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ist die Bank in stetem gleichmäßigem Fortschritte begriffen geblieben. Wir entnehmen dem Rechenschaftsberichte: „ ,
Während Ende 1865 dre Mitgliederzahl der Bank 237 betrug, ist sie im Laufe des Jahres 1866 auf 329 gestiegen, bestehend aus 252 Handwerkern, 52 Kaufleuten, 4 Beamten und 21 Pn-
Die Total-Einnahme betrug im Jahre 1866 323,378 fl-, die Ausgabe 320,856 fl., somit ist ein Eesammt-Ilmschlag von 644,234 fl. erzielt morden: im Vorjahr betrug er 283,134 fl. und ist er somit um 361,100 fl. gestiegen.
Es wurde vom Vorstand der Bank rühmend hervorgehoben, daß die Bankmitglieder dem Ausschuß seine Ausgabe der Wahrnehmung der Statuten leicht gemacht haben, indem weitaus der größte Theil seinen Verpflichtungen strenge uachkam.
Ausland.
Es scheint, daß die Türkei ihrer innern Auflösung mit raschen Schritten eutgegengeht. In den meisten Ländern der Pforte, welche nicht überwiegend von Türken bewohnt sind, hat eine Bewegung im Sinne der Unabhängigmachung entweder schon begonnen oder ist im Begriff loS- zubrechen.
Miszellen.
Das Testament.
(Fortsetzung.)
Wir können cs dem Leser wohl s gen, er lag in der Jugendgespiclin Wilhelms, m der liebstem Julie Marcet, welche als eine elternlose Cousine des Herrn Fohmann galt, und von Jedermann als der Sckutzgeift des Fohmann's»en U nwesens -verehrt und geliebt wurde ES w r in der Th -t ein herrliches Mädchen, diese Cousine Julie, rosig von Gesicht und fein von Körpergestalt, mit klaren verständigen Augen und einem fröhlichen hä: eln auf den W-ngen, dem Niemand widerstehen konnte. Die Gutmüthigkeit saß ihr so sehr „uf den Hippen, d >ß wer nur irgend ein Anliegen zarterer Natur batte, sich an sie, statt an den Fabrikherrn wandte, weil man wo: l wußte, daß sie es bei Herrn Foo- mann schon durchzusetzen verstehen werde. Doch scheute mm sich ouw, sic mit etwas Ungehörigem zu behelligen, da man eine leise Zurückweffung von ihr me.r fürchtete, als ein strenges Wort des Fabrikoerrn selbst. Konnte man es unter solchen Umständen dem jungen Herrn Wilhelm verdenken, wenn er mit Leib-und See e an der Cousine Julie hing? Noch war kein Wort von Liebe unter ihren gewechselt worden, sie wußten es vielleicht selbst niat, wie sehr sie gegenseitig an einander lingen; ab-r - andere Leute sahen schärfer als sir selbst s-nen, und man sprach diler auf dem ganzen Anwesen von der künftigen Verbindung Juliens mit Wil elm, als von einer Sache, die sich von selbst verste.e und die gar nicht anders sein könne W r do.b so,.r der „lte Herr Fo- m NN voll Güte und Liebe gegen Julie, und zeigte sich nicht bloö nicht unwillig, sondern im Gegen- treile doch erfreut, wenn sein einziger So n nach vollbrachtem Tagesgeschäfle H^ud in H md mit de», Mädchen dem Wäldchen, d s an das Kloster anstieß und in e ne» P rk verwandelt worecn w -r, zusei ritt, um die Mußezcit st tt mit Spielen und Reiten, oder mit Besuchen bei Altersgenossen
in her Nachbarschaft, in süßen Plaudereien mr der Jugendgespielin binzubringen!
So standen die Sachen, als eines Sommer- abendö eine elende Kalesche vor dem Gasthause der kleinen Fabrikstadt vorfuhr. Der Kalesche entstieg ein Mann und eine Frau, welchen von ihrem Kutscher ein schmächtiger Mantelsack nach- gctrugen wurde, und gleich darauf fuhr die Kalesche wieder ab, — ohne Zweifel auf Anordnung der beiden Passagiere, welche es wohl nicht gerne ge ehen hätten, wenn der Wirth neugierige „Unterderhandfragen" an ihren Wagenführer über das »-Woher und Wohin" gerichtet haben würde. -- Und hiezu hätten sie sicherlich ihre guten Gründe! Der Mann nämlich - er war etwa sechzig Jahre alt — hatte eines von jenen Gesiebter», aus denen man im ersten Augenblicke oft nievt klug wird, weil sich der wahre und Hauptcharakter hinter andern Eigenschaften, welche anscheinend als Haupt- cigenschaften hcrvortret n, verbirgt Seine Züge waren roh, fast gemein, und sein Auge blickte frech; auf der Stirne stand Verwegenheit und um c en Mund spielte thicrische Sinnlichkeit. Man glaubte, man könne sich in dem Manne nicht täü- sa cn, und doch zeigte ein gewisses zurückhaltendes, fast heimtückisches Wesen, das sich einem genauen Beobackter bemerkst v inachte, und ein schlauer, verschmitzter, lauernder Blick, der hie und da zur Seite fuhr, daß diejenigen Eigenschaften, welche im Hintergründe verborgen lagen, noch weit gefährlicher waren, als die, welche offen zu Tage traten. Der Charakt r des Frauenzimmers schien nicht minder ausgezeichnet, denn obwohl sie noch jung, kaum 25 Jahre a t sein mochte, und auch ui: t geradezu unschön genannt werden konnte, so hatten sich dom schon tiefe Einschnitte auf ihrer Stirn gelagert, o eionders entstellte sie ein hämischer Zug um ihren Mund, den sie zwar für gewöhnst v zu verbergen wußte, der aber in unbewachten Augenblicken um so greller tervortrat. Ilederdics lauerte Schlauheit und List in ihren Augenwinkeln, und i re dünnen Lippen zeugten davon, daß Geiz und Gewinnsucht zu ihren Haüpt- leidenschasten gc.örcn, — So gestaltet waren die beiden würdigen Perjonen, welche jetzt das Gasthaus betraten, und von dem ihnen entg gentretenden Wirthe ein Zimmer auf ein paar Tage verlangten.
„Mein Name ist Sä mclzcr, Alops Schmelzer", sagte der Fremde mit ungefordertcr Offenheit, „und dies ist meine Tochter Aloysia. Ter Arzt bat mir geboten, einige Wochen lang die reine Landluft dieser Gegend zu genießen; deßbalb streife ich tier von Ort zu Ort, mich überall, wo es mir gc-ällt, ein paar Tage aufhallenv Eben aus demselben Grunde erscheint auch unser Gepäck etwas mager, da wir unsre Koffer in der Hauptstadt gelassen haben."
Unter solchen Gesprächen ward das Zimmer angewiesen, und der Wirth erhielt r efehl, die Reisenden mit Wc n und kalter > üche zu versehen. Kr G stgeber entfernte si.b, aber statt einen Kellner mit dem Verlangte» zu senden, erschien er in etgener Person wieder, viellei-t um seiner Neu-, gierdc Genüge zu thun, vielte cht auch, weil er sich über die Geldmittel der Ne senden des Näheren oricntiren wollte, denn ihre G r'erobe ersch en ihm denn doch etwas gar zu armselig für Leute, d e zum Vergnügen reisen.
(Fortsetzung folgt.)