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Aronik.
Deutschland.
Berlin, 19. Dez. Die offizielle Provinz.- Corresp. hat zu melden, daß die Bundesverfassung des norddeutschen Bundes dem Entwürfe nach das gelammte Handels- und Verkehrswesen umfassen soll. Bundesrath und National- vertrctung üben die Legislative aus. Preußen erhält die Leitung des Bundes. Die Bundesgewalt vollzieht die Kriegserklärung, die Schließung der Verträge, die Ernennung der Gesandten. Der König von Preußen ist der Oberbefehlshaber der Land- und Seemacht, und ordnet die Kriegsbereitschaft an. Kiel und Jahdehafcn werden Bun- dcskriegshäfen.
Das badische Centralblatt, „Fachblatt für Staatsintercssen" enthält einen offenbar von sachkundiger Hand geschriebenen Aufsatz über das Sinken der Güterpreise, insbesondere am Boden- sce, namentlich eine Folge der großen Konkurrenz im Getreidchanbel (Ungarn, Verein Staaten, Kalo auch Gegenden des mittelländischen Meeres i. Ermäßigte Preise für Ausfuhr der Landesprodukte, Herabsetzung der Pachtzinsen, vermehrter Futterbau und Hebung der Viehzucht, Herbeiziehung fremder Güterkäufcr, werden als hauptsächliche Gegenmittel bezeichnet.
Aus dem Breisgau, l7 Dez Die Lebhaftigkeit des Weingeschäfts, welche im Herbst herrschte, hat sich jetzt in eine sehr unangenehme Flauheit umgewandelt. Es erscheinen nur noch vereinzelte Käufer.
Ausland.
Paris, 2l. Dez. Der Moniteur veröffentlicht den Handelsvertrag zwischen, Frankreich und Oesterreich.
Paris, >9. Dez. Ludwig Bamberg er antwortet heute im „Temps" sehr energisch auf einen Angriff Seinguerlets, der sich zum Sprachrohr der süddeutschen Utopisten macht Vambergcr erklärt, daß er nicht daran gedacht, sich um einen Sitz in der hessischen Kammer zu bewerben, vielmehr eine ihm angebote»e Kandidatur abgclehnt habe; d n .schwäbischen Partikularismus" habe er von jeher bekämpft, und er sei überzeugt, daß die Habsburger, wie sie aus Venedig, Hannover, Nassau und Kurhessen verdrängt worden, endlich auch aus Württemberg vertrieben werdm würden, selbst wenn sie „den republikanischen Vatikan von r-tuttgart, den einzigen Bewahrer des wahren Glaubens, den Träger des demokratischen Xon xosKnmus«, zum Bundesgenossen hätten. „Ihr Franzosen, heißt es am Schluß, könnt diese Fragen ernstlich aufrichtig studiren, aber ihr könnt sie nicht empfinden wie wir. Die Italiener und die Deutschen allein wissen cs, was es heißt, kein Vaterland zu haben, keine Nation, sondern eine Anzahl feudaler Fürstenthümer, die sich um das l eben eines Volkes streiten. Man muß das ganze Elend und die ganze Schmach dieses Zustandes erlebt haben, um ihn ganz zu begreifen." (S.M.)
Zu Weihnachten.
(Aus dem „Süddeutschen Sonntagsblatt.")
Die Kerzen des Weihnachtsfcstes sind schon aufgesteckt; bald erleuchten sie hell und warm den frühen Abend in trauten Gemächern.
Wie bedeutungsvoll ist nicht dieses hohe Fest! Seine Strahlen schimmern rückwärts zur ärmlichen Gebur sstätte Dessen, der berufen war, der Welt die Religion der Humanität zu verkünden, und vorwärts auf jene Höhen, auf denen einst ein Geschlecht sich seines Dasetns freuen wird, bei dem die Religion Christi zur Wahrheit geworden iff Zwischen uns und jenen Höhen liegt aber noch eine tiefe, du kle Kluft.
Gönnen wir unfern Kindern aus vollem Herzen die reine WeihnachtSfreude. Das Weihnachtsfest ist ja vorzugsweise.das Fest für die Kinder. Bedenken wir Aeltere aber auch jenes tiefsinnige Wort der Bibel: „So ihr nicht werdet wie die Kiudlein, werdet ihr nicht in das Himmelreich cingehen" Das ist ja das Wesen geistiger und sittlicher Menschenbildung, jene innere Zufriedenheit zu gewinnen, deren sich das arglose Kindesherz erfreut, jener Liebe theilhaftig zu werden, die selbst noch Raum hat für das unvernünftige Geschöpf, und jene Weisheit zu erwerben, die über des Lebens Ungmnach hoch emporträgt.
Von dieser hohen Menschenbildung — wie weit sind wir noch entfernt, wie weit noch entfernt von dem lebendigen Verständniß der einfachen Lehre Jcsn. Noch ist in Deutschland die Reformation nicht zur allgemeinen Geltung gekommen und selbst von Tausenden ihrer Anhänger wird ihr sittlich-freiheitliches Prinzip geläugnet. Wohl geht der gebildete Katholik in den wesentlichsten Grundsätzen mit cem gebildeten Protestanten einig; aber daß unter gesitteten, urtheilsfähigen Menschen noch von einem Eölibat, von der Ovren- beichte, von der Unfehlbarkeit des Papstes die Rede sein kann — wäre zum Verzweifeln, wenn wir nicht aus der Geschichte wüßten, wie langsam eben auf denjenigen Lebensgebieten der Fortschritt vor sich geht, welche die wichtigsten und heiligsten sind.
Die Gleichberechtigung aller Menschen ist eine christliche Lehre, und in unseren christliche» Staaten ist das Vorrecht noch durch die Verfassungen garantirt; Liebe und Freiheit sind die Herzblätter des Christenthums. Christus (wollte nicht den Tod des Sünders, sondern daß er lebe und sich bessere, und unsere Staatsweisen halten immer noch die Todesstrafe aufrecht. Selten wird die Würde des Menschen nach sei»cm inneren Werth, sondern nach seinem äußeren Besitz gewogen, und so oft sine cs die Interessen des Eigennutzes, die über das Wohl und Wehe der Mitmenschen herzlos entscheiden.
Aber es gibt eine Vorsehung in der Weltgeschichte, wie in der Entwickelung des Einzellebens. Materiell ist unsere Zeit geworden, aber sie wird einer Zeit erhöhte» geistigen und sittlichen Lebens zum Fußschemel dienen.
Miszellen.
Warum scharrt -er Hund hinter sich?
Die richtige Antwort auf diese Frage ist so zeitgemäß nützlich wie nur je Etwas. Sie liegt aber viel zu nahe und ist zu natürlich, als daß Jedermann sogleich darauf kommen und sich die überaus wichtige Lehre daraus ziehen thäte mit Dank zu Gott, der auch die Brennesseln nicht weit in Feld und Wald wuchern läßt, sondern an den Wohnungen der Menschen. Wer da nun I das Warum? weiß, und darüber nachgedacht I hat, warum die Klette nur im Haare so fest