134

junge Turnlehrerbildungsanstalt in diesen Tagen mit 13 Lehrern ihren drillen mchrmonallichen LchrkurS begonnen. Sehr zu Statten dürste kommen, daß nunmehr nach längeren Verhand­lungen über die Frage der vollständigen Aus­führung der neuen Turnordnung an den Schulen des Landes daS amtliche Schulturndüchlein er­schienen ist, und andererseits die hiesige Staals- turnhalle ihrer baulichen Vollendung und innern Ausrüstung so nahe gerückt ist, baß man die Dcaüzung derselben für den gegenwärtigen Lehr- kurs der Turnbildungsanstalt und noch wahrend seiner Dauer die Eröffnung der nach der Turn ordnung mustermäßig zu gestaltenden neuen Ghin- nasialturnanstalt zu gewärtigen hat.

Aus Gaildorf. Die Kühnheit eines Hühnerhabichts geht aus folgendem Vorfälle hervor, der sich vor einigen Tagen in Eutcu- dorf zutrug. Ein dortiger Bauer war vor seinem Hause mit dem Reinigen der Gedärme eines geschlachteten Schweines beschäftigt, als er plötz­lich einen Flügelschlag an seinem Kopfe verspürte, während in dem nämlichen Augenblicke vor seinen Händen der Habicht eine Porno» Gedärme hin» wegnahm und davon flog.

Ausland.

Kopenhagen, 1. April. Nach Berichten der Hamburger Nachrichten ist der Entschluß der dänischen Regierung, nur aus der Basis der Verträge von 1851/52 zu verhandeln, uncr- fchüttenich.

Miszellen.

Der verhäng« ißvvlle Brief.

Eine Erzählung von E. P.

„Nun, wie stellt sich denn deine Berechnung heraus?" sprach die junge Frau mit schwacher Stimme, nachdem ein langes drückendes Schweigen in der Stube ge- herrscht hatte.

„Mit der zu Ostern fälligen Miethe, dem Honorar für den Arzt, Schulgeld und die kleinen nothmcndig zu bezahlenden Rechnungen des Flickschusters, des Bä. ckers, brauche ich netto 105 Gulden. Dabei ist natür- türlich der Lebensunterhalt, daS Haushaltuugsgeld für das zweite Quartal nicht mitgcrechnct," entgegnete der Mann mit leisem zitterndem Tone und einem tiefen Seufzer.

„Und wie viel ist denn in der Kaffe?"

»Du weißt, daß ich meinen Gehalt für das zweite Quartal von Herrn Meermann schon vor einem Monat empstng, und auch, welche bedeutende Ausgaben wir durch dein Wochenbett, deine Krankheit halten. Es find noch etwa 35 Gulden übrig — gerade genug, um die fällige Miethe zu bezahlen, und dann können wir — ein Vierteljahr hungern?» So sprach Waldner mit Bitterkeit, während die junge blaffe Frau gewaltsam ihre Tbränen nicderkämvfte und zusammenfuhr.

Jetzt schrie das kleine Kindchen laut und schmerz. Haft auf. Es hatie wohl empfinden müssen, was das Mutterherz peinigte, was es zu verbergen gestrebt.

„Bekommen wir denn auch zu Ostern Kuchen, Mama, und große Zuckereier wie die andern Kinder

im Hause ?" platzte nun plößlich der kleine Knabe heraus trotz allen Beschwichtigungsversuchen des Schwesterchens-

Waldner fuhr von seinem Sitze aut, und obgleich auch ihm die Thräuen in den Augen standen, ging er auf das Kind los, hob «S auf seinen Arm, und indem er cs mit Liebe an seine Brust drückte, ihm die blonden Haare aus dem Gcsichtchcn strich, sagte er ihm, daß der Osterhase gewiß den braven Lindern Eier legen, und es auch an Kuchen nicht fehlen würde, wenn fie mir recht geschickt seien und er besonders die gute, kranke Mutter nicht zu sehr beunruhige und belästige Der Kleine versprach, für Eier und Kuchen recht folgsam und brav zu sein, und sein fröhliches Plaudern lockte selbst auf dem bleichen kummervollen Gesicht der jungen Frau ein schwaches Lächeln hervor.

Wie wäre es, wenn du dich noch einmal an Herrn Meermann wenden würdest?" sagte Frau Waldner endlich schüchtern. Der Buchhalter ist dir ja so gut und gewogen, vielleicht kann er uns jetzt noch einmal helfen! Jetzt — gerade vor Ostern, wäre cs so noth- wendig I«

Waldner hielt inne in seinem Spielen mit dem Knaben und blieb vor seiner Frau stehen. „Und waS wäre damit gewonnen?" sprach er. „Ich komme auf solchem Wege immer tiefer in die Schuld bei meinem Prinzipal, und was soll daraus am Ende werden?"

Die Frau empfand die Richtigkeit dieser Bemer­kung und beantwortete fie nur durch einen schweren, tiefen Seufzer. Nach einer kleinen Pause fuhr sie av- lenkcnd fort, indem fie das leise sortwcinenre Kindchen zu beruhigen, einzuschläfcrn suchte: „Ich vergaß dir zu sagen, daß der Briefträger heute früh einen Brief für dich gebracht hat; er liegt draußen im Zimmer.»

„Und oas sagst du mir erst jetzt?!" erwiderte Waldner mit leisem Vorwurf. „Wenn cs nun die Antwort auf mein Schreiben an den Vcrwaltungsrath wäre, die ja täglich, stündlich eintreffen kann?» Nach diesen Worten l-.eß er den Knaben rasch, doch sachte zu Boden gleiten und trat hinaus in die Vordcrstube, daS dritte und beste Gemach der Wohnung, welches zugleich den Eingang zu derselben bildete.

Dort lag auf der Kommode ein kleines Briefchen in einem blaßroihen Couvert. Waldner wurde bei seinem Anblick sichtlich enttäuscht. Hatte er doch schon gehofft, die so heiß ersehnte Antwort vorzufinden! Mißmuthig nahm er das Briefchen uud ohne erst lange die Adresse zu beschauen, erbrach er das Couvert und zog den Brief hervor. Es war ein viermal zusammen- gefalteter Octavboge von feinem, gleich rothcm Papier wie das Couvert. ES wurde ihm eigenthümltch zu Muthc. WaS konnte dieser Brief enthalten? Von wem war er wohl? Er war sich keiner ähnlichen eleganten Correspondenz bewußt. Seine Neugierde, doch noch mehr sein Staunen wuchs, als er las:

»London, den 3- April.

Mein lieber Herr Waldheim!"

Gold-Cours

derK. württemb. Staatskasscn-Berwaltung. Württemberg Dukaten (.Fester Cours.) 5 fl. 45 kr.

Dukaten mit veränderlichem Cours . . 5 fl. 31 kr.

Preußische Pistolen.9 fl. 54 kr.

Andere ditto.9 fl. 36 kr.

'so Franks-Stücke.9 fl. 20 kr.

Stuttgart, den l. April 1864.

Redaktion, Druck und Verlag der Mcetz'sche» Buchdruckerei in Nenrndürg.