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Beilage zum Gnzthäler Nro. IOO.

Mittwoch den 14. Dezember 1864.

Kronik.

Württemberg.

Diejenigen, welche mich in geschäftlichen Angelegenheiten zu sprechen wünschen, ersuche ich, hiezu die Stunden von 11 Uhr Vormittags l»s l Uhr Nachmittags statt der seitherigen Abendstunden zu wählen. Minister Geßler.

(St.-Anz.)

Ausland.

Es ist bekannt, daß dieAuswanderungen « aus Frankreich äußerst unbedeutend sind. Wäb- rrnd aus Deutschland oft viele Hunderttausende in einem Jahre fortziehen, bleibt die Zahl der Emigranten in unserem westlichen Nachbarlande immer in den bescheidensten Grenzen. Dies hat sich auch im vorigen Jahre wieder gezeigt. Die Gesammtsumme der Auswanderer aus Frank­reich betrug nur 5771, um 1029 weniger als im Vorjahre. Von einer Anzahl zogen 1486 nach Algerien.

Mittveilungen aus Neapel machen auf die großen Veränderungen aufmerksam, die in Nea­pel vorangegangen sind, seit die vorige Dynastie gestürzt ist. Die Bevölkerung ist um 40,000 Seelen angewachsen; die Freiheit war das Signal einer außerordentlichen Betriebsamkeit. Zuvörderst haben sich die Neapolitaner der Lite­ratur und den Wissenschaften zugewandt, denen lange Zeit jeder Zutritt untersagt war, denn Ferdinand hatte gesagt: ,/Mein Volk braucht nicht zu denken." Zahlreiche Schulen sind geöffnet worden und dennoch von Schülern über­füllt; die Industrie entwickelt sich; der Ackerbau hat in der Baumwollenzucht eine Quelle herr­lichen Vortheils gefunden; Neapel wird eine Handelsstadt ersten Ranges werden.

Die neuesten Wetterprophezeihungen des Hrn. Mathieu haben sich nicht bewährt: Die Triester Zeitung vom 28. Nov. schreibt: Gestern noch konnte cS scheinen, als ob Herr Mathieu de la Drome mit seiner Prophezeihung nicht ganz unrecht haben würbe, da der ganze Tag ziemlich stürmisch und regnerisch verlief. Heute indessen läßt sich, bei dem herrschenden schönen Wetter, das Fiasko des berühmten Wet- terpropheten, wenigstens für unsere Gegend, nicht mehr bezweifeln, und der heitere Himmel in der Richtung von Venedig berechtigt zu der Vermuthung, daß auch die Dogenstadt dem an­gedrohten Organe glücklich entgangen ist. In Bezug auf das nächste Jahr sagt Mathieu einen

Winter voraus, welcher an Kälte alle überirifft, von denen man Kenntniß hat Obgleich bereits im Januar eine mächtige Schneedecke die Felder beschützen wird, soll doch die Kälte bis Ende März beständig zunehmen und das Thermometer während langer Zeit einen so tiefen Stand be­halten, wie solcher im mittleren Europa noch nie stattgefunden. Gegen den 15. März wird die Kälte so groß sein, daß sämmtliche Gewässer bis auf den Grund gefrieren dürften und das Vieh in den Ställen sorgfältig verwahrt werden muß, um nicht zu erfrieren. Hoffentlich bewäbrt sich diese Prophezeihung so wenig wie die erste.

Die Volkszcitung erzählt, daß in Warschau großer Mangel an Schneidern herrsche. Früher habe es dort 1500, jetzt nur 400 Schneider gegeben, weil die meisten theils im Aufstande gefallen, theils nach Sibirien deportirt seien. Es hatten somit allein 1100 Schneider in der Jnsurrektionsarmce gedient.

Miszellen.

An dem Tage der Präsidentenwahl näherte sich ein Soldat in Fort Wahne (Indiana), seinen Zettel Ln der Hand, der Wahlurne. Man wollte ihn Anfangs nicht zulaffen, ließ ihn aber endlich heran, als plötzlich einer der Friedensdemokraten lebhaft gegen die Stimm­abgabe des Soldaten protestirte. Die Wahlrichter, dem Proteste zustimmend, wiesen den Wähler (von welchem als einem Militär ein Votum für Lincoln zu erwarten war) zurück. Ruhig entfaltet der Soldat seinen Wahlzettel mit den Worten:Nun, da seht ihr, was ihr euch selbst angethan habt!" Der Zettel lautete rein sriedensdemokratifch. Das änderte die Sache; mehrere von dieser Partei legten sich ins Mittel und vcranlaßtcn die Richter zu einer Revision ihres Urtheils und der Soldat wurde als berechtigter Wähler anerkannt. Er trat also an die Wahlurne heran, steckte aber kaltblütig den vorgczeigten Zettel wieder ein, um einen andern mit dem Namen Lincoln zu nicht geringem Acrgrr der angeführten CoppcrheadS in die Urne zu werfen.

(Wichtig für Landwirthc!) Bei der stattgebahten Kartoffelernte muß es für Jedermann von Interesse sein, zu erfahren, daß die Kartoffeln sich bis rn das späte Frühjahr hin gut erhalten, wenn man den Boden des Kellers mit pulverifirten Kohlen etwa einen Zoll hoch bestreut. Für diejenigen Kartoffeln, die man im künftigen Frühjahre zum Setzen verwenden will, ist es.