Extra-Beilage znrrr Enzthäler Nro. L2
Mittwoch den 29. Juni 1864.
Stuttgart, 25. Juni. Heute frnb 8 Uhr ist unser König auf dem benachbarten königlichen Landhause Rosenstein, 82'/, Jahre alt, gestorben.)
Obgleich das Unwohlsein schon seit vier Monaten sich eingestellt hatte, erfolgte doch der Tod der Art unerwartet, daß kein KrankheitSbüllctin zuvor ausgegeben worden war, auch befanden sich die Mitglieder der königlichen Familie nicht in Stuttgart.
Aus einem Charakterbild des Verewigten entnehmen wir: «Der Tod des Königs Wilhelm hat eine fast 48jährige Regierung für das Land abgeschlossen, welches, so lang cs ein Württemberg gibt, eine wohlwollendere und erfolgreichere nicht gehabt hat. Schon bald nach Anfang des Jahrhunderts hat er als Kronprinz in den französischen Feldzügen Kriegsruhm errungen. Sein Regierungsantritt fiel in eine drangsalvolle, schwierige Zeit, aber er begann in edlem Entschluß mit dem Geiste des Freisinns, der Versöhnung und der Gerechtigkeit. Ervereinbarte mit seinem Volke eine Verfassung, und hielt sie treu wie seine Devise sagt, dem gegebenen Worte. Die Aufhebung der Leibeigenschaft, die Befreiung des Bodens von seinen unnatürlichen Fesseln war sein Werk. Das Land hatte von der Wirksamkeit des Königs der Landwirthe die besten Früchte zu genießen. Handel und Gewerbe hat er begünstigt, zur Anbahnung des Zollvereins hat er der Ersten Einer init- gewirkt. Seine Weisheit und Erfahrung hat den Einrichtungen des Staates wohl genützt. Seine deutsche Gesinnung war über jede Anfechtung erhaben, für das Wohl Deutschlands durch die Künste des Kriegs wie des Friedens cinzutreten, war er immer bereit. Er war ein ritterlicher Charakter. Als einsichtsvoller humaner Fürst ward er im Inland geliebt, ward er im Ausland, und Württemberg ob ihm, gerühmt."
Ansprache des Königs an sein Volk
Würtemberger! Es hat dem allmächtigen Gott gefallen, uns eine schwere schmerzliche Prüfung aufzuerlegen. Das Band, welches während einer Reihe von Jahren einen geliebten König mit seinem Volk vereinigte, hat der Tod gelöst. Die Erinnerung aber an Alles, was er in furchtlosem Eifer und unerschütterlicher Treue für das Wohl seines Landes gethan, lebe unauslöschlich in Aller Herzen fort! Dem eingedenk werde I ch ehren, was sein Geist schuf, seine Werk pflegen, insbesondere die Verfassung des Landes getreu beobachten. Indem I ch die Zügel der Regierung ergreife, vertraue I ch. vor Allem auf Gottes Hilfe, welcher Mir Kraft verleihen möge, Mein Leben dem Wvhle des Landes zu weihen, dem höchsten Ziele Meiner Bestrebungen. Meine Hintertharren werden mir, I ch baue darauf, mit Vertrauen und Liebe entgegenkommen, damit bas feste auf Recht und Treue begründete Band, das Fürst und Volk Württembergs stets einigte, zwischen uns fest und aufrichtig fortlebe.
Stuttgart, den 26. Juni 1864.
Karl.
K. Manifest,
den Regierungsantritt des Königs Karl Majestät betreffend: Karl, von Gottes Gnaden, König von Württemberg.
Liebe Getreue! Die göttliche Vorsehung hat Len allerdurchlanchtigsten König Wilhelm von Württemberg, Unseres vielgeliebten Herrn Vaters Majestät, aus diesem Leben abgerufen.
Nachdem hiedurch kraft des in Unserem Königlichen Hause bestehenden Erbfolgcrcchts, Uns die Nachfolge in der Regierung angefallen ist, und Wir dieselbe wirklich angetretcn, auch die unverbrüchliche Festhaltunz der Landesverfassung in einer dem ständischen Ausschüsse übergebenen feierlichen Urkunde bei Unserem Königlichen Worte zugesichcrt haben, — so geben Wir euch Solches hiemit gnädigst zu erkennen und versehen Uns zu allen Unfern Königlichen Beamten, geistlichen und weltlichen Dienern und Unterthanen, indem Wir sie auf den geleisteten verfassungsmäßigen Dienst- und Hulvi- digungs-Eid Hinweisen, und Elftere auffordern, ihre Verrichtungen w.e bisher nach ihren amtli- lichen Pflichten fortzusetzen, daß sie Uns als ihrem angestammten Landesherr» die schuldige Dienstpflicht, Treue und Gehorsam so willig als pflichtmäßig leisten werden; womit Wir euch Unserer Königlichen Huld und Gnade versichern. Gegeben, Stuttgart Len 26. Juni 1864. Karl.
Miller. Wächter-Spittler. Linden.
Hügel. Golther. Sigel.