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kunft in den Schranken der Zurückgezogenheit halten, so war das nur ein Beweis, daß er sich in dem Charakter desselben total geirrt hatte. Herr Schmelzer benützte diese ganze Zeit mir zu Neco- gnoscirung; er wollte nur sein Terrain keimen lernen, und besonders gab er sich Mühe, mit den Aeltstansässigen des Fabrikorls näher bekannt zu werden. So erfuhr er den nach und nach, daß die alte Haushälterin Margareth, die einzige Person, welche bei dem Tode des Vaters und der Mutter Juliens gegenwärtig gewesen war, längst gestorben sei, während der frühere unecht Christian, welcher seit lange zum Oberaufseher auf der Fabrik vorgerückt war, ihm — n chdem er sich mit ihm vertraut gemacht hatte — selbst erzählte, daß er in jener furchtbaren Nacht in die Stadt geschickt worden sei, um einen Arzt zur Hülfe her. beizuholcn, denn der Vater Juliens, der Obrist, sei zwar schon halb oder ganz todt gewesen, . die Frau des Obristen aber habe noch gelebt -
Der letztere Punkt war es hauptsächlich, den Herr Schmelzer zu erfahren verlangt hatte, denn nachdem er sich so weit orientir, trat er nach und nach aus seiner bisherigen Zurückgezogenheit und Schüchternheit heraus, und ließ sich zum öftern im Wirthshause sehen, wo er, als Verwandler des Fabrikherrn, der er zü sein sich rühmte, das große Wort führte und sich überhaupt ei i Ansehen zu geben versuchte. Hatte er dann aber die Aufmerksamkeit der Zuhörer geweckt, so schlug er nicht selten mit der Faust auf den Tisch, und ließ verblümte Worte fallen, wie wenn er Großes und Wichtiges, das er aber nicht weiter äußern dürfe, unter dem Brustuche verborgen trage Ja, er ließ sich sogar nicht undeutlich merken, daß sein Vetter, der Fabrikherr, wenn er gegen alle Anderen streng und durchgreifend verfahre, es doch nimmer wagen würde, ihm auch nur mit einem unschönen Worte zu begegnen »Er n ollle es ihm nicht rathen!" setzte er dann oft drohend hinzu, so daß viele Arbeiter die Ohren spitz cn und aus dem Ger-de nicht klug werden konnten.
Natürlich wagte es Keiner, dem Fabrikherrn diese und ähnliche Reden Schmelzers zu hiuterbrin- gen, denn es wollte Niemand den Ohrenbläser und Angeber machen, aber Herr Fohmann merkte doch, daß auf seinem Anwesen ein anderer Geist zu wehen anfangc, der ihm kein guter Geist zu sein schien; auch bedünkte es ihn, als ob ihn manche seiner Leute mit ganz anderen Augen zu betrachten anfingen, denn sie ihn früher betrachtet hätten. Da n kam noch, daß Herr Schmelzer sich ihm öfter, äls er es für angemessen fand, in den Weg stellte, und ihn ganz vertraulich mit dem Namen «Vetter-- begrüßte, ohne sich im Geringsten um die niederschmetternden blicke des Fabrikherrn zu bekümmern, so daß der Letztere mehr als einmal beschloß, der Sache ein Ende m machen, aber immer wieder davon abkam, weil er fürchtete, daß Schmelzer es aus einen öffentlichen Auftritt, auf einen Skandal abgesehen haben könnte.
Wenn nun aber das betragen Schmelzers eine solch'große Veränderung erlitt, so war die Veränderung, die mit dem Benehmen seiner Tochter vor- ging, noch viel auffallender. Sie hatte nämlich die Stunden genau ausgekundschasset, in denen der junge Herr Wilhelm nach diesem oder jenem Etablissement zu sehen Halle, und wußte sich ihm nun bald da, bald dort in den Weg zu stellen, um seine Aufmerksamkeit auf sich lenken. Wenn
er dann aber keine oder nur wenig Notitz von ihr nahm, so schien sie dies ke neswcgs übel zu nehmen, joudern rächte sich blos mit einem hämi- m schen Lächeln, ohne jedoch aufzuhöen, seine Wege zu durchkreuzen, nur damit Andere sähen, wie sie, vielleicht eine oder zwei Sekunden lang, in seiner Gesellschaft ging. So brachte sie es nach und nach zuwege, daß ein Gerücht entstand, als bestehe einige nähere Bekanntschaft zwischen ibr und dem Sohne des Fabrtkherru, ein Gerüch-, dem sie nicht nur nicht widersprach, sondern das sie durch ver- egeue Blicke uns beredtes Stillschweigen zu be- ställgen wußte. Auch sorgte sie dafür, daß selbst de. Julie Marcet von diesem Ger chte Nachricht zukam, obgleich diese zum größten Aerger elopsia's gar keinen Werth darauf le te, ja kaum Notiz davon nahm. Aber — der Hauptzweck war doch erreich., das Publikum sprach von der Sache!
Nachdem nun die Angelegenheiten soweit gediehen waren, beschloß Herr Schmelzer, dieselben zu einem Ende zu bringen, und stiue Vorbereitungen waren auf eine solche Art getroffen, daß er jedenfalls glaubte, dieses Ende könne nur ein ftt- ihn günstiges sein Somit schrieb er folgende Zeilen an Julie Marcet: «Mein Fräulein, wenn Sie etwas Näher s über Ihren Vater, wie über Ihre Mutter, so wie über deren tragisches Ende zu erfahren wünschen, so finden Sie sich morgen Abend nach Sonnenun ergang bei der großen Eiche am Ende des Parkes cn, wo ein Augen- und ^
Ohrenzeuge bereit sein w rd, Ihnen Aufklärungen zu geben, vo > denen Sie sich bisher nichts träumen ließen.« Diese auf einen schmutzigen Streifen Papier gcschr ebe en und mit keiner Uebcrschrft versehenen Ze len, übergab er seiner Toch er Aloy- sia zcn Besorgung, und diese wußte es so klug einmrichten, daß sie auf ihrem Gange wie unversehens dem Fabrikherrn begegnete. Sie stellte sich als ob sie tödtlich erschrecke, ließ daß Briefchen >
fallen und entfloh eilends.
Schon am Morgen des Tages, an dem dieses vor sich ging, war der Oberaufseher Christian bei dem Fabrikherrn gewesen und hatte es für nöthig gefunden, denselben auf die geheimen Umtriebe Schmelzers aufmerksam" zu machen, damit denselben endlich ein Ziel gesetzt werde. Auf denselben Punkt hatte gleich darauf der junge Herr Wilhelm hin- gearbcitei, indem er zugleich die schleunigste Entfernung Alopsia's mit ihrem Vater verlangte, weil er das aufdringliche Wesen dieser beiden Personen nicht mehr länger mitansehen könne. Und nun kam vollends der von Alopsia im Schreck fallen gelassene Brief dazu! — Lag in diesem Allem nicht des Bewe.ses genug, daß ein längerer Verzug nur immer größere Widerwärtigkeiten herbeiführe? Herr Fohmann sah dies wohl ein; er wußte und überzeugte sich, daß endlich durchgegriffen, daß der Sache ein Ende gemacht werden müsse!
(Fortsetzung folgt.)
— Um Topfpflanzen von Blattläusen zu reinigen, darf man dieselben nur über Nacht in's Gras (auf den Rasen ) legen, so daß Blätter und Zweige den Boden berühren. Um dem Thau zu entgehen, kriechen die Blattläuse in den Rasen. Dieses Mittel hat selbst gegen Schildläuse bewährt.
Mit eitler Beilage.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.