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Aronik.
Deutschland.
Frankfurt a. M., 9. April. In heutiger DundeStagssitzung überreichte Preußen einen Antrag auf Bundesreform. Der Antrag, von dem notorischen Reformbedürfniß ausgehend, auf die Prinzipien hindeutend, welche -Preußen bereits in Folge des Fürsten-Kongres- ses als noihwendige Grundzüge der Reform bezeichnet habe, lautet: Eine aus direkten Wahlen und allgemeinem Stimmrecht hervorgehende Versammlung für einen noch näher zu bestim« wenden Tag einzuberufe», um die Vorlagen der deutschen Negierungen über eine Reform der Bundesverfassung entgegenzunehmen und zu be- rathen, in der Zwischenzeit aber bis zum Zusammentritt derselben, durch Verständigung der Regierungen untereinander, diese Vorlagen festzustellen.
Karlsruhe, 4. April. Man spricht jetzt aller Orten in Deutschland von bevorstehenden Mobilmachungen. Da dürfte es nicht überflüssig sein, daran zu erinnern, daß in Baden die Mobilmachung des Jahres 1859 bis 2V- Mill. kostete, und daß voraussichtlich, wenn jetzt abermals eine solche traurige Nothwendigkeit einträte, unser ganzes außerordentliches Budget, d. h. die sämmtlichen außerordentlichen Wasser-, Straßen- und sonstigen Bauten, die Ausbisse- rung der armen Volksschullehrer, die Einführung des dreijährigen Seminarkurses und so manche andere nützliche Maßregel, für die nächsten 2 Jahre aus Mangel an Mitteln würde unterbleiben müssen. Gott erhalte uns die Segnungen des Friedens!
Württemberg.
Nach einer Bekanntmachung der k. Eisen- bahndirection hat das k. Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten genehmigt, daß zu geschäftlichen Ankündigungen die Eisenbahnwagen dritter Classe nach besonders festgcstell- ten Normen benützt werden. Die Einnahme« Ueberschusse aus dieser neuen Einrichtung wer- den der Unterstützungscasse für die niederen Diener der Berkehrsanstalten überwiesen. Die Plakate dürfen zweierlei Form haben; das kleinere entrichtet für ein Jahresabonnement 42 fl-, das größere 84 fl.
Auf der am Ostermontag in Eßlingen abgehaltenen Schützcnversammlung sind erfreulicherweise die seit mehreren Jahren zwischen den Schützen unseres Landes bestandenen Diffe- renzen ausgeglichen worden. Die Mitglieder des „schwäbischen Schützenbundes" und des „württembergischen Landesschützenvereins" haben dort, nach schon seit längerer Zeit zu diesem Zweck geführten Unterhandlungen, sich die Hand zur Wiedervereinigung gereicht und einen „würt- tcmbergischen Schützenbund" gegründet. In den Statute^ desselben ist unter anderem als Zweck des Bundes namentlich auch die eventuelle Heranziehung der jüngeren Mannschaft zur Lan- desvertheidigung angegeben. Neben einem 17 Mitglieder zählenden Ausschuß vertritt ein aus 7 Mitgliedern bestehender Vorstand die Inte- ressen des Bundes am jeweiligen Vorort. Zu letzterem wurde für das erstemal die Stadt Ulm bestimmt.
*** Wildbad, 9. April. Die Eisenbahn- Arbeiten haben vor ca. 14 Tagen in der Nähe des sogen. SilberbukelS unterhalb der Papierfabrik begonnen, und werden Erdfuhren mittelst Rollwagen auf Schienen lustig weiter befördert, wodurch solche, die noch nicht über die Markungsgrenze gekommen sind, einen kleinen Begriff einer Eisenbahn bekommen. Wie wir vernehmen, haben zwei preuß. Unternehmer, die auch im Odenwald Eisenbahnbauten ausgeführt haben, die ganze Strecke Pforzheim-Wildbad zur Ausführung übernommen. — Vorgestern war auch Minister Renner hier, um wegen den auszuführenden Badbauten Kenntniß zu nehmen. — Gegenwärtig wird von Professor Köhler ein definitiver Stadlbauplan auf Ge» meindckosten ausgenommen, um einmal eine Ordnung in die Straßen zu bringen.
Für die Erbauung einer neuen katholischen Kirche sind bis jetzt 82,000 fl. ersammelt worden; es ist Aussicht vorhanden, daß durch die Güte Sr. Maj. des Königs die katholische Kirchengemeinde Stuttgart einen Bauplatz erhalten werde, der am Fuß der Anhöhe gelegen ist, welche die Silberburg trägt.
Aus Kochendorf theilt die „N. Z." die schwere Verletzung eines dortigen Feuerwehrmanns bei einer Probe mit, in Folge 40 Fuß hohen Sturzes durch Loslösung eines Hakens vom Steigseil.
Jcsuitismus und Ultramontanismus sind bekanntlich nachprotcstantische Erscheinungen und haben sich in ihrem Wahnwitz zur Lebensaufgabe gesetzt, ein welthistorisches Ereigniß, das ln der Logik der deutschen Sittengeschichte tief begründet war, ungeschehen zu machen. In ihren Augen ist die Reformation eine Ketzerei, ein Abfall von der Religion. Es ist daher eine Verläugnung der eigenen Confession, wenn Protestanten in den religiösen Kämpfen der Gegenwart mit den Jesuiten Hand in Hand gehen. Dies ist aber vielfach der Fall; in Baden, in der Pfalz, in Preußen u. s. w. bilden Ultramontane und Pietisten nur eine Gruppe gegenüber dem Protestantismus, der das ächt protestantische Prinzip freier Entwicklung festhält, und gegenüber dem Katholizismus, der mit dem blinden Glauben und der verdienstloscn Werk- Heiligkeit gebrochen hat. Diesem Protestantismus und diesem Katholizismus, die auf dem gemeinsamen Prinzip der modernen Cultur und Bildung beruhen, gehört die Zukunft unserer religiösen Entwicklung; die gesuchte deutsche Glaubenseinheit muß und wird sich auf dieser Grundlage finden, denn denkende Protestanten und denkende Katholiken glauben an Einen Gott. (S. S.)
Gold-Cours
dcrK. württemb.Staatskassen-Verwaltung, Stuttgart, de» 1. April 1866. Württemberg. Dukaten (Fester Cours) 5 fl. 45 kr Dukaten mit veränderlichem Cours . 5 fl. 35 kr
Preußische Pistolen. 9 fl. 55 kr
Andere ditto ......... 9 fl. 45 kr.
20 Franks-Stücke 9 fl. 26 kr.
Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Ne uenbiirg»