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Verfügungen konnten denselben keinen Einhalt thun. Dazu kam im Jahr 1828 das Bürger­rechtsgesetz, das die Gemeinden zwang, unter leicht zu erfüllenden Bedingungen jeden Bürger­rechtsbewerber aufzunehmen *). Noch leicbter ge­macht war die Niederlassung Solchen, die durch Geburt einer Gemeinde angehörten. Im Jahr 1833 wurde diesem Gesetz nur noch beigefügt, daß von den Gemeinden über die Niederlassung eines Bewerbers nach den verschiedenen persön­lichen und örtlichen Verhältnissen in jedem ein­zelnen Falle zu entscheiden sei Dieses Gesetz konnte die Verheirathung Unbemittelter nicht ver­hindern, bewirkte vielmehr die Leichtigkeit der Niederlassung, die Vermehrung der landbauenden Bevölkerung und die immer mehr fortschreitende Zerkleinerung des Grundbesitzes.

Einzelne Stimmen erhoben sich schon frühe gegen die fortdauernde Zerstückelung der Güter und es fehlte nicht an zahlreichen Beispielen für die Nachtheile derselben. Endlich wurde im Jahre 1853 ein Gesetz gegen die Hosmetzgerei erlaffen, nachdem im sogenannten Jndengesetz vom April 1828 schon einige Beschränkungen des Güterhandels der Juden festgesetzt waren. Nach erstercm Gesetz darf der Käufer eines 10 Mor­gen großen Gutes aus Einer Hand sogleich nur V 4 und nach 3 Jahren erst den Rest verkaufen. Allein auch dieses Gesetz zeigte sich wirkungslos, indem nur in anderer Form als früher von jetzt an der Güterhandel betrieben wurde. Es gerircn sich nämlich die Hofmetzger als bevoll­mächtigte Verkäufer des vieljährigen Besitzers und verkaufen in dessen Namen, während sie doch in der That durch eben vollzogenen gehei­men und durch Nebenverträge gesicherten Kauf neue Besitzer geworden sind. Gegen die Zer­stückelung kleinerer Güter, als solche von zehn Morgen, ist das Gesetz überhaupt gar nicht ge­richtet.

Es bestehen zwar in Württemberg rechtliche Mittel, ein geschlossenes Gut zu erhalten: durch Bestimmung der Erbfolge, der Erbtheilung und durch Fideikommisse; allein die Anwendung dieser Mittel ist durch Formalitäten so erschwert, daß tatsächlich Niemand Gebrauch davon macht. Der einzige noch wirkende Schutz gegen diese Zer­stückelung in Neuwürttemberg ist die Volkssitte, die dem ältesten oder jüngsten Sohne das ge­schlossene Gut um einen ermäßigten Preis über­läßt und ihn verpflichtet, den übrigen Geschwi­stern ihren Antheil am Erbgut auszuzahlen. Allein unter dem Einflüsse der landrechtlichen gleichen Erbtheilung und der einleuchtenden Billigkeit dieses Prinzips schwächt sich jene Sitte immer mehr ab, oder wird gar nicht mehr ge­übt, indem dem ältesten Sohne das Gut zu theuer und zu belastet überlassen oder geradezu vollkommen gleich getheilt wird. So wird unter dem Einflüsse solcher Erbtheilung bald der alte Gegensatz zwischen den beiden bezeichnten Lan- destheilen vollends verschwunden sein.

In Altwürttemberg sind wir bereits zu einer großen Zahl von Zwergwirthschaften gelangt.

*) Diese Bedingungen sind die Nachweisung eines crmögens von',: 1000 st., 800 fl-, 600 fl., je nach der lasse, der die Gemeinde angehört, und der Nachweis r landwirtschaftlichen Befähigung

die im Jahre 1848 zu der vcrhängnißvollen Katastrophe führten, die Jedermann bekannt ist. Durch die Gunst der 50er und 60er Jahre sind freilich die Spuren jener Zeit wieder verwischt und die Zwergwirthschaften scheinen ganz erträg­lich, aber nur, um bei der nächsten Krisis um so sicherer znsammenzubrechen.

Nach den neuesten Erhebungen *) kommen in Württemberg im Durchschnitt 2,35 Morgen von der landwirthschaftlich benützten Fläche auf Ei­nen Einwohner, was an sich nicht ungünstig ist; allein die Vertheilung des Grundbesitzes ist sehr ungleich, wie folgende Tabelle zeigt, die aus den Württembergischcn Jahrbüchern" von 1857 ent­lehnt ist.

RegierungSkrcise.

M5 M

rung.

Neckarkreis . . Schwarzmaldkreis Jaxtkreis . . . Donaukreis . .

Proccnt.

28,67

35,00

21,05

24,20

WO.

Gesammt- zahl dcr Grundci- genthümer

Proccnt. 3 1,69 20,00 20,33 18,98 WO.

Landwirtb

schaftlich

benützte

Fläche.

Proccnt.

17,81

21.40

26.40 34,30

100 .

Die bevölkertsten Gegenden haben demnach den geringsten Antheil an der landwirthschaftlich benützten Fläche, die wenigstbevölkerten den größten, worin sich der alte Gegensatz von Alt- und Neuwürttemberg, trotz der oben bezeichncten nivellirend wirkenden Umstünde, immer noch aus­spricht.

Die Zahl der Grundeigenthümer in ganz Württemberg beträgt 330,000. Bon diesen sind aber nur 150,000eigentliche Landwirthe und Bauern" und 180,000Nichtlandwirthe." Dieses Verhältniß ist für Württemberg charakteristisch. DieNichtlandwirthe" sind hauptsächlich Ge­werbetreibende in den Dörfern und Landstädten, die neben dem für ihren Unterhalt unzureichen­den Gewerbe einen kleinen Grundbesitz haben. Sogar Dienstboten und Arbeiter sind grund­besitzend, die entweder vom zerstückelten väter­lichen Gute einen Acker geerbt oder durch Er­sparnisse im In- oder Auslande ein Grundstück sich erworben haben, um die Bedingungen der Niederlassung erfüllen zu können. Die hohen Güterpreise und der leichte Verdienst der letzten Jahre haben es leicht gemacht, den Vermögens­nachweis zur Niederlassung zu liefern.

*) Das Königreich Württemberg l863. S.428 u. f (Fortsetzung folgt.)

Frankfurter Eourse vom 6. Okt. Gcldsorten.

Pistolen.9 fl. 41 - 43 kr.

Friedrichs'dor.9 fl. 57'/, 58(Ir.

Holländische 10 fl.-St. . 20-Frankenstückc . . .

Dukaten.

Englische Sovereigns Preußische Kassenscheine Gold p. Pfd. fein . . Hochhaltig Silber p. Pfv. fein

9 fl. 46 - 47 kr.

9 fl. 22 - 23 kr.

5 fl. 32 - 34 kr.

11 fl. 46 - 49 kr.

1 fl. 44V«- 45-/«kr.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Mceh in Neuenbürg.