Beilage zum Errzthäler Reo. 83

Samstag, den 20. Oktober 1866.

Landrvirthschastliches.

Neuenbürg.

Hopfenbau betreffend.

Der landwirthschaftliche Verein hat beschlos­sen, für solche Bezirks-Angehörigen, welche Hopfen pflanzen wollen, im nächsten Frühjahr einen sach­verständigen Arbeiter aus Rottenburg kommen zu lassen. Die Kosten der Reise dieses Arbeiters würde der Verein tragen, während der einzelne Gutsbesitzer den Taglohn zu bezahlen hätte.

Wer hievon Gebrauch zu machen beabsich­tigt, wolle dem Unterzeichneten binnen 3 Wochen

die zum Hopfenbau bestimmte Fläche angeben und dabei bemerken, ob Fechser von Rottenburg gewünscht werden und wie viele.

Als bekannt darf vorausgesetzt werden, daß das zum Hopfenbau bestimmte Land im Herbst recht tief umgegraben und mit frischem Stallmist gedüngt werden solle.

Den 15. Oktober 1866.

Vorstand des landwirthschaftlichen Bezirks-Vereins.

^ u A.

Was kann der Viehbesiher thun zur Abwen­dung der durch die Annäherung der Rinderpest drohenden Gefahr?

(Schluß.)

In Amsterdam hatte man, nachdem die Rin­derpest in der Provinz Südholland eine bedenk­liche Ausbreitung gewonnen hatte, wie es nach dem Erfolge scheint, noch rechtzeitig alle Ställe und Laufplätze der Wiederkäuer auf eine Entfer­nung von 50 Fuß für das Publikum unzugäng­lich gemacht. Alles dies beachtend, wird jeder den verseuchten Gegenden naDliegende oder mit diesen Gegenden in entsprechendem Verkehr stehende Vieh­halter den Ankauf oder Zutrieb von Rindvieh und Schafen von dort unbedingt meiden. Andere Thiere und Menschen, welche möglicherweise mit krankem Vieh in Berührung kamen, wird man nicht in Stall und Gehöfte eintreten lassen, Futter und Stroh, welches aus den an Vieh ausgestorbenen Ställen und Höfen oft besonders billig auf einem Markte ausgeboten wird, sollte man ohne gehörige Sicherheit nicht kaufen. Kurz es ist jeder mögliche Träger des Ansteckungs­stoffes zu meiden und zu fürchten, wo aber etwaige solche Träger eben nicht abzuweisen wären, da lasse man sie abgesondert eine Quarantänezeit von 1214 Tagen unter strenger Beobachtung durchmachen, denn in dieser Zeit wird entweder die Krankheit zum Ausbruch kommen, wenn Em­pfänglichkeit in dem lebendigen Träger für die­selbe überhaupt besteht, oder der Ansteckungsstoff wird durch Verflüchtigung und Zersetzung seine Wirksamkeit verlieren. Bei leblosen Körpern ist es freilich besser und sicherer, die Zerstörung des etwa vorhandenen Ansteckungsstoffes künstlich auf

chemischem oder physikalischem Wege zu besorgen, sei es nun durch Einwirkung von Chemikalien, Chlor, schweflige Säure oder durch eine hohe Temperatur, worüber ich mich später noch aus­führlicher aussprechen werde.

Ist aber die Krankheit in eine solche Nähe vorgedrungen, daß zu befürchten ist, es werde schon durch die Windströmung oder einen Luftzug der Krankheitssamen zugelrieben, ohne ihn ab­halten zu können, so möchte ich folgendes Verfahren empfehlen. Man wasche das Rindvieh alle Tage ein- oder zweimal um Augen, in Nase, Maul, und bei weiblichen Thieren innen in der Scheide mit einer Mischung von Carbolsäure und Wasser (2 Loth Carbolsäure auf 1 Maaß Wasser.) Diese Behandlungsweise beruht auf der von mir ge­wonnenen Ansicht, daß der Krankheitssamen sei­nen Einzug in den thierischen Organismus durch die eben genannten Oeffnungen der verschiedenen Schleimhäute vorzugsweise hält. Tägliche Räu­cherungen mit Theer und Essig, welche man auf glühende Kohlen gießt oder sonst zur Verdam­pfung briugt, den Essig etwa mit Hilfe eines sogenannten Inhalations-Apparates oder einer modernen Räucherungslampe, sind wenig umständ­lich, nicht kostbar und können viel nützen.

Für den unglücklichen Fall des wirklichen Ausbruches der Krankheit ist das unverweilte Abschaffen des Patienten und möglichste Besei­tigung des Kadavers und des betreffenden Mistes das einzig räthliche Mittel. Da aber auch die Vernichtung aller mit dem Patienten zusammen­gekommenen Wiederkäuer das sicherste Mittel zur Vernichtung des Seucheherdes ist, also im In­teresse der Gesammtheit liegt, so ist bei keiner andern Krankheit unserer Hausthiere die unmit­telbare Staatsfürsorge so am Platze, wie bei der Rinderpest. Deßwegen sollte kein Vieh­besitzer, wie es leider so häufig bei ansteckenden Thierkrankheiten geschieht, mit der Anzeige eines verdächtigen Falles bei der Polizeibehörde zö­gern, denn durch eine Verheimlichung bringt er sich bei einem größeren Viehstande nicht allein selbst den größten Schaden bei, sondern er be­lastet sein Gewissen mit einer ungeheuren Ver­antwortlichkeit gegenüber den benachbarten Vieh­besitzern und gegenüber dem ganzen Lande, für welche durch eine gewissenlose Verheimlichung ein unberechenbarer Schaden entstehen kann.

Bei keinen von allen den Kalamitäten, welche unsere Landwirthe betreffen können, wäre eine vom Staate eingeleitete Zwangsversicherung, die natürlich über das ganze Land sich verbreiten müßte, so zweckmäßig wie bei dem Auftreten der Rinderpest, bei welcher durch eine ausreichende Versicherung nicht bloß der Vortheil gewonnen wird, daß der Betroffene bei seinem Unglück vor Schaden und nach Umständen vor finanziellem Ruin bewahrt wird, sondern es wird namentlich bei der Aussicht auf Entschädigung der Betrof­fene sich weniger durch Rücksichten auf materielle Interessen verführen lassen, durch die natürlichen I Konsequenzen der Verheimlichung den Krankheits-