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Kronik.
A u S l a n v.
Italien.
Aus dein Vager von Gaeta, 16 N»v., schreibt man der „D. AUg. Zeitung": Illle Zeitungsnachrichten, welche von einer baldigen Neber- gabe der Festung oder eiuer entscheidenden Beschießung sprechen, sind über die hiesigen Ler- uältniffe böchst ungenau unterrichte». Wir scheinen vns >m Gegentheil zu einer langen Belagerung horzudereiten, die nach allen Regeln des Fest, ungskriegs geführt werden soll.
Amerika.
Wie eS scheint, geht auch die große nordamerikanische Union neuen Sturmen entgegen, und wenn dieselben auch nicht, wie Manche bereits prophezeihen wollen, zu einer Trennung derselben führen, so dürfen sie doch mehr als bisher auch die Aufnierkiainkeit deS mit seinen eigenen Angelegenheiten hinreichend beschäftigten Europa wieder auf sich ziehen. Am 6. d. wurde Abraham Vinco ln, der Candidat der republikanischen Antisclaverci-Pa-tei» auch ein Parvenü, aber ein achter Sohn seines gewaltig aufstrebenden Vanbes und ein Manu, dessen durch rastlosen Fleiß erworbene Kenntnisse, seltene Ehrlichkeit und Charakterfestigkeit man rüymi, zum Präsidenten der Bereinigten Staaten für die nächsten 4 Jahre (vom 4. März I86l an» an Buchanaa's, des gegenwärtigen demokratischen Hauptes der Staatenrcpublik, Stelle gewäblt, Mit dieser Wabl scheint der so erbittert um sie geführte Kampf keineswegs, wie sonst gewöhn- lich, für eine Zeitlang zur Ruhr gebracht zu seyn, sondern nur um so heftiger zu entbrennen. Es ist die große Frage der Sclaverci, resp. deren Aufrechthalrung oder Abschaffung, die ihn schürt.
Miszellen.
Jneognito.
Eine Geschichte aus der Provinz.
(Von Otfried M - lius.)
(Sortierung.)
— „Beweist aber das Empreffement des Prinzen, diese Verbindung zu Stande zu bringen und sich der Prinzessin zu nähern," sagte die Stiftsdamc. „Wie ich zu prophezeien die Ehre hatte, die Photographie hat die Sache vollends zum Abschluß gebracht und Se. Durchlaucht entschieden."
„Sehr wahr," entgegnete die Prinzessin Charlotie. „Der Prinz hat gewiß, als er Laura s Bild gesehen, nicht einen Augenblick mehr zögern wollen, und ist ohne Weiteres -ieher gereist. Dem Rufe nach, der ihm voran geht, sieht ihm das ganz ähnlich — die Steiuheim's waren immer un xeu piiiiosopbe."
- „Und was sagst Du, Auguste?« fragte der Fürst seine Gemahlin, welche gewöhnt war, nie ihre
Ansicht vor derjenigen des Fürsten abzugcben. »Wie gefällt Dir das Betragen deS Prinzen? Du wirst «S wohl für allzu nonchalant Hal en?«
»O, nicht doch, Rudolph,« gab die Fürstin zur Antwort. »Ich verzeihe dem Prinzen Alles, wenn ich seine Desinvoltüre nur als eine aufri ckligc Bewunderung und ein herzliches Interesse für unsere Tochte^ ^euten kann. Laura ist so gut, so vollendet — sie verdient so sehr einen Gemahl, der ihre Vorzüge zu «chäzen weiß. — Ader nur Eines choquirt mich, Rudolph — daß der Prinz in jener unbequemen, engen, schmuzigen FuhrmannSherbcrge logiren soll. Das können, das dürfen wir nicht zugcbcn. Wir bcwirthen ja von jeher alle Fremden von Distinktion, die unser stilles Gleisberg mit ihrem Besuche beehren; und so können wir füglich auch den Prinzen, unbeschadet des Inkognito, das er angenommen hat und das wir achten werden, recht freundlich einladen, einige der Gastzimmer im Schlosse anzunchmen."
— «Du hast Recht, meine Liebe," sagte der Fürst» »aber für heute ist es zu spät und morgen ist die Einladung besser motivirt und auch willkommener nach den Erfahrungen der ersten unbehaglichen Nacht!"
„Charmant!» sagte Prinzessin Charlotte; „ist er der Gast im Scbloffe. so ergibt ssch für ihn eine um so ungesuchtere und bequemere Gelegenheit, Laura zu sehen und zu beobachten. Er wird also sicher gerne annehme,i. Und welche uvuntue;« für uns, ihn selber dann näher kennen zu lernen, seinen Charakter zu prüfen und uns zu überieugen, daß wir das Lebcnsglück meiner geliebten Nichte ihm mit voller Ruhe anvertrauen dürfen!
— „Die einzige Nacht im Gasthaus«, wie schle chi sie dem Prinzen auch bekommen mag, wird ihn »ich* um Leben und Gesundheit bringen — höchstens um ein Bische» gute Laune," sagte der Fürst lächelnd; »und dicß soll die gerechte Strafe dafür sepn, daß er uns so wider alle Abrede und Etikette überrumpeln will. Aber ich dabe noch ein besonderes Plänchen mit ihm, meine Lieben,« sczte er lächelnd hinzu und rieb sich die Hände. „Wir wollen ihm eine kleine Contremine legen, und am Ende soll sich Alles in Scherz auflöken."
„Was haben Sie denn vor, Herr Schwager?« fragte Prinzessin Charlotte- „Doch keine Mystifikation? L), ich bitte Sic inständig, Herr Schwager, nur keinen Scherz in solchen Dingen!« . . -
„Morgen, morgen sollen Sie Alles erfahren, meine Damen," entgegnete der Fürst mit ironischem Lächeln und gcheimnißvoll, „Ich muß mein Plänchen vollends bei mir ausreifen. Sepn Sie aber ohne Sorgen, meine liebe Prinzeß Charlotte! eS ist eine sehr unschuldige kleine Teufelei, welche ich mit dem Prinzen vorhabe; Ihre überquellcnde Herzcnsgüte und Ihr butterweiches Gemüth brauchen gar nichts für den Prinzen zu fürchten, für welchen Sie nun einmal ein ganz außerordentliches Penchant habe», weil er, wie
Sie, zur Republik der Schriftsteller gehört.Ei
nur kalt, meine Damen! für heute dcmaskire ich meine Batterien noch nicht; aber morgen beim Frühstück sollen Sie meinen ganzen FeldzvgSplao erfahren. Für heute angenehme Ruhe, meine Damen!«