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Zeiten überein, wo die Thiere der entgegengeseztesten Zonen unv Klimate der Betäubung verfallen, denn bekanntlich hat ein großer Theil der Erdhälfte südlich vom Aequator Sommer, wenn wir Winter haben, und umgekehrt. Es hat also der Schöpfer diesen Drang oder diese Aeußerung des Selbsterhaltungstrie­bes nicht an eine einzelne Jahreszeit, sondern an eine allgemeine Jahresperiode für die ganze Erde gebun­den, und man sollte daher für diese im thierischen Le­ben so wichtige Erscheinung nicht die ungeeigneten Ausdrücke Winter- und Sommerschlaf gebrauchen, son­dern einen abstrakten Ausdruck dafür finden, wozu vielleicht das Wort Schlafleben, U^pnodion, der geeignetste wäre, denn es ist ja ein Fortleben unter der Gestalt der Leblosigkeit, und doch kein krankhafter abnormer Zustand wie der Scheintod, sondern eine Aeußerung wie eine Forderung der gesunden Lebens, kraft.

Die amerikanischen Verhältnisse sind noch von keinem Schriftsteller so ungünstig beurtheilt wor­den, als von dem Urdemokraten Gustav Struve. Aus seinen Darstellungen spricht eine gewisse Sehnsucht nach dem europäischen Leben mit seiner inneren Bewegung und dem Adel seiner geschichtlichen Beziehungen.Die europäische Polizei«, sagt er,stört den heitern Ver­kehr der Menschen nicht so sehr, als die mannigfaltigen Vorurthcile, welche hier herrschen. So steif als hier sizen die Reisenden nirgends in Wagen und Schiffen neben einander. Die von den Nativisten angeregten gehässigen Leidenschaften, der Tempcrcnzfanatiemus, die religiöse Befangenheit, die blinden Vornrtheile, welche den Farbigen verfolgen, stad eben so viele Hemmschuhe heiterer Geselligkeit. Ein harmloser Mensch -steigt in den bereit stehenden Eisenbahnwagen und muß Zeuge seyn, daß ein anständiges Frauenzimmer mit Gewalt hinausgeworfcn wird, weil sie nicht ganz weiß von Farbe ist. Er muß unfreundliche Bemerkungen hören, wenn Nativisten und Irländer oder Deutsche Zusammentreffen. Die Wichtigkeit, welche die soge­nannten Rowdies oder Raufbolde im öffentlichen Leben der großen Städte haben, beweist Struve durch Be­schreibung des Leichenzuges, der einem derselben, Wil­liam Poole zu Theil wurde. Ganz New-Iork war auf den Beinen. Die Städte Albany, Philadelphia und Baltimore schickten Abgesandte. Eine ganze Ge­sellschaft, welche Bill Poole's Namen trug, mehrere andere Vereine, zwei Compagnien von Feuerleuten, zahlreiche Miliz-Compagnien, hundert Wagen und eine zahllose Menge von Leidtragenden folgten der Bahre, Der Ermordete Poole gehörte zu der nativistischen Par. lei. Auf gleicher Stufe sittlicher Verworfenheit mit dem Rowdp steht der Dandy. Der Raufbold sczt um 500 Doll- sein Leben im Faustkampf auf das Spiel. Der Stuzer fordert, wegen irgend einer Bemerkung, die ihm nicht gefällt, den Andern auf Pistolen. Wenn der Raufbold der frechste, gewaltthätigste und abge­härtetste Spizbube» so ist der amerikanische Stuzer der größte Flegel, der herzloseste Wüstling und der leerste Kopf, der sich denken läßt-« So Gustav Struve in

der Schrift: «Die Union vor dem Richterstuhl deS ge­sunden Menschenverstandes. Newyork. Verlag des Ver­fassers.«

ES war im Jahre 1812, kurz vor dem Kriegszuge Napoleons nach Rußland; Michael Speransky war der mächtige Minister in Petersburg unv der vertraute Freund Kaiser Alexander I. Der Minister hatte furcht­bare Feinde; er ging am 17. März zum Kaiser und erbat seine Entlassung. Der Czar nahm sic an, die beiden Frcunoe lagen sich scheidend weinend in den Armen. In voller Auwegung von diesem Lebewohl kehrte SperanSky in sein Haus zurück und findet in seinem Zimmer seinen erbittertsten Feind, den Polizei- minister Balascheff, der ihm einen vom Czar Unterzeich­neten Verbannungsbefehl vorzeigt. Die Kibitke hält vor dem Thore, eine halbe Stunde nach der Umarmung ist der gestürzte Minister auf dem Wege nach Sibirien und stellt Betrachtungen über Politik und Hofgunst an.

Aus Wcst-Redford in England wird der Tod des dortigen Rectors gemeldet, eines Mannes, der zwar in der Kirchengeschichlc Englands keine Stelle einneh- men wird, der aber wegen seiner absonderlichen Lebensweise seit Jahren ein Räthsel für seine Nach­barn auf viele Meilen in der Runde gewesen war. Der hochw. Herr hatte ein gutes Auskommen, und war von begüterter Familie, trozdem hungerte er buchstäb­lich Jahrelang mit seiner Frau. Die Scheiben der Rectorei waren nothdurftig mit altem ZeitungSpavier ausgebesscrt; kein Mensch wurde ins Haus gelassen; der Rector kaufte die notbwendigsten Lebensmittel ein, puzte sich seine Schuhe, hielt keine Dienstleute und hatte nie Feuer in der Küche. Er starb an Entkräftung, und hinterläßt seiner Frau gegen 50,000 Pf. St. Das Eine muß dem sonderbaren Filze zum Lobe nachgesagt werden, daß er manchem Nothleivcnden half, obwohl er sich nicht eine warme Suppe gönnte.

An die Stelle der Sitte, die Todten zu begraben, sind oft alle die verschiedenen Gebräuche veralten Völ­ker vorgeschlagen worden, von denen tndeß der Pariser «Presse« nur einer, nämlich das Verbrennen, anwend­bar erscheint; da ein Verbrennen auf dem Scheiterhaufen viel zu kostspielig seyn und manche Uebelstänve mit sich fübren würde, so sch ägt das v-latt vor, auf einer An­höhe in der Nähe der Stadt ei» Gebäude zu errichten, welches unter dem Namen «Sarcophäbe« zum Verbren­nen der Leichname bestimmt wäre. Leztcre würden in feierlichem Zuge dorthin transportirt, im Gebäude auf eine eiserne Platte gelegt und in eine Brennkammer geschoben werden, wo eine starke Hize sie rasch in Asche verwandeln würde. Die Asche soll dann gesammelt und de« Familie ubergeben, oder an einem öffentlichen Orte dcigesezt werden. Die ..Pieffe« hebt die großen Vor­theile hervor, welche ein solches Verfahren überhaupt für den Gesundheitszustand einer ganzen Stadt, dann aber auch für die Familie des Verstorbenen haben würde. Leztere können die Asche eines geliebten Tod­ten in einer künstlich geschmückten Urne aufbewahren, sie bei jeder Ortsveränderung mit sich nehmen, und die immer gegenwärtige Erinnerung au den Verstorbenen würde in mancher traurigen Lage die Hoffnung und Energie aufrecht erhalten.

Redaltisu. Druck und Verlag der M e e d'lcheu Buibdruckerct i» Reueubttrg.