Beilage zum Grrzthäler Ztr. 8Ä.
Mittwoch den 19. Oktober Itztzl.
Miszellen. ^
Die Köchin !
(Schluß.)
Noch immer hungrig und nach dem lange entbehr- l ten Genüsse sich sehnend, macht sich der Entzückte darüber her: er findet die Speise zwar etwas stark und kräftig, aber doch gut, und von der Hand der Liebe, meint er, müsse es ja auch ganz anders schmecken, und darum, obwohl ras zarte Weiblein nach rem ersten Bissen nicht recht begreifen konnte, wie man so stark- geistige Spei'e lieben könne, macht er sich um so belden- müthigcr daran, ißt seine eigene und seines lieben Weibes Portion, bis er endlich übersatt einhält von der gewaltigen Arbeit. Aber wie er sich aufrichtet vom Teller, drebcn sich auf einmal Fenster und Spiegel und Thürcn, und die leeren Schüsseln und der Tisch und die Stühle im wirbelnden Tanze um ihn her, und selbst sein lustiges Weibchen sieht er in wirbelnden Neigen ihn umkreisen- Nur er selbst tanzt nicht, denn wie er aufstehen will, sein tanzendes Weiblein zu fassen, bekommt er den leibhaftigen Knieschnapper, und purzelt mir nichts dir nichts mitten hinein in den lustigen Tanz. Da liegt er am Boden, seine Frau packt ihn am Arm, er bleibt liegen wie ein Sack, sie ruft idn bei Namen, er gibt Antwort, aber in einer Sprache, deren wunderlich lallende Gurgcltöne sic nicht zu entziffern vermag. Schnell wird die Magd >zum Doktor geschickt, ebenso schnell ist rer wackere Mann zur Hanv. Man hebt den Armen auf, legt ihn ins Bett, macht ihm warme und kalte^ Aufschläge, läßt chm zu Ater, sezt ihm Schröpfköpfe und Blutegel an den Kopf, auf den Magen. Jezt erst fragt der gelehrte Mann, was der arme Patient denn gegessen bat, und versucht den Leibkuchcn, von dem ehrenhalber noch ein winzig Stücktein auf der Platte lag, und fragt dann nach dem j Recept dieses Gerichtes. Ich had's ganz .,cnau nach ^ der Löfflerin gemacht, Herr Doktor, erwidert die Hausfrau, und holte schnell aus der Küche das Buch. Der Doktor schlägt selber nach, ließt die eine Seite hinunter, aber, wie er unsichlägt, sieht er, daß zwei Blätter au einander geklebt sind noch vom Buchbinder her, und daß die wackere Köchin w unglücklicherweise um ein Blatt zu weit gekommen ist, und da steht richtig ganz deutlich auf der Seite oben: Nimm zwei Schoppen Rum und schütte es dazu. Und so hatte es auch pünktlich die gewissenhafte Köchin gemacht. Da. freilich ging.dem Doktor ein Licht auf, und er zeigte der Frau sen Streich, den sic gemacht hatte. Zum Manne sagte er aber nichts, als »bis Morgen wird's schon besser werven", und richtig war auch der gute Mann am andern Morgen wie-er nüchtern, nur hatte er einen erklecklichen „Kazenjammer' und die Blntegelstiche und die Aderlässe juckten ihn noch einige Tage nachher.
Ziem, gut war's, daß cs so abging, cs schlimmer gehen können, das dachte auch daö guie
Weiblein, und siudirte zwar auch fürder fleißig im Kochbuch, aber war vorsichtig beim Umschlagen. Wie ist'« liebe Leserin, willst du den ersten Stein auf die arme Köchin werfen?
— Europa zählt 57 Städte, welche mehr als 100,000 Einwohner haben; eine davon hat LVbr 2 Millionen, eine über eine Million, eine fast eine Million, fünf haben 4-500,000, eine 3 - 400,000,; acht über 200,000, siebenunddreißig l—200,000 Bewohner. Sieben von dielen Städten sind Äefidenzen und Seehäfen zugleich, 17 nur Residenzen uüd 29 Seehäfen. Von denieidcn kommen auf Preußen drei, Oestrlkch 8, das übrige Deutschland 3, auf Frankteich 7, MiNtöß- briitänien 12. — Nach den neuesten bekannten ZSHkiin- gen hat London 2,950,000 Einwohner, Paris 1,52§sZSS, Petersburg 494,050, Lien 476,222, Berlin 438,961, Neapel 413,920, Madrid 301,660, Lissabon 275,266, Brüssel 266,481, Amsterdam 243,775, Pesth und ÖfiH 186,945, Rom >80.359, Turin 179,635, Hainbliig 17t,696, Kopenhagen 143,53!, Venedig 118,172, Dttß- den 117,750, München 114,734, Stockholm 101,502.
In Hollowap in London ist es wieder einmal vorgekommen, daß eine junge Dame durch ihre Crinoline verbrannte, Ihr Vater, ihre Mutter, ihr Bruder und ein Hr. French erhielten beim Versuch, sie zu retten, schwere Brandwunden. In Jarmouth ging eine Dame in weiter Crinoline an einem 71jähr;gen Invaliden vorbei, faßte ihn glücklich mit dem lrnletsten Ctienreir und warf ihn aufs Pflaster, io daß er an zwei Stollen das Bein brach. Die Dame segelte in der Crinottne ruhig weiter, ohne dem alten Mann mit ihrer Hufe und Sympathie beschwerlich zu werden. Der Globe fragt, ob man sie nicht wie eine Eisenbahngesellfchatt um Schadenersaz belangen könne?
Der Kapellmeister Bach, der Friedrich den Großen beim Flötenspielen gewöhnlich accoinpagnirie, sah eines Tages im Winter einen Teller voll Kirsche» aut einem Nebentisch stehen. Der König cntferiue sich auf kurze Zeit durch das offcnsiehenoc Nebenzimmer. Lach spielte fort, die Finger auf den Tasten, die Augen aber auf die einladenden Früchte gerichtet. Er tonnt« der Begierde nicht länger widerstehen, schlich sich M den Teller, steckte einige Kirschen ein und sczte danrt sein Spiel wieder fort. Gleich daraus kam der König zurück; er hatte das Manöver Bach'S durch die offne Thür aus der Ferne gesehen, griff mit voller Hand m die Kirschen und reichte sie seinem Lehrmeister mt« den Worten: „Hier hat Er welche! Aber selbst muß Er sich keine nehmen!«
König Friedrich Wilhelm IV, vän' hätte auch l Preußen sprach, als er bereits korpulent geworden, aus einem Balle im Schlosse zu Berlin mit «iüeM*