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der Kornproduction, und wer an der kostspieliger» Methode festbalte, werde überpolt, wie der Handstuhlweber und alle Gewerbe, die sich auf Handarbeit steifen, während Maschinen dafür erfunden sind. Da indessen ein Dampfpflug für den einzelnen Landwirth zu tbeuer ist, so werde man sie eben von Seite der Gemeinde anschaffen und einzeln verleihen müssen, wie das fetzt auch da und dort mit Dreschmaschinen geschehe.
Miszellen.
Der Auerhahn.
(Line ergötzliche Jagdgcschichte.)
Der Oberförster ging mit großen Schritten im Zimmer auf und ab und schien nicht bei guter Laune zu sein, als der Förster Brenner bei ihm eintrat und auf seinen Morgcngruß keine Antwort erhielt. Brenner stand mit seinem Vorgesetzten auf einem Fuße, daß er sich schon eine indiskrete Frage erlauben durfte, und so erfuhr er bald, daß ein Brief vom Intendanten die Ursache dieser Verstimmung war. Der Intendant meldete die Ankunft eines vornehmen französischen Herrn, der noch nie einen Auerhahn geschossen hatte — und da erwarte hochgräfliche Gnaden ganz bestimmt, der Herr Oberförster werde dafür sorgen, daß der hohe Gast wenigstens einen Auerhahn erlege. — „Erlege!" rief der Oberförster, indem er den Brief auf den Tisch warf. Der Herr Intendant meint wahrscheinlich, ein Auerhahn und eine Krähe sei eins und dasselbe. Und wenigstens! Natürlich, der gnädige Herr hätte ja gleich ein Dutzend auf einen Schuß befehlen können! Nun frage ich, wie soll ich dafür sorgen? Ein Mensch, der vielleicht noch nie einen Vogel getroffen hat! Ich darf ja doch nicht schießen, das würde er merken, wenn er auch sonst, mit Respekt zu melden, ganz vernagelt wäre.-' — Beide Männer gingen eine Weile schweigend auf und ab; plötzlich rief Brenner: „Herr Oberförster, ich hab'S! Versprechen Sie mir, sich für mich zu verwenden, daß ich Zulage bekomme, und ich mache, daß der fremde Herr einen Auerhahn schießt.« Der Oberförster gab das Versprechen und nun rückte Brenner mit seinem Plane heraus, der seinem Vorgesetzten ganz wohl gefiel. Die nöthigcn Verabredungen wurden getroffen und Brenner lief sofort zu einer einsam liegenden Hütte, deren Bewohner im Gerüche stand, sich mit dem Wiidstandr des Forstes mehr zu schaffen zu machen, als seines Amtes war. Der Förster und der Holzschläger konferirten ziemlich lange mit einander. Als sie sich vor der Tbüre trennten, sagte Brenner: „Also rS bleibt dabei, Ihr sitzt bei gehöriger Zeit auf der großen Fichte und sobald er geschossen hat, laßt Ihr den Hahn zu Boden fallen." — „Aber wenn er zufällig mich treffen sollte...?" — »Dummkopf, glaubt Ihr denn, wir werden ihm eine scharfgeladene Büchse in die Hand geben? Dafür laßt mich sorgen." — „Wenn ich mich nur darauf verlassen kann, meinte der Holzschlägcr bedenklich. Euch von der Oberförsterei wär's am Ende ganz recht, wenn ein armer Teufel, wie ich, bei der Gelegenheit heruntergeputzl würde." — „Tropf!« — „Und noch eins: Wenn mir einmal aus Versehen ein Bock oder etwas dergleichen in die Hände fallen sollte ..." — „So drücken wir ein Auge zu,
Taugenichts." — Der Morgen dämmerte kaum, als eine Karawane zu Walde zog. Dem Oberförster war keineswegs wohl bei dem Spaße, und er hielt sich in gemessener Entfernung von dem fremden Herrn, schon des Französischen halber. Brenner hingegen zeigte sich im Vorgefühl seines Triumphs vortrefflich aufgelegt, und flüsterte dem Kammerdiener, welcher fröstelnd die Schöße seines Oberrocks zusammenhielt, allerlei höchst wunderbare französische Phrasen zu. Dabei fiel ihm nur auf, daß der Kammerdiener gar keine Antwort gab, und er kam schon auf den Gedanken, daß der Mann selbst nicht viel französisch verstehen müsse. Ein Wort verstand der Kammerdiener aber auf jeden Fall, „bete", denn das murmelte er wiederholt in den Bart. Der fremde Herr stolperte jeden Augenblick über eine Wurzel oder einen Strauch, welchen er in der Dämmerung übersehen hatte! Von Zeit zu Zeit betrachtete er vermittelst des Lorgnons seine Gamaschen, durch welche der Thau bereits seinen Weg gefunden hatte. Als man in die Nähe der großen Fichte kam, ließ der Wilddieb ein kluck kluck kluck! Schschischi: ertönen, >o gut nachgemacht, daß mancher Jäger sich hätte täuschen lassen, „kLeoMen-vous, Monsieur!" flüsterte Brenner dem Fremden zu, „>I . . . . il Kalse!" — „gu'est-oo gu'ü äit?" fragte der Franzose seinen Diener. Dieser zuckte die Achseln. Aber jetzt kluckte es ganz nahe, und die Franzosen erriethen, worauf sie der Förster habe aufmerksam machen wollen. — „Voilir! Voiiä!" ließ sich dieser vernehmen und wies auf die Fichte. Der Herr richtete sein Glas auf den Baum, aber er sah nichts als eine schwarze Masse mit sehr undeutlichen Umrissen vor sich. „Oa äono?" fragte er. — Brenner reichte ihm daS Jagdgewehr, zum Schüsse fertig, trat hinter ihn, richtete ihm den Lauf und sagte: „So, ä present, eh ... eh ... schießen Sie nur immer drauf los!» — Dießmal verstand der Franzose genau, was der Deutsche meinte; er drückte auf's Geradewohl ab, und — Paff! Kracklrack, knack, knickte es in den Zweigen, und Bums! siel ein Körper auf den Boden nieder. Ein freudigesAah! tönte aus dem Munde des fremden Herrn, und er stolperte selbst auf die Stelle zu, wo der Vogel liegen mußte. - »Das war ein Meisterschuß! sagte Brenner — auf deutsch, da er diesen Ausdruck in der Eile nicht zu übersetzen wußte, und dem Schützen doch gern etwas Schmeichelhaftes sagen wollte. Gleichzeitig folgten er und tue Uebrigen dem Franzosen, welcher sich tief bückte und mit dem Glase sehr erstaunt betrachtete, was er geschossen hatte, „gu'est oe gue o'est y.e,?" fragte er endlich. Brenner gab dießmal keine Antwort, obwohl er schon ganz deutlich erkannt hatte, was „das" sei. Er starrte wie betäubt auf den Fleck am Boden, es überlief ihn heiß und kalt, und wenn es nur möglich gewesen wäre, hätte er sich in aller Stille fortgeschlichen. Jetzt trat der Kammerdiener dicht heran, bc'ühlle und drehte den angeblichen Auerhat.n herum, hob ihn endlich in die Höbe und — o heiliaer Hubertus! Es war wohl ein Auerhahn, aber er stack in einem wohl zugcbundcnen leinenen Sacke, wie ihn der Wilddieb auf feinem Rücken hergetragcn hatte! Der Tölpel hatte sich am Morgen verichlarcn unv war mit knapper Noih noch auf seinen Posten gekommen, bevor die Jäger sich näherten. In seiner Verwirrung hatie er dabei ganz daraus vergessen, den Vogel aus dem Sacke herauszunehmen.
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