Als die Frau den Rock brachte, sagte sie: „Wenn der Geliert nur eine Frau hätte oder eine eigene Haushaltung, da könnte man ihm etwas schicken; aber dein Bruder sagt: er ist ledig und lebt mutterseelenallein."
So fröhlich hatte Christoph noch nie seine Pferde angeschirrt uud an den mit Buchenholz beladenen Wagen gespannt, so freudig hatte er lange nicht seiner Frau die Hand zum Abschied gegeben, als heute. Nun fuhr er mit dem schwerbeladenen Gefährte durch das Dorf, die Räder Pfiffen und knisterten im Schnee. An dem Pfarryause hielt er plözlich an und schaute hinauf, dort, wo der Bruder jezt schlief; er will ihn wecken und ihm sagen, was er thun will; aber rasch peitscht er auf die Pferde und cs geht weiter; er mag sich noch nicht binden, was er thun will, vielleicht war's nur ein flüchtiger Gedanke. Das gesteht er sich nicht, und er sagt sich nur, daß er den Bruder überraschen wolle, wenn er's thut; und er dachte sich hin zu dem frommen Manne, der jezt dort in der Stadt schläft, und nach einer alten Sangweise sang er vor sich -in den Vers.
Und wer weiß, wie wunderbar im Leben fich Wirkungen zeigen, denen wir nicht nachgehen können; auch Geliert hörte im Traume ein Singe», er wußte nicht, was cS war, aber eS klang so tröstlich, so fröhlich...
Christoph fuhr dahin und es war ihm, als ob ihm eine Binde von den Augen genommen wäre. Cr dachte zurück, welch ein schönes Haus, welch eine brave Frau er habe und frische Kinder, und wie warm war der Mantel, den er übergeschlagen hatte, und wie wohlauf Mensch und Vieh; und durch die stille Nacht fuhr er dahin, und neben ihm saß ein Geist, aber nicht ein Blendwerk der Einbildung, wie in alten Tagen die Menschen zu ihrem Schrecken fich auSbachten: ein guter Geist saß neben ihm, neben dem Holzhauer, der sein Leben lang nicht geglaubt hatte, daß eiwas Anderes Macht über ihn gewänne, als was Hand und Fuß hat.
Es geht die Sage, daß in schweren Nächten böse Geister fich auf den Nacken der Menschen sczen und sie belasteten, daß fie keuchend vor Angst schwiztcn; das war heute ein ganz anderer, der neben dem Holzbauer saß, und sein Herz war warm und schlug rasch. — Und cs war in alten Zeiten, da führlen Männer Holzfuhren durch die Nacht, um fie zu sammeln aus einen Scheiterhaufen, darauf man Andersgläubige verbrennt; jene Männer glaubten, ein gutes Werk zu ehun, sie halfen mit, das Gericht vollziehen, und doch, wer weiß, wie angstvoll eS ihnen zu Muthe war, wenn sie dcnlrn mußten: auf dem Holze, das du führst, jammert, röchelt und verhaucht morgen ein Mensch wie du. Wer weiß, welche schwarze Unholde sich jenen Männern aus den Nacken sezten, die das Holz zum Scheiterhaufen führten! — Wie ganz aitterS war eö unserem Bauer Christoph heute!
Und weiter hinaus in alten Zeiten führten Männer Holz in den Tempel, darauf man Opfer verbrannte zu Ehren Gottes, und sie thaien Gutes in ihrem Sinne; denn wo dem Drange des Herzens kein Wort mehr ausreicht, bringt es gerne eiwas dar, was ihm lieb, waS ihm wert- ist, als Zeichen seiner Hingebung, als Zeichen, daß es ihm ernst ist mit seinem Willen-
Wie ganz anders fuhr j.zt Christoph von der Dü- bener Haide den Weg entlang! Er wußte nicht, ob er ein reines Opfer zu bringen Willens war im Vergleich mit anderen verschollenen Zeiten; aber sein Herz erwärmte fich.
Als es Tag geworden, war er vor dem Stadtthor von Leipzig angekommen. Da begegnete ihm ein Leichenzug, die Thomasschüler in langen schwarzen Mänteln sangen hinter der Leiche drein. Christoph hielt an und zog den Hut ab. Wen begräbt man da? Wenn eS Gellert wäre! Ja, gewiß, er ist's, und! wie gern hättest du ihm noch eiwas Gutes gethan,z,ja, du hättest ihm dein Holz geschenkt. Ja, das hättest du, sicher, und jezt ist er tobt, und du kannst ihm nichts mehr thun!
Erst als der Leichcnzug vorüber war, fragte Christoph, wer da begraben würde. ES war ein einfacher Bürger, es war nicht Gellert, und in dem schweren At-em, der jezt aus der Brust Christophs auf- stieg, lag ein doppelter Ausdruck: einerseits war eS Freude, daß Gellert nicht gestorben war, und ander, seits ein leises, verstohlenes Gefühl, daß er nun fest versprochen hatte, ihm das Holz zu schenken; aber wem hatte er eS versprochen? Sich selber, und mit dem eigenen Gewissen läßt fich leicht rechten.
Der Aberglaube fabelt von Beschwörungsformeln, mit denen man, ohne Zuthun des Kranken, plözlich den bösen Geist austreiben könne. Es wäre bequem, wenn man das hätte; aber in Wahrheit ist es nicht so. Da dauert cs lange, bis das böse Gelüste und die böse Gewohnheit aus der Seele heraus ist, in die sie fich eingenistet, und der Wille, - der lange gebunden war muß Mitarbeiten, wenn ein erlösendes Machtwort von außen ihn befreien soll Man kann nur Den führen, der selber die Füße hebt.
(Fortsezung felgt.)
— Der französische General Gopon wurde, bevor er neulich nach Rom abging, bei der Verabschiedung vom Kaiser und von der Kaiserin von leztcrer beauftragt, der Gemahlin des (Er-) Königs von Neapel, Franz N., unter Anderem auch zu sagen, daß sie, die Kaiserin Eugenie, sich sehr glücklich schäzcn würde, I. Maj. die Königin bald wieder auf ihrem Throne zu sehen. Gopon blickte bei diesem Aufträge den Kaiser scharf an, der zuerst die Augen niedersenkte, bald aber lächelnd solche wieder mit den Worten erhob: »Sagen Sie dies nur immerhin; es schadet nichts."
— Dieser Tage gelangte an den König von Preußen die Bittschrift eines armen Mannes um eine kleine Geldunterstüzung Mit der sonderbaren Ueberschrift: »Allerdurchlauchtigster, Allergnädigster, Allerd urch- dringlichster (buchstäblich) König und Herr!" Der König lachte und bewilligte die erbetene kleine Summe-
— Aus der sechshundertften und lezten Ziehung deS bayerischen Lotto's überhaupt zu Nürnberg ist dem Staate noch ein Reinertrag von220.0M st. zugeflossen; während die Einsäze bald^gegen 300,000 fl. betrugen, entfiel an die^Spieler nur ein Gewinn von nicht ganz 60,000 fl.