.276
Die Zahl der Mitglieder beträgt 74, die monatlichen Einlagen übersteigen die Summe von 800 fl., so daß also ein Mitglied durchschnittlich über 2 fl. im Monat eingelegt hat. Es wurden 19 Anlehen im Betrage von 3205 fl. gemacht, die Verlängerungen mitgerechnet sind es 23 Posten mit 3875 fl. Zinse und Provisionen hieraus betragen etwa 60 fl. Der jetzige Stand ist:
Aktiven. 2890 fl.
Passiven. 2000 „
Rest . ^ ^ 89tPfl?'"
Rechnet man hievon die inonatl. Einlagen nebst Zinsen ab (ohne die Einlagen des Herrn Reichert, welche schon zurück vergütet sind) so ergiebt sich ein reines Vermögen von ca. 90 fl. Einen Verlust hat die Casse nicht erlitten.
Die umsichtige und eifrige Geschäftsführung des Herrn Cassiers Reichert fand allseitig Anerkennung und Dank. Der Wegzug dieses Herrn aus Neuenbürg ist für den Verein sehr zu bedauern.
Als sein Nachfolger im Cassenamt wurde gewählt Herr Seifensieder Lustnauer. Der Nächste in der Stimmenzahl war Herr Stadtpfleger Blaich.
Ausland.
Paris, 19. Juli. Wenn alle hieher reisenden Württemberger die Ausstellung mit gleich, m Fleiße besuchen, wie ihr König es während seiner hiesigen Anwesenheit neben gleichzeitiger Aufmerksamkeit für die anderen wichtigen Verbesserungen von Paris gethan hat, so werden dieselben einen reichen Schaz von Beobachtungen mit nach Hause bringen. Er hat allgemein den Eindruck eines Regenten hinterlassen, dem es ernstlich darum zu thun ist, die gesammten wirtschaftlichen Elemente, auf deren Grundlage die heutige Gesellschaft aufgebaut ist, aus eigener Anschauung kennen zu lernen, um durch ihre Pflege dem eigenen Lande Wohlstand und Zufriedenheit zu gewähren. (Schw. M.)
Zur Beurtheilung der gegenwärtigen Lage.
(Fortsetzung.)
Er schaute mit einem seltsamen Blick auf mich her: denn in der That hatten wir die Rollen so ziemlich gewechselt. — Ich fuhr fort: „Muthe den Menschen zu (den Menschen, sag' ich, nicht gewissen Auserwählten!), ein großes Werk zu vollbringen um Gottes und der Menschheit willen — es wird nicht geschehen! Richte es ein, daß sie dieses Werk vollbringen können um ihretwillen — es kommt zu Stande!"
„Schlechter! Schlechter!" rief er mir entgegen.
„Ist bereits zugegeben," erwiederte ich. „Aber es kommt zu Stande. — Erwarte," sprach ich weiter, „von den deutschen Staaten, daß sie etwas Deutsches thun um ihretwillen, sie werden sich aufmachen und es geschieht!"
Der Gegner saß mit einer Miene tiefen Un- muths. „Die Selbstsucht also — die Selbstsucht allein —"
„Nicht allein," entgegnete ich, „aber mit — in bevorzugter Weise mit! — Aus dem Gebiete
Redaktion, Druck und Verlag von
a.'g Politik — wie noch auf so manchem andern! — ist der unmittelbare Drang des Ich der zum thatkräftigen Handeln unentbehrliche Stachel! — Und wenn ich's recht betrachte, mit völliger Unpar- theilichkeit, dann möcht' ich ihm sogar einen bessern Namen geben! 's ist im Grunde Selbstliebe -- jene Selbstliebe, - mit der wir alle den Anfang machen! - Aus uns und für uns zu handeln, das ist unser Nächstes! Und das hat seinen guten Grund und seinen großen Zweck! Wir müssen mit Lust und stiebe, wir müssen mit steidenschast handeln, wenn etwas stebendiges und Lebensfähiges herauskommen soll. Wenn wir zum Höchsten keine Leidenschaft fühlen, dann geschehe in Gottes Namen das Geringere, verlangt und erstrebt mit einer stiebe, die zur That und schöpferischen Leistung führt!"
„Und die Tugend," versetzte der Antagonist mit bitterer Einrede, „brauchen wir wohl gar nicht?"
„Ganz und gar brauchen wir sie!" entgegnete ich. „Sie muß dabei sein, wenn auch das Geringere, welches geschieht, irgend etwas taugen soll. Hauptsächlich muß sie aber da sein, um das mit unmittelbarer Leidenschaft Errungene zu gestalten — zu weihen und das Gebäude zu krönen!"
Ein verachtungsvolles Rümpfen des Mundes war die Antwort.
„Ich werde," rief ich ihm scharf entgegen, „genau sagen, wie das Errungene zu weihen ist! Für jetzt erklär' ich das Geschehene aus der Natur der Dinge, nach dem Gesetz der Geschichte!" — Und ruhiger fuhr ich fort: „Die Dynastie und der Staat sind gleich einem Individuum, und gleich einem Individuum handeln sie. Betracht' ich es recht, so muß ich sagen: einem Individuum ist eö leichter, für eine Idee seine Triebe zu meistern, als einem Geschlecht und einer Gemeinschaft; denn im Geschlecht und in der Gemeinschaft waltet die Natur mit überwiegendem Drange! Das Geschlecht und die Gemeinschaft denken in solchem Drange zunächst nur an sich; die Sorge für sich und ihre Machtvergrößerung. So lange die Welt steht, hat man in dieser Sphäre nicht anders gehandelt, und es ist zu vermuthen, daß es noch geraume Zeit so fortgehen werde. Dürfen wir nun von dem Einen Geschlecht, von der Einen Gemeinschaft das Natur- und Entwicklungswidrige verlangen? Sollen eben diese plötzlich aus sich herausgehen und anders sein als sie sind? Wir haben die Pflicht, uns in ihre dermaligen Vertreter hineinzudenken und ihnen mit Unbefangenheit das Urtheil zu sprechen!"
Victor schaute mich unmuthig, aber zugleich neugierig an. — Ich fuhr fort: „Preußens König und Staatsmann sind vor allem Preußen; - und das ist doch wohl so natürlich, daß es lächerlich wäre, sie anders haben zu wollen! Ihre WE'Nn stehen in Preußen, ihr innerer Mensch ist erwachsen in den Strömungen des preußischen Patriotismus, ihre Gedanken sind entwickelt aus dem Begriffe Preußen: ihr unmittelbares Streben, ihre Begier und ihre Leidenschaft konnten und können sich nur auf die Verherrlichung Preußens richten! Und wenn sie auch noch Deutsche sind, wenn sie auch an eine Kräftigung, eine Erhöhung Deutschlands denken, so kann es doch nur eine solche sein, welche die Erhöhung Preußens zur Voraussetzung hat!
_ (Fortsetzung folgt.) ___^
Jak. Meeh in Neuenbürg.