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Mannheim, 21. Juki. Die wegen der Kasinocrzcsse eingeleittle Untersuchung bat ein winziges oder vielmehr gar kein Resultat ge, liefert. Zwei Angeklagte, Christoph Betz und Avolph Kalter von Mannheim, welche beschuldigt waren, die Pastoren Thomas und Netzbach durch Steinwürfe und Schläge verletzt zu haben, wurden in der Schöffengerichtssitzung vom 19. d. M. wegen mangelnden Beweises freigesprochen, während zu weiteren Anklagen die langdauernde Voruntersuchung keine hinreichenden Anhaltspunkte geliefert hat.
Württemberg.
Verfügung der Ministerien der Justiz nnd des Innern Ln Betreff der Er- theilung der Dispensation von der Minderjährigkeit.
Zu Vollziehung des Gesetzes vom 30. Juni d. I. in Betreff der Herabsetzung des Alters der Volljährigkeit wird in Gemäßheit höchster Entschließung vom 16. d. Mts. Nachstehendes verfügt:
§. 1 .
Die Erthcilung der Dispensation von der Minderjährigkeit steht, mit Ausnahme der die Mitglieder des Königlichen Hauses betreffende» Falle, vom 15. d. M. an ohne Rücksicht auf die Zeit der Entfernung des Bittstellers von dem gesetzlichen Volljährigkeitstermine den Be- zirkspolizeiämtern in erster Instanz zu.
8 . 2 .
Die Dezirkspolizciämter haben vor der Er» theilung einer Dispensation stets die gutächiliche Aeußerung der zuständigen Vormundschaflsbe« Hörden einzuholen.
8. 3.
Von jeder ertheilten Minderjährigkeitsdispen» sation hat das Dezirkspolizeiamt die zuständige Vormundschafisbehörde des Dispensirien unvcr» weilt zu benachrichtigen.
8 - 4 .
Vorstehende Bestimmungen treten an die Stelle der Ministerialverfügung vom 27. Mai und 7. August 1828 (Neg.-Bl. S. 425 und 636), sowie vom 10. März 1836 (Neg.-Bl. S. 152).
Stuttgart, 19. Juli 1865.
Neurath. Geßler.
Stuttgart, 18. Juli. Die statutenmäßige Generalversammlung des Verbands der Vorschußvereine von Württemberg und Baden findet am Sonntag den 30. Juli hier statt; die Wahl des Vororts, Vertretung auf dem allgemeinen deutschen Vereinstag in Stettin, gegenseitige Krediteinräumung, wird hauptsächlich Gegenstand der Tagesordnung sein.
Stuttgart, 24. Juli. In dem zoologischen Garten des G. Werner kamen gestern 2 junge Leoparden zur Welt.
Calw, 19. Juli. Gestern wurde unsere Stadt in nicht geringe Aufregung versetzt durch das Auffinden des Leichnams eines etwa zwei Tage vorher geborenen Kindes in der Nagold. Das Kind hatte mehrere Stichwunden am Hals und Hinterkopf. Die Untersuchung ist «m Gange.
Ausland.
Der Kampf bei den bevorstehenden Munr- cipalwnhlcn in Frankreich wird allem Anschein nach überall ein sehr lebhafter sein. Frankreich beginnt wieder oppositionell zu werden und dem, gemäß zu handeln.
New»ZIork, 6. Juli. Nachdem nun auch Südkarolina in das Nestaurationssystem aufge» nommcn und Benj. F. Perry zu seinem provisorischen "Gouverneur ernannt ist, haben mit Ausnahme Floridas alle früher losgerissenen Staaten jetzt entweder provisorische oder erwählte Lokalregierungen. — Der Gouverneur von Georgien hat die Sklaverei auf ewige Zeiten für abgeschaffl erklärt. — Das nun zum Schluß gekommene Militärgericht, vor welchem der Verschwörungsprozeß verhandelt worden ist, hat eine Riesenarbeit hinter sich. 463 Zeugen waren vorgcladen, 361 sind verhört worden, 198 auf Seiten der Anklage, 163 auf Seiten der Vertheidigung. Die amtlich zu Papier gebrachten Aussagen bedecken 4300 Seiten Manus- kn'pt, die einen Aktenstoß von mehr als zwei Fuß Höhe ausmachen. Weitere 700 Seiten sind den Argumenten der Sachwalter gewidmet. Sämmtliche Kosten des Prozesses trägt die Ne- gierung.
Selbst das streng katholische Spanien hat nun das Königreich Italien anerkannt.
Miszellen.
Zu spät.
Eine dänische Kriminalgeschichte.
(Fortsetzung.)
Der Richter war einer der Ersten, dem dieses Gerücht zu Ohren kam. Er eilte unverzüglich in die Wohnung des Pfarrers, und hier erzählte ihm dieser selbst ungefähr Folgendes: „Er habe den Niels im Garten faullcnzend angetroffen, denselben zur Arbeit aufgefordcrt, sei aber, anstatt Gehorsam zu finden, von dem Knechte auf eine niedrige Weise verhöhnt worden. Hiefür habe er ihn denn derb gezüchtigt, und als jener sich ernstlich widersetzt und gemeine Schimpfworte gegen ihn ausgestoßcn habe, sei er vom Zorne übermannt worden und habe dem Niels mit einem Rechen einen tüchtigen Schlag versetzt. Da sei der Bursche wie todt hingcfallcn; während er aber sich bestürzt über ihn hingebeugt hätte, habe jener sich plötzlich aufgerafft, sei lachend über den Zaun gesprungen und in den nahen Wald hineingelaufen. Bis jetzt habe er sich nicht wieder sehen lassen."
Dieses Alles erzählte der Pfarrer dem Richter mit aller Ruhe, aber mit den Zeichen der bittersten Neue über seine unüberlegte Leidenschaftlichkeit. Der Richter ging beruhigt nach Hause, und dachte nicht weiter über das Vorgcfallcne nach.
Aber schon am folgenden Tage, bald nach Sonnenaufgang, erschien Morten ArunS mit dem Söldner Jens Lorsen von Weilbp und der dortigen Hirten- wittwe nebst deren Tochter in der Wohnung des Amtsvogts Söfrensen und gab an: daß erden Pfarrer Quist in starkem Verdachte habe, seinen Bruder Niels erschlagen zu haben. Jener erwiedcrte dem Kläger, daß er selber schon das nämliche Gerede vernommen, allein cs für nichts Anderes, als eine alberne und boshafte Erdichtung halte, weil ihn der Pfarrer versichert hätte, daß der Bursche unter Lachen und Spott davongelaufcn sei.
„Wenn es so gewesen, daß Niels das Land mei- den wollte" — entgegncte Morten — „so wäre er doch wohl erst zu mir gekommen und hätte mich von seinem Vorhaben in Kcnntniß gesetzt; allein daß cs sich ganz anders verhält, können diese Leute bezeugen, und ich muß Euch daher ersuchen, sie, wie es Euer Amt erheischt, zu verhören."