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Beilage zum Grrzthäler Nro. LV.
Samstag, den 16 . Juni 1866 .
Kronik.
Deutschland.
Frankfurt, 14. Juni. Bundestagssitzung: Die Mobilmachung wurde mit 9 gegen 6 Stimmen beschlossen. Preußen erklärte den Austritt aus-dem Bunde. Savigny (der preußische Gesandte) übergibt die neuen Bundesreformvorschläge und verläßt die Sitzung. Für den Antrag'stimm- ten: Oestreich, .Bayern, Württemberg, Sachsen, Hannover, Kurhessen, Großherzogthum Hessen, Nassau, 16. Kurie. Baden enthält sich der Abstimmung,
Frankfurt, 14. Juni. Aus der Bundes- tagssitznng. Nach gefaßtem Beschluß und nach Abgabe der preußischen Erklärung nimmt das Präsidium Bezug aus den kompetenzmäßig gefaßten Beschluß, und erklärt, daß nach Art. 1 der Bundesakte und 5 der Wiener Schlußaktie der Bund ein unauflöslicher Verein sei, auf dessen ungeschmälerten Fortbestand Deutschland und jede Regierung ein Recht habe, daher auch die Bundesversammlung ihre Thätigkeit fortsetze; er pro- testirt im Namen des Bundes gegen den rechtlich unzulässigen und faktisch' unbegründeten Schritt Preußens. Obstreich zeigt ferner an, daß seine drei Korps marsch- und schlagfertig seien.
(S. M.)
Die „Jllustr. Dorfztg." macht den Witz: Also „Württemberg", das ist der eigentliche Friedensstörer. Bismarck hat's gesagt und es muß also auch wahr sein, daß die kampflustigen Schwaben mit ihren blutdürstigen Rüstungen hauptsächlich Schuld daran sind, daß das friedfertige Preußen ans seiner idyllischen Ruhe aufgeschreckt und gezwungen worden ist, auch ein wenig zu rüsten, nur um sich seiner Haut zu wehren, und ohne Zweifel ist es auch die Angst vor den Württembergern, die das schüchterne Preußen in die Arme der Italiener gejagt hat. Ein wahres Glück, daß „Lichten st ein" nicht auch noch gerüstet hat, ein Bündniß mit Frankreich wäre dann für das arme verfolgte Preußen unvermeidlich gewesen. — Um Schwabenstreiche zu machen, braucht man übrigens nicht gerade ein Schwabe zu sein. —
Englische Blätter versichern, Königin Viktoria sende jeden'Morgen ein Telegramm an den König von Preußen ab, welches nur die vier Worte enthält: „Möge Gott Sie erleuchten!" — Zur Abwechslung könnte sie auch nach Wien telegra- phiren.
Württemberg.
Gesetze betreffend den Ausruf zur Landwehr.
Karl,
von Gottes Gnaden,
-König von Württemberg.
In Erwägung der gegenwärtigen Zeitverhältnisse und für die Dauer derselben verordnen und verfügen Wir, nach Anhörung Unseres Geheimen Raths und unter Zustimmung Unserer getreuen Stände, wie folgt:
Artikel 1.
Die zwei ersten Aufgebote der Landwehr werden für den in Art. 10 des Gesetzes vom 22. Mai 1843, über die Verpflichtung zum Kriegsdienst, vorgesehenen Fall zur Verfügung gestellt und eintretenden Falls nach Bedürfniß zum Dienste aufgerufen.
Dieselben können indessen noch vor Eintritt jenes Falls zu Waffenübungen zeitweise versammelt werden.
Artikel 2.
Ansprüche auf Befreiung, Entbindung und Zurückstellung vom Landwehrdienste (Art. 5. 60 des Kriegsdienstgesetzes und Art. 2 des Gesetzes ^ vom 21. März 1861) sind vor oder am Musterungstage, spätestens aber innerhalb der darauf folgenden drei Tage geltend zu machen.
Spätere Anmeldungen bleiben unberücksichtigt.
Artikel 3.
Als Normaltag (Art. 30 des Kriegsdienstgesetzes) in Beziehung auf die Beurtheilung eines Grundes zur Befreiung, Zurückstellung oder Entbindung von der Landwehrpflicht ist der Tag anzusehen, an welchem das Kriegsministerium die allgemeine Vorladung zur Landwehr (Wt. 64 des Kriegsdienstgesetzes) erläßt.
Unsere Ministerien des Innern und des Kriegswesens sind mit der Vollziehung dieses Gesetzes beauftragt.
Gegeben Stuttgart, den 13. Juni 1866.
Karl.
Der Minister des Innern: Geßler. Der
Kriegsminister: Hardegg. Auf Befehl des
Königs: der Kabinets-Chef: Egloffstein.
Ferner bringt der Staats-Anzeiger das Gesetz, betreffend die Bestreitung des Aufwands für außerordentliche Militärbedürfnisse, durch welches 7,700,000 fl. zur Verfügung gestellt werden.
Der Staats-Anzeiger bringt eine Verfügung des Finanzministeriums, betreffend die Abänderung des Steuersatzes für das zur Branntweinbereitung verwendete Grünmalz.
Stuttgart, 4. Juni. Zu Wildberg konnte vergangenes Jahr eine Stiftung ins Leben treten, welche die Bestimmung hat, „alten, armen, erwerbsunfähig gewordenen Landesangehörigen ohne Unterschied der Confession eine Zu-