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Württemberg.
Stuttgart, 26.Juni. Das soeben ausgegebene Regierungsblatt Nr. 8 enthält eine Bekanntmachung des Ministeriums des Innern, betreffend die Niedersetzung einer Kommission für die zur Abwehr der Rinderpest zu ergreifenden Maßregeln.
Neuenbürg, 28. Juni. Der seit Kurzem in's Leben getretene Consum-Verein scheint zu gedeihen und im Fortschreiten begriffen. In den ersten zwei Monaten sollen für 1750 fl. Marken umgesetzt worden sein und sich ein Nutzen von 83 fl. daraus ergeben haben. — Der Mitglieder sind es 71, worunter auch mehrere auswärtige, welche hier ihre Einkäufe zu machen pflegen.
Aus dem Oberamt Freuden st adt, den 14. Juni. Der Holzhandel geht sehr flau, denn die Preise stellen sich gegen vor 2 Jahren noch um 25 pCt. niederer. — Den 25. Juni. Heute Nachmittags 3 Uhr entlud sich ein furchtbares j Gewitter über Göttelfingen; ein wolkenbruchartiger Regen, fiel in gewaltigen Strömen hernieder, so heftig, daß das Wasser wie Bäche in den Straßen strömte und theilweise zu Fuß die Straße nicht zu passiren war. 3Vs Uhr unter heftigem, erschütterndem Blitzen und Donner entzündete der Blitz an dem First eines Kaufladens, Wohn- und Oekonomiegebäude, der Strahl zog sich unten in den Stall hinein und tödtete vieles Vieh; das Gebäude wurde schnell gelöscht. Ein Mann, welcher unten beim Stall in der Nähe Futter geschnitten hat, wurde so heftig erschüttert, daß er zu Boden sank, er befindet sich aber außer Gefahr. (S. M.)
Ausland.
Paris, 24. Juni. Man darf der theil- weisen französischen Entwaffnung keinen zu hohen Werth beilegen. Denn die 50,000 Mann die man nach Hause geschickt hat, sind durch sechsjährigen Dienst völlig geschulte Soldaten, welche jeden Augenblick durch kaiserl. Dekret wieder einberufen werden können. Auch bleibt die stehende Armee noch immer 400,000 Mann stark, also die bedeutendste in Europa. Die kaiserliche Regierung wird nach Abwicklung der nächsten friedlichen Geschäfte, der Ausstellung und nach dcr Abreise der fremden Souveräne ihren Entschluß, aus die Entwicklung der europäischen Verhältnisse ferner bestimmend einzuwirken, vielmehr energisch kundgeben.
Brüssel, 23. Juni. Von Seward ist nach Wien und von dort an den belgischen Hof ein Telegramm geschickt worden, welches bestätigt, daß Maximilian verbannt und nach Europa ab- gereist ist.
Am 14. ds. Mts., überfiel ein ungeheurer H e u s ch r e ck e n s ch w a r m die Stadt Cag- liari auf Sardinien und zwar so massenhaft, daß sie sich in den Kleidern, den Ohren, den Nasenlöchern und den Augen der Menschen festsetzten. Die Straßen, die Plätze und dieHäuser waren Schuhhoch mit diesen gefräßigen Thieren belegt, und man konnte sie malterweise einsammeln. Auch auf der Westseite der Insel sind sie eingefallen und haben das letzte grüne Blatt, den letzten Halm aufgefrcssen.
Miszellen.
So lange wir keinen Augenblick sickier sind, infolge dieser oder jener brennenden Frage, die plötzlich erscheint wie ein Erdbeben oder ein vom Himmel fallendes Meteor, anS der Ruhe unseres Daseins und unserer Thätrgkeit aufgestört zu werden und unser Erwerb und unser Vermögen stets vom Zusalie abhängig ist: so lange sind unsere öffentlichen Verhältnisse ungesund und unsittlich. Es ist nachgerade die höchste Zeit, daß unsere Staatsmänner statt bei den Dogmatikern der Rechtswissenschaft in die Schule zu gehen, mit Hingebung und Eifer die Lehren beherzigen wurden, welche die Geistesheroen der deutschen Literatur für alle Zeiten und Völker aufgestellt haben. Dann würde endlich der Länder- und Völkerschacher im gesitteten Europa aufhören, der Krieg eine Unmöglichkeit und das Regieren nach der Schablone egoistischer Zweckmäßigkeit immer seltener werden. Das Glück der Völker muß zum allgemeinen Regierungszweck erhoben werden. Was dasselbe begründet und verbürgt, ist ihre Bildung, was das moderne Staatsideal zu verwirklichen vermag, ist die Erhebung der human sittlichen Grundsätze zu den höchsten Staatsgesetzen. Wenn die Familie in ihrer keuschen Ehrbarkeit die Grundlage des Staates ist, so ist der moderne Staat hinwieder nicht denkbar, ohne daß er sich als den Hüter und Beschützer jener heiligen Flamme darstellt, welche die Menschheit zugleich erwärmt und erleuchtet: der Religion! (S. S.)
— Eine segensreiche Erfindung, nicht bloß für einzelne Geschäftskreise, sondern für das ge- sammte Menschengeschlecht, ist das endlich gefundene Mittel, frisches Fleisch auf eine sehr einfache und wenig kostspielige Weise zu conserviren. Viele ausgezeichnete Chemiker beschäftigten sich seit Jahren mit diesem Gegenstände, aber ihr Verfahren war stets so kostspielig, daß an eine Anwendung im Großen nicht gedacht werden konnte. Jetzt hat ein Italiener, Francesco Cirio in Turin, ein Verfahren entdeckt, welches diele Schwierigkeit so vollständig beseitigt, daß die' von ihm in Paris angestettten Experimente von einem wahrhaft großen Erfolg begleitet waren und die Geschwornen der Ausstellung einen höchst lobenden Bericht erstatteten.
Das neue Verfahren zeichnet sich dadurch aus, daß einige Tage zu. einer vollständigen Conservation des Fleisches genügen, daß es in jedem Klima angcwendet werden kann und an Salz und Salpeter ein Bedeutendes dabei erspart wird. Die „Gazette des Etrangers" meint, Herr Cirio würde außer der großen goldenen Medaille auch jenen Preis von 100,000 Fr. erhalten, den der Kaiser für die segensreichste Erfindung ausgesetzt. (!) Berühmte Chemiker haben Stücke nach der Cirio'schen Methode behandelten Fleisches den vielfachsten Prüfungen unter den verschiedensten atmosphärischen Bedingungen unterworfen, welche noch nach zwanzig Tagen im besten Zustande waren. So berichtet man aus Paris.
Cine Beilage folgt uaeh
Redaktion, Druck und Verlag von Jak, Mech in Neuenbürg.
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