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Auslan d.

Von Antwerpen und Liverpool sind traurige Berichte über den Ausbruch der Cho» lera auf Auswandererschiffen eingelangt. Viele Schweizer sollen dadurch, betroffen werden.

In Italien spuckt's und tobt's und alle Geister sind lebendig und drängen unaufhaltsam zu dem Krieg gegen Oesterreich. Einmal ist der alte Haß der Italiener gegen ihren Erb. feind noch um kein Haar breit kleiner gewor­den seit 1859 und dann ist der Nationalst»!; gewachsen und sträubt sich Tag für Tag mehr, Veneiien in den fremden Händen zu sehen und endlich schürt und hetzt der Bismarck, dem es nicht darauf ankommt, Italiener und Franzosen gegen Oesterreich zu Hilfe zu rufen. Aber was wird Europa, was wird vor Allem Na> poleon dazu «sagen? denken die Italiener und machen es dem Meister Bismarck nach. Sie stellen ihre Rüstungen dar, lediglich als Folge der österreichischen Bedrohungen, von denen allerdings kein Mensch bis jetzt etwas gemerkt hat, und den Ocsterreichern ist es wahrhaftig nicht um's Drohen und sie wären froh, man ließe sie ruhig ihrem friedlichen Ende zuhinken, sie brauchen keinen Krieg dazu. Es ist ent­schieden auf einen Hauptschlag gegen Oester­reich abgesehen von allen Seiten.

Miszellen.

M aikäfer.

Da das Jahr 1866 ein sogenanntes Flug­jahr für die Maikäfer sein wird, so bemühen sich die landwirthschaftlichen Vereine und Freunde des Landwirths überhaupt, in den öffentlichen Blättern und durch besondere Abhandlungen und Flugschriften zur eifrigsten Vertilgung die­ser schädlichen Insekten aufzufordern.

Die Maikäfer haben, wie bekannt, zu ihrer Entwickelung meistens drei volle Jahre nöthig, und in dieser Zwischenzeit richten sie, als Engerlinge von einigen Linien bis über 1 Zoll Länge, beinahe noch größere» Schaden an, als die vollkommenen Maikäfer, welche im Frühling des vierten Jahrs erscheinen. Nähren sich doch die Engerlinge fast nur von Wurzeln, wodurch sie das Absterbcn einer weit größeren Masse von Pflanzen verursachen, als ihre Nah­rung selbst ausmacht, und gleichwohl verzehrt nach angestellten Versuchen ein einziger Enger­ling vom Ei bis zum Flug des Maikäfers mindestens 2 Pfund dieser Nahrung! Allein die Engerlinge sind nur schwer in großen Mas­se« zu vertilgen und jedenfalls unverhältmäßig schwerer, als die Maikäfer selbst. Die Flug­zeit der letzteren bietet daher eine sonders gün­stige Gelegenheit zur Verminderung dieser ver­derblichen Insekten und ihrer Larven.

In der neuen Folge seiner kleinen Schrif­ten (Berlin Franz Dunckcr) hat David Fried­rich Strauß dem Andenken seiner Mutter ein paar schöne Blätter gewidmet. Ueber ihre Re­ligion heißt cs darin:Das Mittel, wodurch sie für sich aller Kümmernisse, aller Bestim­

mungen Meister wurde, war unausgesetzte Pflicht« mäßige Thätigkeit, verbunden mit dem festen Glauben an eine weise und gütige Vorsehung, welche, sofern nur der Mensch nach Kräften das Seinrge thut, zuletzt Alles wohl machen werde. Darin bestand im Grunde auch ihre Religion. Es war eine Religion des gewissen­haften Handels auf der einen, des gläubigen Vertrauen auf der andern Seite. Ganz ab« weichend verhielt sich in diesem Stücke der Va­ter. Ihm genügte diese Religion nicht, weil er ihr nicht genügte. Er mußte sich mit dem pflichtmäßigen Handeln so sehr in Nest, daß er nvlhwendig etwas außer ihm haben mußte, das in die Lücke trat. Das war der Versöh- ^ nungstod Christi, auf dessen sündentilgende Kraft er sich verließ. Ihm wurde cS leichter, ein für allemal felsenfest zu glauben, als jeden Tag von Neuem den Kampf mit seinen Nei­gungen und Leidenschaften zu beginnen. Die Mutter machte sich über daS Geschleppe von Glaubenssätzen lustig, mit dem er sich behänge, während ihr Glaube so kurz und einfach bei­sammen sei. Christus, über dessen göttliche Natur, dessen geheimnißvollen göttlichen Namen, dessen wellerlösenves Opfcrblut er sich in dü­steren Spekulationen erging, war der Mutter ein weiser, gottgesendeter Lehrer, ein tugend­hafter Mensch, dessen Märtyrthum uns aber nichts helfen konnte, wenn wir nicht seinen Lehren nachlebten, seinem Beispiele folgten."

Das große

Wir glauben All' an Einen Volt" re.

Von Kirchenrath vr. Wohlfahrt.

Schwerlich kann ein Gesang im Tempel die Herzen tiefer fassen, inniger ergreifen und mächtiger empor- heben als dieses christliche Bnndeslied des ehrwürdigen Ur. Martin Luther.

Um so schmerzlicher fühlt man sich berührt, wenn man in das Leben zurückblickt und die hier fort und fort sich weiter spinnenden Kämpfe und Wirren ausdem Gebiete der heiligen Wissenschaft und der Kirche selbst.

Wie? hat der Herr umsonst gesagt:es wird Eine Heerde und Ein Hirte sein?" hat der alte Kir­chenvater mit Unrecht gemahnt: In neoessai-iis unit»s, in Nudiis lidertas, i» omnibus oaritns (Im Nothwen- digen Einheit, im Zweifelhaften Freiheit, in Allem Liebe)? Ist wirklich eine höhere Einheit im Bckenntniß ein Phantom erhitzter Gemüther, ein ichöner Winter- oder Sommernachtstraum, eine kma, moi-<Lnn. unserer in Allem überschwenglichen Zeit.

Fast möchte man versucht werden, dies zu meinen. Und doch wieder mahnt der Geist, der über dem Wellenschläge auch unserer Tage schwebt: Machet nur die Thore weit und die Pforten hoch genug! Bauet nur den Tempel nicht zu eng und schaffet Raum in den heiligen Hallen für alle und jede besondern Anschauungen in den Neben­fachen, in der Religion und im Christenthume, lasset nur ab von der Engherzigkeit aller menschlichen Spmbole und erkläret laut für Christen, für Brü­der Alle, welche sich zum Glauben an Gott Tu­gend und Unsterblichkeit (diese höchste Drei­heit im Evangelium) und einem diesem Glauben ge­mäßen Wandel in Christus und nach Christus bekennen; und diese Einheit, diese himmlische Harmonie ist vorhanden, und das Bundeslied er­füllt nicht bloß alle christlichen Tempel, sondern auch die Herzen Aller, die ihn kennenl

(Mit einer Beilage.)

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Me eh in Ne neu bürg.