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Nimmt sein Käpplcin von dem Scheitel, Faltet fromm die dürren Hand'

Herr, da» Erden tb um ist eitel,

Schenk' mir bald ein gnädig' End'!"

Und eS blickt des Frühling» Schimmer, Linde strahlt im Morgenroth;

Drin der Meister, mild wie immer, Hat gelegen bleich und todt.

Doch dem Töchterlcin daneben.

Jungen TilchlerS braver Frau,

Ward die Nacht ein Sohn gegeben, Mündlcin roth und Aeuglein blau.

Wanderburschen sind verschwunden Ohne Gruß und ohne Dank;

In der Werkstatt hatt' man sunden Sarg und Wiege neu und blank.

In dem blanken Sarg der Alte Schläft in Frieden sanft und gut, Kindlein, daß es Gott erhalte.

In der blanken Wiege ruht.

Die drei Sktobertage, die un» an die Schlachttage von Leipzig im Jahre I8l3 erinnern (l6., 17. und 18), werden für immer eine geistige Denk­faule der Nation sepn, die ihr zeigt, was Einigkeit tverth ist. Allein diese Denkfaule enthält auf ihrer Rückseite noch eine Warnungstafel für sie: nicht zu vergessen, daß troz des dort vergossenen deutschen Blu­tes, aus dem der Baum ver Einheit und Freiheit empor- tvachken tollte, weder die eine noch die andere dieser Früchte gediehen ist. Man ist daher gewiß nicht be­rechtigt, fezt noch zu jubeln über rin Ercigniß, das dem Volke den geringsten Nuzen brachte; es ist viel­mehr an der Zeit, zu bedenken, daß wir größeren Ge­fahren entgegen sehen, als sie dort abgewendet wur­den, und zur Begegnung derselben jrzt Das eitrigst anzustreben, was in jener Periode nicht erreicht wurde: die Einigkeit und Einheit des deutschen Volkes. Hören wir daher nicht auf, nach ihnen zu ringen: DaS ist die ernste Mahnung der Blutfeldcr von Leipzig.

Das Kaiserthum Marocco.

Das Kaiscrthum Marocco ist unter den mohame- danischcn Reichen an der afrikanischen Nordküste das­jenige, welches bis jezt die europäische Cultur voll­ständig von sich abgcwiescn hat, doch gerade dieses Reich wäre der reichsten Entwicklung fähig. ES ist größer wie Frankreich, da cs 10,500 Quadratmeilen hat und der größte Tdeil des Gebietes ist fruchtbar; an Gebirgen durchziehen es der Rif und der Atlas, dann hat eS großen Reichthum an Flüssen und Bächen und ein sehr gesundes Klima, da die Wärme in der heißen Jahreszeit, selbst im Süden, selten 28° R. über­steigt. WaS der sehr furchtbare Boden zu leisten ver­mag, sieht man an den paradiesischen Gärten beim Schlosse deS Sultans zu Meknas sMequinez) und an ähnlichen Anlagen der europäischen Consuln in Tanger. Da jedoch die Wälder der Ebene meist vernichtet sind, so bietet die Fläche nur noch während der nassen Jah­reszeit, von Oktober bis März, einen lachenden An­blick dar, da dann Alles sich mit einem grünen Teppich schmückt, aus dem Lilien, Narcissen und andere unserer schönsten Blumen zu Tausenden hervorblickcn. Dage­gen liegt in der trockenen Jahreszeit der Boven wie

verbrannt da, in einem eintönigen gelben Schimmer. Zu den Zeiten der Römer war dieses Land eine der Kornkammern des Reiches und ferne unterirdischen Schäze an Gold, Silber, Blei, Eisen und Kupfer wur­den eifrig ausgebeuiet; aus diesen Zeiten stammen die noch vorhandenen Trümmer von Wasserleitungen.

Zur Warnung möge folgender Vorfall dienen, welcher der ,.Karlsr- Ztg.« von der Kinzig, 7. Okt, gemeldet wird: In Erzbach, Gemeinde Biber ach, hat gestern ein bedauerlicher Unglücksfall unter eigen- thümlichen Umständen stattgefunden. Ein lediger Bur­sche von 23 Jahren war in ein 4 Fuß 8 Zoll tiefeS Faß gestiegen, um dort die Traubentrester, welche zum Bronntweinbrennen benüzt werden sollten und sich schon in starker Gährung befanden, festzutreten. Nach­dem er kaum eingcstiegen war, bemerkte sein Vater, daß er keine Bewegung mache. Er eilte hinzu und fand seinen Sohn todt: das kohlensaure Gährungs- GaS hatte ihn erstickt. Alle angewandten Rettungs­mittel erwiesen sich fruchtlos.

Ein Breslauer Lebemann wettete in gu­ter Weinlaune, er wolle einen Monat lang seine Le­bensbedürfnisse mit IV, Thalcr. also pro Tag mit 1'/, Silbergroschen, bestreiten, und dann allen seinen Ge­schäften nachgehen. ES galt um 500 Friedrichsdor; der Mann gab sein Ehrenwort, daß er die Bedingun­gen einhalten wolle, und zwei Freunde wohnten die ganze Zeit über bei ihm. Nachdem er mehrere Be­dürfnisse im Großen eingekauft, begann die Wette; er nahm hauptsächlich Milch, Brod, Früchte und Fleisch zu sich, befand sich so wohl und gesund wie vorher, und als der Monat verstrichen war, hatte er noch 17 Pfennige übrig. Er hatte die Wette sonach ge­wonnen, das Geld aber nahm er nicht, sondern legte aus seinem Beutel noch eine »amhafte Summe dazu und bestimmte das Ganze zur Unterstüzung verschäm­ter Armen im Winter.

In einer amerikanischen Stadt, wo die Crinoline bereits alle Raumverhältniffe umgestoßen hatte, kam man auf den Einfall, die Delinquenten bei ihrer Aus­stellung mit einer Crinoline von fünf Ellen Weite zu bekleiden. Als der dritte Delinquent in diesem Anzug auf dem Schaugerüst erschien, ward die lezte Crino­line der Stadt dem Feuertode übergeben, und die Raumverhältniffe dieser lezteren traten wieder in ihre alten Rechte. Das ist das System, eine Mode durch möglichste Verbreitung abzuschaffen.

Neuenbürg.

Zur Besprechung einer angemessenen Feier des 10. Novbr. ladet alle sich hie- für Jnteressirenden auf heute Abend 7 Uhr ins Lokal von J.M. Genßle freundlich ein

K. Friz.

Redaktion, Druck und Verlag der M e r h'fchen Buchdruckerei in Neuenbürg.