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Calw, den 13. Febr. Vor einiger Zeit wurden zu Liebenzell zwei neue Bohrlö­cher angelegt, das eine auf der Badquelle des unteren BadcS, das andere an der Straße nach Calw bei der Weyffer'schen Wetzsteinfabrik. In diesem letzteren wurde heute Vormittag in einer Tiefe von 55 Fuß, wovon 49 Fuß durch das Geröll und nur 6 Fuß durch dichten bunten Sandstein geführt sind, also noch ohne den Gra­nit zu erreichen, eine starke Quelle crbohrt, welche eine Wärme von -j- 22° L. zeigt.

Calw. Vieh - und K rämer-Markt, Mittwoch 21. Februar.

Vom linkseitige» Enzufer, den 14. Februar 1866. Die sogen.Rechtfertigung" des Herrn Dr. Lutz in Neuenbürg im heutigen Enzthäler erscheint wenigstens uns mehr als eine Selbstanklage, denn eine Verthcidi- gung:

Also die Regierung hat den Vätern der Stadt nochmals Gelegenheit gegeben, sich die Vortheile der neuen Marrzeller Straße zu verschaffen, und wieder haben sie nein ge­sagt? Wahrlich dieß ist mehr als wir zu be­haupten gewagt hätten!

Doch sehen wir näher die Gründe an, welche Herr vr. Lutz als Bürgerausschußob­mann veröffentlicht:

Wo die neue Straße in die alte Pforzßel- mer Straße cinmündet ist nicht bekannt"

heißt eS zunächst in der sogen. Rechtfertigung. Als ob nicht für Jedermann der Punkt der Ein­mündung gegeben wäre, der wie die Väter der Stadt weiß, daß die Bauverwaltung von der Zie­gelhütte ab mit höchstens 6°/o auf die altePforz- heimer Straße gelangen will!

Wenn die neue Straße einmal in den PforzheimerWeg geführt ist, könnte ficdochzum Bahnhof fortgesetzt werden, es fehlen dies­falls bindende für alle Zukunft giltige Zusagen der Regierung re."

So lautet die sogen. Rechtfertigung wei. ter. Zusagen, wie Neuenbürg sie verlangt, sind wohl noch nie gegeben worden, und werden nie gegeben werden; dieß wäre ein großer Rück­schritt. Um indessen die Gefahr möglichst ab­zuwenden, soll ja gerade ein Beitrag zur neuen Straße von Neuenbürg «»geboten werden. Selbstverständlich müßte dieser Beitrag in Wegfall kommen, wenn schon beim Bau gegen das Interesse der Straße gehandelt würde. Bildet aber die Straße ein­mal, wie die Negierung zugesichert hat, die Zu­fahrt zum Bahnhof durch die Stadt, so ist kaum denkbar, daß eine besondere Straße nach dem Bahnhof direkt angelegt wird. We­nigstens Seitens des Staats ist dies nicht zu desürchten. Träte indessen dieser Fall nach 50 oder 100 Jahren gleichwohl ein, so würde es doch Jedermann natürlich finden, daß die Stadt jetzt die nächste Gefahr abgewendet und we­nigstens g l i ch st l an g e den Verkehr sich erhalten hat, Einzig in der Geschichte des Derkehrslebens dagegen wird es dastehen, daß eine Stadt den Verkehr lieber sogleich sich ableiten läßt, als daß sie ihn ganz unwahr­scheinlicher« nur möglicherweise in 50 oder 100 Jahren verliert.

»Der Verkehr des »ordern u. hintern Amts werde sich über den Riegerswasen doch dem

Birkcnfelder Bahnhof zuwendeu, sobald die Gemeinde Birkenfeld eine eigene Zufahrt zu ihrem Bahnhofe herstelle,« wird weiter behauptet.

Diese Behauptung kann sich keinenfallS auf die verkehrsreichsten Orte des vorder» und hintern Amts beziehen: denn diesen ist der Neuen­bürger Bahnhof auch den Umweg durch die Stadt eingerechnet bei einer guten Straße entschieden günstiger gelegen.

Fußgänger gehen jedenfalls auf näheren Wegen direkt zum Bahnhof, nicht durch die Stadt,"

sagt Herr vr. Lutz. Mag fein! dieß wird auch die beste Zufahrt nicht verhindern. Aber kein Zweifel kan» darüber bestehen, daß je mehr der Güter-Verkehr seinen Weg durch die Stadt nehmen muß, um so leichter auch der Per­son en-Verkehr durch die Stadt erhalten wer­den kann.

Und nun ihr Väter der Stadt! erlaubt uns noch die Frage: Habt Ihr durch Euren verneinenden Beschluß irgend eine der Gefah­ren, welche Ihr fürchtet, beschwichtigt? Ist vielmehr nicht gerade Euer Beschluß geeignet, jene Gefahren in allernächster Zeit herbeizu- führen ?

Doch auch für diese Wunden hat Herr vr. Lutz Balsam:

Die neucStraße- zumBahnhofdirekt-muß jedenfalls die alte Pwrzheimer Straße durch- schneidcn, dann kann man ja doch in dir die Stadt kommen,«

so lautet der letzte Trostgrund.

Soll dies etwa heißen: Neuenbürg genießt die Vorthcile ohne Geldbeitrag? Wo die Marr­zeller Straße die alte Pforzheimer Straße in diesem Fall durchschneidet, möge Herr Dr.zuris von einem Techniker sich zeigen lassen, dann wird er selbst keinen Trost mehr in diesem Umstand finden, auch uns nicht mehr einer Unrichtigkeit zeihen, wenn wir sagen:Die neue Straße führe an Neuenbürg vorbei, aber ja nicht in die Stadt hinein."

Zum Schluß noch eine persönliche Bemer­kung :

Die Stimme in Nro. 90 des EnzthälerS vom vor. Jahr ist, wie Herr vr. Lutz annimmr, die gleiche wie die in Nro. 12 und wie die Heutige; unwahr ist aber, daß damals eine direkte Zufahrt zum Bahnhof mit Um­gehung von Neuenbürg verlangt wurde. Nach dem klaren Wortlaut des Artikels in Nro. 90 wurde die Frage von der Art der Zufahrt als eine offene behandelt. Das Verlangen einer direkten Zufahrt ist erst so alt als der räthselhafte Beschluß der Väter von Neuenbürg. Nicht um mit der Stadt einen Handel über 1000 fl. abzuschließen, sondern um unsere Tren­nung vom Gemeinderath Neuenbürg, mit wel­chem wir gemeinschaftlich um die Straße peti- tionirt hatten, zu motiviren, haben wir xn Nr. 12 dieses Blattes die Angelegenheit dör öffent­lichen Kritik unterstellt. Dieß ist auch der Grund unserer heutigen Erwiderung.

Im Uebrigen geht es uns allerdings Nichts an, wenn die Väter der Stadt Neuen­bürg sogar beschließen sollten, eine chinesische Mauer um die Stadt anzulegen.

Redaktion, Druck und Verlag von Jak. Meeh in Ne uen bürg.