Wo die Wahrheit liegt

in dem Streit ver Stimme vom tinkseitigen Enzufer mit Herrn »r. Lutz in Neuenbürg, findet man allerdings im Enzihäler Nro. 88, 90 und 91 von 1865. Nur darf man nicht, wie Herr I)r Lutz neuestens geihan, aus den betreffenden Artikeln einzelne Worte her. auö reißen, sondern man muß die ganze Antwort wiedcrgeven, welche die Stimme vom linkseitigen Enzufer speziell auf die streitige Frage ertheili hat. Diese Antwort lautet nach Enzihäler Nro 90 Seite 401 wört­lich wie folgt:

Eine Zufahrtsstraße von der Schwanner Straße auS, aber nicht gerade vom Nie- gerSwasen, ist selbstverständliche Voraus, setzung. Eine Zufahrtsstraße ist auch bei dem Bahnhofprvjekt oberhalb der Stadt nicht unentbehrlich, wohl aber dort schwie­riger und jedenfalls kostspieliger. Ueber die Richtung ter Zufahrtsstraße ' habe ich vorerst nochmeine eige­nen Gedanken, verbunden mit der Hoffnung, daß der Staat, dieAmtskorporation u die einzel­nen Gemeinden beim Bau zusam- menwirken werden."

Wo ist in dieser Erklärung daS Verlangen einer «direkten" Zufabrt zum Bahnhof mit Umgehung von Neuenbürg" ausge­sprochen ? Offenbar ist, wie in den letzten Num- mern dcS EnzthälcrS behauptet wurde, die Frage von der Art der Zufahrt als eine O f. fene behandelt und zwar ganz absichtlich, weil man sie schon damals wie jetzt von der Betheiligung der Gemeinden beim Bau der sogen. Maisenthalstraße abhängig gemacht hat.

So und nicht anders habe jedenfalls ich als Einsender deS Artikels in Nr. 90 von 1865 es gemeint.

Also fehlgeschossen Herr Doktor!

Auch die weitere Ladung des Herrn Dok. torS und zumaligen Bürgerausschnß.ObmannS, gerichtet auf die Frequenz des Herrcnalder Post­wagens als Zielscheibe seines Spottes, ist nicht tief eingedrungen. Gerne überlaste ich der öffentlichen Meinung daS Urtheil noch darüber, was eines Bürgerausschußobmanns von Neuenbürg würdiger gewesen wäre: eine mit Neubenbürg gemeinschaftliche unter der schlechten Wegesbeschaf­fenheit leidende Pvstverbindung zu v er- höhnen, oder sich aufrichtig zu freuen, wenn von einem Verbündeten die Ursache der mangelnden Frequenz seit Jahren zu beseiti- gen gesucht wird.

Herrenalb. den 22. Febr. 1866.

Post-Verwalter:

Schultheiß Beutter.

Ein Wunsch in Betreff der Mobiliar- Feuer»Versicherungen.

(Eingesendet.)

Die Feuer-Vcrsicherungs-Gesellschasten mehren sich, aber in gleichem Maße auch die Feuersbrünste.

DaS ist eine auffallende, für den unbefangenen Beobachter aber höchst bedenkliche Sache! Kaum ist irgendwo ein Haus sammt seinem Inhalt abgebrannt, so heißts:es brennt bald wieder" und die Feuerreiter d. h. die rastlos umhcrreisenden Agenten

halten eine reiche Erndte, denn Viele, die bisher nicht versichert waren, beeilen sich nun angstvoll, ihre Mo­bilien und Effekten so hoch als möglich versichern zu lassen. Eben diese hoben Versicherungen aber find cs, die eine sehr bedenkliche Seite haben. Denn Jeder kann versichern, was er hat und was er nicht hat; er darf ja dem Agenten nur angeben, was er versichern will. Der Agent, ver sich's gewöhnlich in einem WirthS- haus bequem macht, kümmert sich gar nicht darum, ob die Angabe wahr oder nicht wahr ist; er geht auch nicht in das betreffende Haus, um nachzuschcn, ob die zur Versicherung angcmelveten Gegenstände wirklich vorhanden sind; in seinem Interesse liegt eS nur, mög­lichst viele und hohe Versicherungen zu bekommen; alio schreibt er Alles auf, was ihm angegeben wird, stellt einen Versicherungs-Schein aus und schickt ihn dem Ge­meinderathund dieser untcrschreibtihn in gutem Glauben, zwar nicht immer ohne einige Äußerungen der Ver­wunderung oder des Zweifels, aber im Vertrauen auf die Ehrlichkeit des Agenten, der keine unwahren Angaben machen werde, oocr auch aus delikaten Rück­lichter, um den F.-V.-Agenten, der vielleicht zugleich ein öffentliches Amt bekleidet und einen Zweifel oder Widerspruch übel aufnehmen würde, nicht zu beleidigen. Wo bleibt denn aber die Controle? und was soll man dazu sagen, wenn man hört, daß Versiche­rungen zu 600 fl-, 800 fl., 900 fl. u. s f. abgeschlossen Worden sind von Personen, deren gestimmtes Mobiliar keine 60 fl. oder 80 fl. u. s. f. Werth ist oder gar: für deren Krust," wie ein naiver Bauer sich aus­drückte,Niemand sechs Bazen geben würde". Für die Gebäudebrand-Vcrsicherungen bestehen beson­dere Schätzungs-Commissionen, die es sehr genau neh­men und nur den wahren und wirklichen Werth der Gebäude aufnehmen und nicht unter demselben bleiben; für die Mobiliar-Feucr-Versicherungen aber gibt cs keine Schätzungs-Commissionen, weil dieselben Privat- Anstalten sind. Und doch, Wenn einmal die Fahrniß in einem Hause brennt, namentlich Heu oder Stroh, so kommt gewöhnlich das Haus auch in Brand; eS liegt deshalb der Wunsch gewiß nahe: es möchten auch die den Agenten von Mobiliar-Feuer-Versicherungs- Gesellschaften gemachten Angaben durch derartige Com­missionen strenge durchgcsehen und recht scharf contro- lirt werden.

Eine solche Controle (vielleicht schon eine vorläufige Untersuchung durch die Feuer-Polizei) würde stauncnswerthe Dinge zu Tage fördern«. Manchem würde cs wie Schuppen von den Augen fallm oder vielmehr der Verstand still stehen, wenn er erführe, daß in einem kleinen halben oder ganzen Häuschen, wo die Armuth überall Einen angrinst, noch ein Schatz von Mobilien im Betrag von 6001000 fl. verborgen sei.

Warum aber, fragt man, machen die Leute dem Agenten solche hohe Angaben, da sie doch, je mehr sie angeben, natürlich auch um so mehr jährlich bezah­len müssen und das Zahlen, wie unsere Gemeinde- Pfleger bezeugen können, doch sonst nicht gerade ihre Freude ist? Ja, da steckt eben der Buzen! aber eS ist nicht leicht, diese Frage so geradezu zu beantworten und wir find auch nicht Willens, uns weiter darauf einzulassen; Eines aber wollen wir sagen: wenn die Aufnahmen der F.-V.-Agenten gar nicht oder nicht recht genau controlirt werden, so werden und sind die Mobiliar-Feuer-Versicherungen nichts anderes, als Fal- len für die Ehrlichkeit und die an sich so wohlthä- tigen Anstalten können leicht Veranlassung werden zu Verbrechen.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Ne uenbürg.