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in Beziehung auf die Beurtheilung eines Grundes zur Befreiung, Zurückstellung oder Entbindung von der Landwehrpflicht anzusehen ist.
8 - 6 .
Dem Eintritt der gesummten auf gerufenen Mannschaft in den Dienst geht ein Musterungsverfahren voran, worüber der Oberrekrutirungsrath das Erforderliche verfügen wird.
8 - 7 .
Wer ohne genügenden Entschuldigungsgrund an dem anberaumten Termine nicht erschienen ist, wird, wenn er sich noch innerhalb der ersten dreißig Tage nach dem Termine stellt, wegen Ungehorsams, je nachdem er bei der Nachvisitation untüchtig oder tüchtig erfunden wird, im erstell Fall mit einer Geldstrafe bis zu fünfzehn Gulden oder mit Gefängniß bis zu acht Tagen, im zweiten Falle mit Gefängniß von acht bis zu vierzehn Tagen, nach Ablauf der ersten dreißig Tage aber wegen Widerspenstigkeit mit Kreisgefängniß bis zu drei Monaten gestraft. Ueberdieß wird das Vermögen der widerspenstigen Landwehrpflichtigen, auch wenn es erst während ihres strafbaren Zustandes angefallen ist, mit Beschlag belegt und nicht eher freigegeben werden, bis nach der Zurückkunft des Abwesenden die in Absicht auf seine Person zu treffende Verfügung in Vollzug gesetzt oder bis nach seinem Ableben oder Todeserklärung das Recht der Erbfolge eingetreten ist.
8 - 8 .
Als entschuldigt wird betrachtet, wer darzu- thun vermag, daß er durch Ursachen, welche von seinem Willen unabhängig waren, an zeitiger Erfüllung seiner Landwehrpflicht gehindert war, vorausgesetzt, daß er nach Beseitigung dieses Hindernisses nicht versäumt hat, den Forderungen des Gesetzes alsbald Genüge zu leisten.
Die Behauptung, den öffentlich bekannt gemachten Termin nicht gekannt zu haben, gereicht einem Landwehrpflichtigen nur dann zur Entschuldigung, wenn er vor diesem Aufruf mit Paß oder Wanderschein versehen ins Ausland sich begeben und zur Zeit des Aufrufs zum Landwehrdienste in einer Lage sich befunden hat, von der anzunehmen ist, daß selbst die allgemeine Vorladung nicht zu seiner Kunde gelangen konnte.
Stuttgart, den 21. Juni 1866.
K. Ministerium des Innern. K. Kriegsministerium.
Geßler. Hardegg.
Oberrekrutirungsrath. Vorladung der zur Verfügung gestellten landwehrpflichtigen Mannschaft der dritten und vierten Altersklasse des ersten Aufgebots.
Unter Beziehung auf den von den K. Ministerien des Innern und des Kriegswesens erlassenen Ausruf vom heutigen Tage ergeht hiermit an die landwehrpflichtige Mannschaft der dritten und vierten Altersklasse des ersten Aufgebots, und zwar an diejenigen Jünglinge, welche
1) unmittelbar nach Erfüllung ihrer Militärpflicht in den Jahren 1865 und 1866 für die zwei ersten Jahre ihrer Landwehrpflicht einen Ersatzmann gestellt haben,
2) an die in den Jahren 1842 und 1843 geborenen jungen Männer, welche bei der Aushebung von 1863 und 1864 — ohne für die
ersten zwei Jahre ihrer Landwehrpflicht einen Ersatzmann gestellt zu haben,
a) mit der Einreihung verschont geblieben sind, oder
d) einen Ersatzmann im aktiven Heere gestellt haben, ferner an diejenigen, welche
3) erst nach der Aushebung der Altersklasse, der sie als Inländer angehört hätten, eingewandert sind, sowie
4) an die Aus- und Wiedereingewanderten, welche ihrem Lebensalter nach den aufgerufenen Altersklassen angehören, soweit sie nicht im aktiven Heere dienen, und endlich
5) an diejenigen, welche vor beendigter Dienstzeit entlassen worden sind und zu diesen Altersklassen gehören,
die allgemeine Aufforderung, unverzüglich und längstens bis zum 30. Juni in demjenigen Oberamtsbezirke, welchem sie als militärpflichtig bei der ordentlichen Aushebung angehört haben, sich persönlich einzufinden und bei ihrem Ortsvorstande zu melden.
Ansprüche auf Befreiung, Entbindung und Zurückstellung vom Landwehrdienste sind unter Vorlegung der erforderlichen Beweisurkunden vor oder am Musternngstage, spätestens aber innerhalb der darauf folgenden drei Tage geltend zu machen.
Spätere Anmeldungen bleiben unberücksichtigt.
Die Musterung der landwehrpflichtigen Mannschaft wird in den sämmtlichen Oberamtsbezirken den 3. Juli vorgenommen.
Bei dieser Verhandlung haben die landwehrpflichtigen jungen Männer der aufgerufeneu Altersklassen persönlich bei Vermeidung der im Gesetze angedrohten Rechtsnachtheile zu erscheinen.
Erlassen ist das persönliche Erscheinen nur solchen Landwehrpflichtigen, welchen der Bezirks- rekrutirungsrath schon vor der Musterung
a) Befreiung auf den Grund des Art. 5 des Kriegsdienstgesetzes,
b) Entbindung auf den Grund des Art. 60, oder
o) Zurückstellung nach Art. 2 des Gesetzes
vom 21. März 1861 zuerkannt hat.
Landwehrpflichtigen, die sich beschwert erachten, stehen dieselben Rechtsmittel, wie den Militärpflichtigen, zu.
Stellvertretung im Landwehrdienste ist zulässig, es muß aber das Einstellen des Ersatzmannes in den ersten acht Tagen nach Einberufung der Mannschaft geschehen.
Die Bedingungen des Einstandsvertrages sind der Privatübereinkunft überlassen und hat der Einsteller, ohne Rücksicht auf die Größe der bedungenen Einstandssumme, eine Kaution von 500 fl. in baarem Gelde bei der Oberamtspflege seines Bezirks zu hinterlegen.
Der Stellvertreter muß die allgemeinen Ein- steher-Eigenfchaften (Art. 75) besitzen, nicht mehr landwehrpflichtig und nicht über 38 Jahre alt sein, es sei denn, daß er zuvor sechs Jahre im Militär gedient, in welchem Falle derselbe, wenn er das 40. Jahr nicht überschritten hat, auch wenn er selbst noch im dritten Aufgebot pflichtig ist, als Einsteher zugelassen wird.
Stuttgart, den 21. Juni 1866.
Schall.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Neuenbürg.