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«nd reichte Hugo eine Düte voll Konfekt, die der Kleine danken» annahm, ohne aber darum freundlicher zu werden. »Nun iebe mir Einer den kleinen Burschen da!" fuhr der alte Herr dann fort; »er läßt sich wahrlich nicht bestechen. Pauline» wem Kompliment! Sic haben den kleinen Kerl nicht verzogen; ich bin mit Ihnen zufrieden!"

Paulincn standen die Hellen Thränen in den Augen als sie schüchtern ihre Hand in die des Edelmanns legte, und mit einer rührenden Bescheidenheit erwiderte: -Gott lohne es Ihnen, Et cellenz, wenn Sie dem armen Kin:e gewogen bleibe»! Es ist ein so gutes» wackeres Herz in dem Knaben, und io reiche Gaben, und wir tbun unser Möglichstes daß sein Gemülh und sei» Ver­stand im Gleichgewichte bleiben und Hugo einst ein wackerer, für das Leben brauchbarer Mensch werde. Er muß ja fest werden und bei Zeiten hart Holz bohren lernen, um ssch dereinst selber seinen Weg durch da« Leben zu machen, und unvcrrückt sein moralische- Ziel im Auge zu behalten» wann er einmal erfährt, daß er nicht einmal seine Eltern kennen daril«

Bleibe» Sie ihm einstweilen Müller, Paulinr! sagte der alle Herr weich; er gewinnt nur her dem Tausche, denn sie kann Ihnen in keiner Weise da- Wasser reichen. Es -st ein Jrrthum der Natur, daß Sie nicht meine Tochter wurden, Paulinc!"

«Keineswegs Ercellenz, ich paffe nur in meinen Kreis, unv wäre in Ihrem Haufe nie Das geworden, was mein grösstes Glück im Leben ist: eine wahre Christin!' entgegnctk Paulin,. «Wenn Baro . . . .«

«Stille, keinen Namen l der kleine Bursche soll ihn niemals hören!" fiel ibr die Ercellen; in'S Lsor».

»Wenn sie in christlicher Sitte erzogen worben wäre, Ercellenz, so wurde Vieles anders sepn!«

»Wahr, sehr wahr! All in nun zu spät! Meine Frau glaubte gar nichts; ich war ein Rationalist oom besten Wasser, wie konnte da von einer christlichen Zucht die Rede sepn, und die Mama ließ ihr z» frühe die ungebundenste Freiheit! Je, u», das find leidige Tbat- sachc» »nd nicht mehr zu ändern. Aber tagen Sie, Mademoiselle, schreibt sie ron Zeit zu Zeit? erkundigt sie stch nach dem Schicksal des Kindes?"

Paul ne zögerte lang, dann sagte Ke: »Seit Weih- nachten ist kein Brief »>ehr gclommen, obschon ich jeden Monat Bericht erstatte!«

,,!l>isei u»,le!" kreitschte der Edelmann. »Aber nun eine Bikle, Paulirie! gehen Sie mit dem Kleinen hin- nauS in'S Wäldchen. Mein Reitknecht hat einen Korb mit Spielsachen, den ich für Hugo mitgebrachl habe, und bleiben Sie ihm gut, dem arme» Wurmet« Er wollte ihr die Hand küssen, aber fir litt es nicht, son­dern drückte die seinige stiimi» an ihre Lippen und be­thaute sse mit einer heißen T-räue.

«Sie brauchen ihr dieß nicht anzubeschle», Errrl« lenz, denn sie lebt nur in dem Knaben und für ihn!- sagte der Pfarrer, als seine Tochter mit dem Pflege« kinde wegegangen war. «Ich bitte Sie nur um EiaS: nebmen Sie ihr das Kind nicht, auch wen» ich einst nicht mehr bin. sondern lassen Sie es ihr wie einer Gouvernante. Sie hat mehr für Hugo gelitten, als manche Mutter für ihr eigen Kind, und der Benjamin, der Schmcrzenssohn. ist ja immer der Liebling der

Mutter. Sie ahnen nicht, welche Opfer der Knabe Paulinen kostet!"

(Fortsrzung folgt.)

Die Geißel dcS Krieg-.

Hans Wachrnhusen schildert unS in seinem «Tagebuch vom Krirg'chauplatz" seine KnegSeinbrückr im Hauptquartier folgendermaßen:

Es ist rin erschütternder Anblick, diese Regimenter in den Kampf ziehen zu sehen, in einen Kampf aufS Messer, wie er hier gerührt wird, in eine Schlachterei! Das Herz, das die Ergebenheit i» ihr Schicksal, die Eutschloffenheit, mit welcher sie sich demselben unter- werfen, dcwundrt, vermag sich einer gewissen Wrh- mulh nicht zu erwehren, denn in wenigen Stunden vielleicht ist daS Auge schon gebrochen, das jezt noch so rrozig in die Welt schau», und die stolze Brigade rin Lrichru-aufe»!

Meine Nerven knd ziemlich abgestumpft und mein Gemüth vcr>agt oft selbst drastiichrn Mitteln jede Reaktion, aber dieses Schauspiel hier ist erschütternd- Die ganze Situation verirzt uns hier zuweilen in einen fieberhaften Zustand, in eine geistige Verstim­mung, deren Antaß nur diese Wirkung auf daSNerven- ipstem ist.

Ott, wenn ich mir ans Augenblicke in diesem krieg- krischen Wirrwarr allein überlassen bi», drängt stch mir unwillkürlich ein Fluch auf die Lippen, rin stummer Herzensschrei gegen den Frevel, mit welchem man hier Hunderttaiisciide von Gottes edelste» Geschöpfen zur Schlachtbank führt; gegen den Frevel, der eine ganze Generation vernichtet und gottesläst rlich genug ist, zu dieiem Werk der scheußlichsten Brutaliiät de« Himmel« Segen >ür die Gerechtigkeit seiner Sache anzuflehrn!

Gott allein mag wisse», wie dieser enisezliche Kamps enden wird, aber daß er ihn zi.käßt. daß er Europa'« Fürsten schweigend zuschauen laßt, wie seine Fluren verwüstet, seine Kinder dabmgewürgt werden durch den Ehrgeiz eines Ein,igeu, daß er sse mit Blind­heit »chlägt, ist einer seiner uncrforkchiche» Rathschlägt, vor welchen wir mit blutendem Herze» uns beugen.

Europa'« Fürsten sind so gerue geneigt, den Zwei­fel an der Weisheit ihrer Beschlüsse als ei» Majestät-- »erbrechen zu betrachten; hier aber werden Verbrechen der Majestät begangen; hier wandelt mich rin Grauen vor der Majestät an die kraft ihrer göttl chcn Sendung ihre Unterlhanen schlachtet und das Land mit Wittwrn und Waisen brvöikcrt!

Ein Wort von Europa'« Fürsten »nd dieser Krieg, der das Blut zweier große» Völker kostet, der unttrr Cultiir zertritt, unsere Civilisatio» um fünfzig Jahre zurückschleuvcrt, wäre nicht losgebrochen. Vielleicht, ja wahrscheinlich, kommt eine Ze t und riese Zeit ist nabe, wo sse dieses Schweigen nicht nur um ihrer Völker, sondern um ihrer selbst willen bereuen werden!

Pari«. Herr Arthur Schick ler au« Berlin, welcher hier seinen Aufenthalt hat, und jüngst erst die Tochter des Baron« Roger (die Erbin von 500,000 Francs jährlicher Rente) geheirat'-et, ist zur preußischen Landwehr-Cavallcrie einberufen worden und jofortnach Berlin abgcreiSt.

Der atlantische Telegraph ist noch nicht auf- gegeben. Die Aktionäre der alten Gesellschaft haben beschlossen, das Unternehmen mit einem neuen Capital» von sieben Millionen Gulden wieder aufzuweisen. Die englische Regierung hat ihre jährliche Untcrstüzung um 6000 L. erhöht und von Amerika hofft mau 160,000 L. Zuschuß jährlich (?) zu erhalten.

Redaktion, Druck und Verlag dev Me th'schen Buchdruckerci in lileueubür-.