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Bekanntmachung in Postsachen.

Vom 1. Juni d. I. an werden die nachgenanntcn Postverbindungen nach und von Wild bad für die Dauer der Badsaison eingerichtet:

X. täglich zweimalige durchlaufende Eil- Wagenfahrten zwischen der Eisenbahnsta. tion Mühlacker und Wildbad:

Abgang von Mühlacker: 1) um l2Uhr20Mi­nuten Nachmittags (nach Ankunft der Züge IV., VI. und VII. von Ulm, Friedr chshafen, München, Frank« furt,Offenburg rc.); Ankunft in Wildbad: um 5 Uhr 55 Minuten Abends;

Abgang aus Mühlacker: 2) um 4 Uhr20Mi- nuten Nachmittags (nach Ankunft der Züge IX. uns VI. 8 . von Bruchsal, Frankfurt, Berlin, Paris, Straßburg, Stuttgart, Ulm rc.); A nkunft in Wildbad: um S Uhr 20 Minuten AbendS;

Abgang von Wildbad: 1) um 6 Uhr 30 Mi­nuten Morgens; Ankunft inMühlacker:um ll Uhr 25 Minuten Vormittags (zur Influenz auf die Züge IV., IV. a. und VII. nach Bruchsal, Frankfurt, Berlin, Straßburg, Paris, Bakel, Stuttgart rc.);

Abgang aus Wild bad: 2) um 8 V 4 Uhr Vor­mittags; Ankunft in Mühlacker: um 2 Uhr Nach­mittags (zur Influenz auf die Züge VI. v. und IX. nach Stuttgart, Ulm, München, Friedrichshafen, Bruch, fal, Mannheim, Karlsruhe rc.).

v. Eilwagenfahrten zwischen Freudenstadt und Wildbad (über Besenfeld) dreimal« chentlich:

Abgang aus Freudenstadt: am Mittwoch, Freitag und Sonntag um 7^/« Uhr Morgens (nach Ankunft des EilwagenS von Stuttgart, Nagold rc.) Ankunft in Wildbad: an denselben Tagen um 1 Uhr Nachmittags;

Abgang aus Wildbad: am Dienstag, Don­nerstag und Samstag um 12^ Uhr Nachmittags; Ankunft in Freudenstadt: an denselben Tagen um ÜV» Uhr Abends (zur Influenz auf den Nachteil- wagen nach Nagold, Stuttgart rc).

Stuttgart, den 17. Mai 1859.

Centralbehörde für dir VerkehrSanstal'en.

Knapp.

Miszellen.

Das Petiotisiren.

Der Franzose Petiot in Burgund behauptet, daß die Trester einen weit größeren Vorrath an windildcn- den Stoffen enthielten, als der ablaufende Most kon- sumire. Er läßt daher diese nicht rein auskeltern, son­dern versezt den Preßrückstand mit einer entsprechenden Menge von Zuckerwaffer, welche» jedoch die Zuckerdichte deS Mostes haben muß. Diese Masse geräth von Neuem in Gährung und zieht den Farbestoff dergestalt aus den Trestern, daß der Nachwcin in der Regel eine dunklere Farbe enthält, als der Vorlauf. Diese Operation soll drei bis vier Mal wiederholt werden. Das ganze Ver­fahren ist das Petiotisiren und der nach demselben er­zielte Wein petiotiflrter Wein genannt worden.

Die Sache hat Etwas für sich, da man auf diese Weise wohl liebliche Weine erzielen kann und muß

namentlich deßhalb, weil, wie angegeben ist, die Trester nie ganz auSgrkeltert werden, und so folgt, daß immer noch diejenigen Bcstandtheile, die im Moste sich be­finden, in den Trestern theilwcise verbleiben; dieß ist besonders von den stickstoffhaltigen eiweißhaltigen Kör­pern anzunehmen, aus welchen sich die GährungSpilze oder das Ferment (Hefe) bilden. Werden nun die noch nicht vollkommen ausgepreßtcn Trester mit Zu­ckerwaffer behandelt, so werden alle die in den Trestern noch adhärirenden Theile von Most aufgelöst, und läßt man zunächst die Masse einige Zeit auf den Trestern stehen, so ist es einleuchtend, daß die eiweißhaltigen Körper hinreichend sind, um eine Zcrsezung des Zuckers und mit dieser das Auftreten von Weingeist zu bewir­ken und so denn auch die Farbestoffe in den Hülsen vollständig, ja vollständiger aufzulösen, als es bei dem sonst üblichen Verfahren geschehen kann. Diese Me­thode dürfte daher nicht allein wegen des hier zu er­zielenden Nachweins, wie wir ihn paffend nennen wol­len, zu empfehlen sepn, sondern hauptsächlich noch deß­halb, weil, wenn die Trester nur leise gepreßt werden, ein viel lieblicherer Most und deßhalb erklärlicherweise auch ein schönerer Wein erzielt wird. (Gewblt.)

Wieder einmal sind alle Finanzmänner in Bewe­gung, um die M i tte l für die Auskämpfung ei, neS Krieges zu schaffen. I» Frankreich har man eine Anleihe von 500 Millionen Franken aufgelegt, in Oesterreich bei der Nationalbank 133 Millionen aus­genommen, in Preußen steht man im Begriff, eine An­leihe von 50 Millionen Thalern zu contrahiren. DaS sind in den drei Großstaatcn zusammen 272Mill. Thlr. WaS außerdem in Sardinien ausgenommen ist, was in Bayern, Württemberg und den übrigen deut­schen Staaten an Kriegsanleihen «ufgenommen werden wird, mag diese Summe leicht noch um fernere 10 V Millionen erhöhen, so raß die Masse Capitals, welche die Staaten beim ersten Entbrennen des Krieges zu­sammenraffen, sich auf mehr als 350 Millionen Thaler beläuft. So erschreckend groß diese Summe ist, so bildet sie nur den Ainang der Belastung der Staaten durch den K'ieg, und wenn der Zustand der Bewaffnung sich noch irgend längere Zeit hrnzicht, so wird die Summe sich noch verdoppeln, ja noch mehr als verdoppeln. Für den orientalischen Krieg hat Frankreich allein 400 Millionen Thaler ausgenommen, und war dieser Krieg nur auf ein enges Feld beschränkt, und nur in den weiten Truppentransporten fand sich ein Element, wel­ches die Lriegsanstrengungen besonders kostspielig machte.

DieKöln. Zeit.« erzählt folgenden edlen Zug. Bei der Einberufung der Neseroen in Sieg bürg befand sich u iter den Reservisten auch ein Schlosser auS- Deutz, der seinen Schmerz und Kummer nicht bewälti­gen konnte- Sein Nebenmann, ein tüchtiger Bursche, sah das Leid des Cameraden und erfuhr nun, daß der­selbe Ernährer seines blinden VatcrS und seiner kran­ken Mutter war, die jezt hülflos z» Hause saßen. Sofort führt der junge Mann den trostlosen Camera- den, troz dessen WiderstrcbcnS, vor den Major, erklärt demselben in schlichter Rede den Fall und erbietet sich» da doch viele Reservisten überzählig, für den Camera­den eintrcten zu wollen, wenn man diesen entließe. Der Bitte des Wackeren wurde Gewährung. Mit ei­nem warmen Händedruck nimmt der ringelretenr Ab­schied von dem dankbaren Cameraden und drängt ihn seinen Rückzug noch Deutz anzutreten.

Redaktion, Druck und Verlag der Me eh'schen Buchdruckerei i» Ueuenbürg.