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eines Zusammengehens Mt Preußen, so lange dessen Machthaber statt einer freisinnigen und deutschen Politik die Gewalt und Vergrößerung verfolgen, wir verwerfen sie als Abfall von den deutschen Bundesgenossen und als verstärkte Ge­fährdung der Integrität Deutschlands, sofern dadurch Preußen die Möglichkeit gegeben wird, sein Machtgebiet noch weiter in Deutschland aus- zudehneu und sich mit den entsprechenden ge­steigerten Ansprüchen Frankreichs durch weitere Abtretung deutschen Bodens abzufinden.

Die Redner für die von den Einladenden vorgelegten Resolutionen hoben hauptsächlich her­vor, daß ein Bund, wie ihn Napoleon nach den neuesten Nachrichten vorzuschlagen beliebe, für Deutschland die höchste Gefahr bringen müsse, weil er nicht die Macht in sich finden würde, weitere Uebergriffe Frankreichs abzuweisen, daß man deshalb um jeden Preis den inneren Bruder­krieg beseitigen müsse, um dem unberufenen Ver­mittler geschlossen entgegentreten zu können, daß es sich jedoch schon aus strategischen Gründen nicht davon handeln könne, unsere Truppen so­fort zurückzuziehen, sondern lediglich um Einlei­tung diplomatischer Unterhaltungen zu Herbei­führung einer Verständigung zwischen den Re­gierungen der südwestdeutschen Staaten im Sinne eines möglichst bald zu erreichenden Friedens, daß Oesterreich durch Anrufung der Vermittlung Frankreichs einen Verrath an der deutschen Sache und am gesammten deutschen Vaterlande be­gangen habe, und es sich deshalb nicht mehr davon handeln könne, einen treuen deutschen Bundesgenossen zu unterstützen, daß der deutsche Bund und mit ihm das seitherige Bundesrecht aufgehört habe zu existiren, und ein neuer Bund mit einem neuen Rechte geschaffen werden müsse, was nur unter Mitwirkung Preußens geschehen könne, endlich daß uns nur die Wahl gelassen sei, mit Frankreich gegen den Norden zu mor­schsten, um Preußen niederzuwerfen, oder die Grundlagen der preußischen Friedensvorschläge anzunehmen, und daß wir deshalb unter zwei liebeln eben das geringere wählen müßten.

Die Vertheidiger des Programms der Volks­partei führten für sich an, Oesterreich sei, nach­dem Feldmarschall Gablenz mit dem Anträge auf Waffenstillstand zurückgewiefen worden sei, gezwungen gewesen, den verhängnißvollen Schritt zu thun, der eigentliche Verräther am deutschen Vaterlande sei Graf Bismarck, der schon in Biarritz geheime'Mterhandlungen mit Frankreich gepflogen, der ein'Bündniß mit Italien gegen Deutschland geschlossen und nun Oesterreich mit Gewalt in die Arme Frankreichs getrieben habe; es wäre kein geringerer Verrath am deutschen Vaterlande, wenn man Oesterreich und mit ihm 10 Mill. Deutsche ausschließen wollte, man würde, wenn man sich sofort Preußen unterwerfen wollte, ge­rade eine Einmischung Frankreichs herbeiführen, das traditionell gegen eine weitergehende Kräfti­gung Preußens sei; überhaupt ständen wir auf Seiten des Rechts, und dieses sei nicht zum Un­recht geworden, weil der Sieg es einige Augen­blicke verlassen habe; eine Unterwerfung unter das Bismarck'sche System käme einem Aufgeben jeder freiheitlichen Entwickelung für alle Zeiten gleich. Eine Abstimmung über die beiden Pro­gramme wäre wohl kaum möglich gewesen und

würde sicherlich kein reines Resultat ergeben haben. Da machte schließlich Th. Lesching den Vorschlag, den am meisten angefochtenen Punkt 3 der Resolutionen der Einladenden fallen zu fassen. Hölder nahm diesen Vorschlag an und Oesterlen erklärte im Namen der Volkspartei, infi Interesse der Einmüthigkeit der Beschluß- lassung die Resolutionen dieser Partei zurück- zunehmen und sich Punkt 1 und 2 des Pro­gramms der Einladenden anzuschließen. Diese Punkte 1 und 2 (Einmischung Frankreichs: Main­lüne und Rheinbund) wurden hierauf mit einer nahezu an Einstimmigkeit grenzenden Mehrheit angenommen. (S. M.)

* Langenbrand, 16. Juli. Der heutige Tag wird noch lange ein Tag schmerzlicher Er­innerung unter uns bleiben, denn er hat eine Familie von uns getrennt, die nahezu 38 Jahre mit uns verbunden war und auf die wir alle­zeit mit aufrichtiger Hochachtung und ungetheil- ter Liebe geschaut haben. Die Hinterbliebenen unseres im October verstorbenen Herrn Pfarrers Fr au er sind nämlich heute nach Rottenacker, O.-A Ehingen, abgezogen, wohin der älteste Sohn, uns er vieljähriger verehrter Vikar und Pfarr- verweser, Herr FerdinandFrauer, als Pfarrer ernannt ist Was wir in guten und bösen Tagen an dieser Familie, sei's in amtlicher oder privater Beziehung hatten, das bleibe hier unerörtert; wir wissen es und werden's so bald nicht vergessen. Von wohltönen­den Abschiedsreden oder vollklingenden Trink­sprüchen können wir nichts erwähnen, ebenso haben wir es unterlassen, in vielgelesenen Blättern einen prunkhaftenNachruf" zu thun; aber aus den stillen Thränen, die von Jung und Alt ge­weint werden, aus jedem Gruß und Blick tönt es wehmüthig heraus fast wie jenes:Bleibe bei uns " Wir haben gerne das Unserige ge- than, dies Bleiben möglich zu machen, aber unser Wünschen und Streben mußte dienstlichen Rücksichten weichen. Es bleibt uns daher nur übrig, die liebe scheidende Familie mit den besten Segenswünschen zu beglei­ten und ihr Andenken in dankbarem Herzen zu bewahren

Frankfurt a. M., den 15. Juli 1886.

Börsenbericht.

Die Hoffnungen auf einen Waffenstillstand blieben, wie wir voraussahen, unerfüllt, entscheidende Erfolge find verflossene Woche ans beiden Seiten nicht vorgekom- mcn. Was die Börse anbelangt, so war solche minder­belebt als in der letzteren Zeit, da Aufträge augenblick­lich weniger zahlreich einlaufen und das Publikum mit leicht erklärbarer Spannung ven nächsten Ereignissen un- thätig entgegcnsieht. Oester. Fonds erlitten unter diesem Eindrücke eine ziemliche Einbuße, 1860er Loose 57-56. National 47V446, Credit-Actien 123118, 1864er Loose 5453'/4, Bank-Actien 625612, 1854er Loose 50.

Weniger Veränderungen haben Amerikaner aulzu- weiscn, welche von 18^V- sich bewegten, trotz ziem­licher Verkäufe der New-Iorker Arbitrage werden Bonds willig angenommen, da das Capital sich stark nach Ame- nka Züchtet.

Ocstr. Staatsbahn Priorit. 45, Lombardische 42'/-, Darmstädter Bankaktien 193. Russen 78.

Bon süddeutschen Fonds 4°/» Bapr. Grundrenten 84, 4'/- Württcmberger 90, 3V- Badener 77, Bayrische Ostbahn 109, 4V- Preußen 92. , « . , ^

Wiener Wechsel weisend auf erneuerte Ausgabe von Staatsnotcn 8784^- National-Coupons 25. 49. Amc- rik. Gold-Coupons 2. 15'/»- . ^ -

Rudolfs-Loose fl. 12, Badcsche fl. 35 Loose 50, Ans­

bachs 9^^Mgsburg^fü5^j^Menheimer^5

^Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Neuenbürg.