkeit der überwie­genden Majorität des Hauses über die süddeutsche Frage konstatirt, welche man bisher kaum erwar­ten durfte. Den Süddeutschen gegenüber hat der Reichstag so vernehmlich, so unzweideutig gesprochen, wie menschliche Zunge es vermag. Eine Mehrheit von drei Vierteln hat ihnen er­klärt:Wir wollen euch nicht zwingen, aber keine Macht der Erde soll euch hindern zu uns zu kommen, wenn ihr kommen wollt!"

Berlin, 28. Sept. Am 1. Oktober Morgens 9 Uhr wird die preußische Kriegsmarine die bis­herige preußische Flagge streichen und die Flagge des norddeutschen Bundes aufziehen. Bei dieser Feierlichkeit wird ein Salut von 21 Schüssen gegeben werden unter dreimaligem Hurrah der in Parade aufgestellten Mannschaft, und der ganze Tag wird für die Kriegsmarine als Feier­tag behandelt werden.

Württemberg.

Stuttgart, 26. Sept. Die hiesige Han­delskammer hat der Ulmer die Anzeige gemacht, daß sie sich für die Zolleinigung Württembergs und der andern vereinzelten südwestdeutschen Staaten mit dem norddeutschen Bundesstaat ent­schieden ausgesprochen habe und hat angefragt, wie die Ulmer Handelskammer darüber denke. Diese, obgleich aus Männern der verschiedenen politischen Anschauungen zusammengesetzt, hat sich gleicherweise, und zwar einstimmig, für Zoll­einigung und Beschickung des Zollparlaments erklärt.

Stuttgart, 26. Sept. Angesichts der Haltung der volkswirthschaftlichen Kommission der Kammer der Abgeordneten gegenüber dem von Württemberg mit Preußen geschlossenen Ver­trag, betreffend die Erneuerung des Zollvereins, hat sich dieliberale Partei" zu folgender Er­klärung, die in ursprünglicher Fassung und ein­stimmig angenommen wurde, veranlaßt gesehen: Die liberale Partei erkennt, im Anschlüsse an ihre am 24. September v. I. und am 24. April d. I. gefaßten Beschlüsse über die deutsche Frage, in den zwischen Preußen und den süddeutschen Staaten abgeschlossenen Zollvereiusverträgen den 2-lufcmg einer Wiedervereinigung der durch die Ereignisse des Jahres 1866 getrennten deutschen Stämme. Die Beseitigung des Erfordernisses der Stimmencinhelligkeit der Zollvereinsstaaten und die Schaffung eines gemeinschaftlichen Zoll­

parlamentes ist ein Fortschritt in der volkswirth­schaftlichen Entwickelung Deutschlands. Eine Ab­lehnung der Zollvereinsverträge durch die süd­deutschen Volksvertretungen würde die liberale Partei schon im Hinblick auf die hiemit verbun­dene Gefahr einer Sprengung des Zollvereins als ein nationales Unglück beklagen.

Im engsten Zusammenhänge mit den Zoll- vercinsverträgen stehen die zwischen Preußen und den süddeutschen Staaten abgeschlossenen Schutz- und Trutzbündnisse. Das Zusammenstehen Nord- und Süddeutschlands gegen äußere Angriffe ist nicht nur im Interesse der Selbsterhaltung der süddeutschen Staaten geboten, sondern auch eine Forderung der nationalen Ehre. Es Zst der einzig mögliche Schutz gegen den VerftlH einer Einmischung des Auslands in die inneren Ange­legenheiten Deutschlands. Die Schutz- und Trutzbündnisse vermindern die Gefahr eines Krieges und erhalten das nationale Band zwi­schen Nord- und Süddeutschland, welches die unerläßliche Voraussetzung für jeden materiellen Fortschritt bildet.

Die liberale Partei spricht daher die Erwar­tung aus, daß die württembergische Volksver­tretung dem Zollvereinsvertrage und dem Schutz- und Trutzbünduisse ihre Zustimmung ertheilen wird."

Aehnliche Kundgebungen bereiten sich dem Vernehmen nach in den Gewerbe- und Handels­vereinen, sowie auch in den Handelskammern des Landes vor. (St.-Anz.)

Stuttgart, 1. Oktb. Heute fahren Ihre Majestäten der König und die Königin von Fried­richshafen nach der Mainau zum Besuche des dort verweilenden Königs von Preußen. Am morgigen Tage wird Se. Maj. der König von Preußen den Besuch in Friedrichshofen erwiedern.

Cannstatt, 28. Sept. Heute wurde das Volksfest in herkömmlicher Weise abgehalten. Um II Uhr erschien Se. Maj. der König mit seinem Gefolge, begleitet von dem Stuttgarter Stadtreiterkorps, auf dem Festplatze; unmittel­bar nach ihm traf I. Maj. die Königin Olga mit der Königin-Mutter ein.

A u s l a n d.

Florenz, 26. Sept. Garibaldi's Gefan­gennahme hat eine große Aufregung hervor- gcrufen. Garibaldi soll keinen Augenblick seine heitere Ruhe verloren haben, und für die Sache Ronis, trotz seiner eigenen augenblicklichen Ohn­macht, immerhin die vollste Zuversicht hegen.

Mittel gegen Cholera.

Seit man den EntstehungSgruud der Cholera mehr kennt, ist es auch möglich geworden, ratio­nelle Heil- und Verhütungsmittel anzuwenden, vor Allen: gründliche Desinfektionen. Opium wird allgemein als erstes Heilmittel empfohlen. Ein anderes, das eben wieder auftaucht, obwohl schon im Jahre 1834 von Runge entdeckt, wird in Genf angcfertigt und unter dem Namen Vinaigrs pliöniguo« in den Handel gebracht. Dieser Essig wird aus der Phenilsäure gewon­nen, welche bei der Destillation der Steinkohlen zur Gasbereitung entsteht. Dieselbe ist flüchtig, kann jedoch in Gestalt weißer Kristalle erhalten werden. Diese färben sich an der Luft und am