und darüber schäme ich mich heute noch! Bei Glogau habe ich zwei Finger eingebüßl; heute gäbe ich gerne meine Hand ganz der, wenn doch nur die Deutschen einmal einig wären!"

Baden.

Karlsruhe, 12. April. Ministcn'alraih Keller vom Justizministerium, welcher in der Concorbaisfrage eine Schrift gegen seinen nun« mehngen Mii.ister, Stadel, erschienen ließ, soll auf einige Zeit beurlaubt scyn. Es wird mit großer Bestimmtheit versichert, daß das neue Ministerium ein Berfaffungsgesez fertig habe, rvornach die katholische Kirche die i» der preu- ßi chen Verfassung derselben gewäbrten Rechte und Freiheiten auch in Baden erhallen soll. Eine Neubesezung des großh. evangelischen Oberkirchenraihs stebt vielleicht in naher Aussicht, da bas Ministerium Siabel Lamey die gegenwärtigen Mitglieder dieser Stelle, als der sog. pietistnchen Richtung angehörend, größten- theils zu entfernen beabsichtigen soll. (N-Pr.Z )

Oestreicd.

Wien, 13. April. DieOstd. Post" be­merkt heute: »General Lamoricitzre hat nun definitiv den Oberbefehl über die päpstlichen Truppen übernommen. Seine Proklamation ist wie eine Kriegserklärung an Sardinien, daS er offenbar unter der Revolution, gegen die er seine Worte richtet, versteht. Der Kaiser der Franzosen hat »ach der Hand die Erlaubniß zu einer Sache gegeben, die er nicht Verbindern konnte. Er hat dem römischen Hofe d e Ein­willigung zur Anstellung Lainorieiörc'S eriheilt, ohne daß festerer direct sie nachgesucht hat. Gleichzeitig bat Napoleon eine Anzabl gezogener Kanonen zum Geschenk gemacht. Nun fragt es sich, was sezt gcschebcn wird. Daß ei» Hau­degen wie LamvriciLre nicht zur Parade das Ober-Commando von Trupven eines fremde» Staats übernimmt, versteht sich von selbst; seine Proklamation zeigt vielmehr, daß er von dem brennenden Drang beseelt ist, für die Sache des Papstes etwas Entscheidendes zu thun.

Preußen.

Berlin, 10. April. Das Augenleiden der Kaiserin-Mutter von Rußland soll keineswegs so bedenklich seyn, als viele Nach, richten meldeten. Sie gedenkt Ende Juni ein- zutrrffen und von hier aus zu Lande nach Pe­tersburg zurückzuk.hren.

Der IS. April 18 ««

bringt der evangelischen Christenheit Deutschlands und des Nordens von Europa die lezte Veranlassung in diesem Jahrhundert zur Säcularfeier eines Ereignisses aus dem Zeitalter der Reformation, denn an diesem Tage vollendete vor dreihundert Jahren der wirksamste Mitarbeiter Lutbcr's, der »Lehrer Deutschlands», Phi­lipp Melanchthon.

Außer der feierlichen Begehung dieses Tages Sei- tenS des protestantischen Deutschlands soll das Ge- dächtniß dieses mildesten und gelehrtesten unter den

Reformatoren, deS Freundes Luthers und des Ver­fassers der »Augsburgischcn Confession" in einem Denk­male auch dauernd sich auStprechen.

Ohne den kräftigen Reformator wäre Melanchthon nicht z»m Mitreformator geworden; aber ohne ihn wäre Luther's Unternehmen sehr unvollkommen geblieben und vielfach mißlungen. Das hat Niemand so tief gefühlt als Luther selbst. Wie er schon 1519 von Melanchthon sagt: »Das ist ein bewunderungswürdiger Mensch und fast in allen Stücken über andere Menschen erha­ben" und nach der Leipziger Disputation mit Eck- -Di ses Gricchlein (denn Griechisch zu lehren war Me- lanchthons Hauptberufs übertrifft mich auch in der Theo­logie", so forderte er, als Melanchthon 1540 zu Wei­mar am Tode lag, dessen Erhaltung unbedingt von Gott, weil sein Beistand für die Sache des Evange­liums unentbehrlich scp.°

Melanchthon vermochte nicht die heilige Schrift in Luiher's kräftigem Deutsch zu übersczen, aber ohne MelanchthonS gründliche Kenntniß der alten Sprachen und des gan,en AltcrihumS hätte Luthers Uebersezung an Treue und Werth viel eingebüßt. Das Hauptbe- kenutniß der neuen Kirche mußte Melanchthon ausar« beiten, denn hätte es Luther in seiner schonungslosen Kraftsprache abgefaßt, so hätten es die protestantischen Fürsten dem Kaiser vorzulegeu nicht wagen dürfen. Luthers Unternehmen konnte nur von einem Gelehrten wie Melanchthon wissenschaftlich begründet und den gelehrten Schulen und ihren Vorstehern empfohlen wer­den. MelanchthonS Urtheil, das auch für Luther ge­wöhnlich entscheidend war, galt Viel bei der unglaub» llchen Zahl von Fürsten und Städte», Beamten und Gelehrte», imt denen der von allen Seiten in Anspruch genommene Mann in einem wahrhaft großartigen Briefwechsel stand. Deßhalb mißgönnte der weltbe­rühmte EraSmuS, nachdem er mit Lutbcr zerfallen war, dem Reformator und der Universität Wittenberg Nichts so sehr als die Freundschaft und dir mächtige Hülfe MelanchthonS, von welchem er selbst, als dieser kaum ein angehender Jüngling war, fast >ifcr ÜHIig gewcis-- sagt halte: »Der wird einst den EraSmuS verdunkeln."

Hätte es Melanchthon nicht schon als der Erste, der die evangelische Lehre wissenschaftlich darstellte, in einem Werk, das Liuhcr unter allen Büchern nächst der heiligen Schriit am höchste» hielt, und als eifrigster Beförderer der Reformation, nm deren Willen er »och mehr Arbeiten und mühselige Reiten und Verhandlun­gen übernommen und zahlreichere Anfeindungen er­fahren bat als Luther selbst, wohl verdient, daß sein TodcStag gefeiert wird, so müßte Deutschland schon daraum sein Gedächtnis in Ehren halten, weil er durch Siltenrcinheit, Seelenadel, ächte Frömmigkeit, tiefe Gelehrsamkeit, tbätigc Förderung der Schulen und aller Wissenschaften als ein Stern erster Größe leuchtet und den Namen »der Lehrer Deutschlands" mit vollem Rechte trägt.

Wie nahe ging seinem deutsche» Herzen die Spal­tung Deutschlands, die er kommen iah und durch alle Mettel, welche die Wahrheit zuließ und die Liebe ge­bot, zu verhüten und Einigkeit zu vermitteln strebte! Zur gerechten, ihm zu lange ans dogmatischen Gründen versagten Würdigung des durch Arbeit und Sorge für die Kirche Christbund das deutsche Vaterland zu früh aufgeriebcnen edlen Mannes ist in neuerer Zeit manche Schrift erschiene».

Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'fche» Buchdruckerei in Ueueudürs.