L83
Um aber ein Bild des Ganzen mit entsprechender Kraft und Treue zu entwerfen, muffen wir den Griffel eines Mannes borgen, welcher — Naturfor cher, Gelehrter, Dichter und Maler zugleich — diesen Ueber- gang selbst beobachtet, und ebenso die Trockenheit wie den Regenschauer erlebt hat. --Wenn unter dem senkrechten Strahl der nie bewölkten Sonne die verkohlte Grasdecke (der Ick»»«-») in Staub zerfallen ist,-- sagt Alexander v. Humboldt, »klafft der erhärtete Boocn auf, als wäre er von mächtigen Erdstößen erschüttert. Berühren ihn dann entgegengesezte Luftströme, und Pflanzt stch durch Gegenstoß die kreisende Bewegung fort, so gewährt die Steppe einen seltsamen Anblick. Als trichterförmige Wolken, deren Spizen an der Erde Hingleiten, steigt der Sand dampfartig durch die luftdünne, vielleicht elektrisch geladene Mitte des Wirbels empor, gleich den rauschenden Wasserhosen, die der erfahrene Schiffer fürchtet. Ein trübes, strohfarbenes Halblicht wirft die unscheinbar niedrigere Himmcls- decke auf die verödete Flur. Ter Horizont tritt plöz- lich näher. Er verengt die Steppe, wie das Gemüth des Wanderers. Die heiße staubige Erde, die im ne- delartig verschleierten Dunstkreise schwebt, vermehrt die erstickende Luftwärme. Statt Kühlung führt der Ostwind neue Gluih herbei, wenn er über den lang «rhizten Boden hinweht. Auch verschwinden allmälig die Lachen, welche die gelb gebleichte Fächerpalme vor der Verdunstung schüzte. Wie im eisigen Norden die Thiere durch Kälte erstarre», so schlum. wert hier unbeweglich das Krokodil und die Boaschlangc, tief vergraben im trockenen Letten. Uebcrall verkündet Dürre den Tod, und überall verfolgt den Dürstenden im Spiele des gebogenen Lichtstrahls das Trugbild des wellcnschlagcnden Wasserspiegels. In dichte Staubwolken gehüllt und von Hunger und brennendem Durste geangstigt, schweifen die Pferde und Rinder umher, erstere mit langgestrecktem Halse gegen den Winr- anschnaubend, um durch die Feuchtigkeit des Luftstroms die Nähe einer nicht ganz verdampften Lache zu errathen.
»Bedächtiger und verschlagener suchen die Ma»l- thierr auf andere Art ihren Durst zu lindern. Eine kugelförmige und dabei vielrippiqe Pflanze, der Me- lonen-Cactus, verschließt unter seiner stachligen Hülle ein wasserreiches Mark. Mit dem Vorderfuße schlägt das Maulthier die Stacheln seitwärts, und wagt eS dann erst, die Lippen behutsam zu nähern und den kühlen Distelsaft zu trinken. Aber das Schöpfen aus dieser lebendigen vegetabilischen Quelle ist nicht immer gefahrlos; denn oft steht man Thiere, welche durch Cactusstachel am Hufe gelähmt worden.
»Folgt endlich auf die brennende Hize des Tages die Kühle der gleichlangen Nacht, so können Rinder und Pferde selbst dann nicht ruhen. Ungeheure Fledermäuse verfolgen ste wahrend deö Schlafes, saugen ihnen vampprartig das Blut aus und hängen fich an dem Rücken fest, wo ste eiternde Wunden erregen, in denen Mosquitos, Hippobosccn und eine Schaar stechender Insekten stch anstedeln- So führen die Thiere ein schmerzvolles Leben, wenn von der Gluth der Sonne das Wasser auf dem Erdboden verschwindet.
„Tritt endlich nach langer Dürre die wohlthätige Regenzeit ein, so verändert stch plözlich die Scene in der Steppe. DaS tiefe Blau des bis dahin me bewölkten H mmels wirv lichter. Kaum erkennt man bei Nacht den schwarzen Raum im Sternbild deS südlichen Kreuzes. Der sanfte phosphorartige Schimmer der magellanischen Wolken verschwindet. Selbst die scheitelrechten Gestirne des Adlers und des Schlangenträgers leuchten mit zitterndem, minder planetarischem Lichte. Wie ein entlegenes Gebirge erscheint einzelnes Gewölk im Süden. Nebelartig breiten die Dünste stch überall von dem Zenith aus. — Den belebenden Regen verkündigt der ferne Donner.
»Kaum ist die Oberstäche der Erde benezt, so überzieht stch die duftende Steppe mit Kyllignien, mit vielrispigem Paspalum und mit mannigfaltigen Gräsern. Vom Lichte gereizt entfalten krautartige Mimosen die schlummernden Blätter, und begrüßen die ausgehende Sonne, wie der Frühgesang der Vögel um die stch öffnenden Blüthen der Wasserpflanzen. Pferde und Rinder waiden nun im frohen Genuß des Lebens. Im hochaufschießenden Grase versteckt fich der schönge- fleckte Jaguar, und erhascht die vorüberziehenden Tbiere im leichten Sprung kazenartig wie der astatische Tiger.--
Nicht wahr, dieß ist in der Thal ein meisterhaftes ergreifendes Bild? Wie drückend und hemmend für alles Leben find Hize und Trockenheit zusammen! In der heißen Jahreszeit werfen viele Pflanzen der Tro- penländer ihre Blätter ab, wie die unsrigen im Winter, und die Reptilien vergraben stch in den Schlamm und Letten. Auch viele Saugethiere suchen fich ein Obdach, und verbringen die Zeit der größten Hize in Erstarrung oder lange andauerndem betäubtem Schlaf. Die Lanvschnecken verschließen stch alle in ihr Gehäuse und Kammern, und halten in behaglicher Zurückgezogenheit ihre lange Siesta. Kein Jnsektenflügel fächelt die erstickend schwüle Luft. Sogar die Erdwürmer wühlen sich tief in den Untergrund, und die Fische der vertrockneten Flußbette müssen fich schon bei Zeiten ein Obdach im weichen Letten oder in der leichteren Humusschicht der Uferböschungen gesucht haben, denn ste find auf einmal spurlos verschwunden, seit ihr hei- mathlicheS Element fehlt; und doch läßt stch nicht an- nehmcn, daß ste mit dem ve rinnenden Gewässer alle meerwärts gezogen feyen, denn oft trennen Felsen- darren und Kaskaden die verschiedenen Stufen des Wafferlaukes der großen Ströme, und bietet dem kleineren befloßten Geschöpfe fast unübersteigliche Hindernisse-
(Schluß folgt.)
Gold-Courfe. Stuttgart, den 1. Dez. 1856. Württemberg. Dukaten (Fester Cours) 5 fl. 45 kr-
Andere Dukaten.5 fl- 28 kr.
Friedrichsd'or.. 9 ff. 36 kr.
20 Franks-Stücke.. 9 fl. 17 kr.
K. Staatskaffen-Berwaltung.
»eb»M»o, »ru« »nt »erlag der «eeb'scheu «,chbr»serr1 i» »c»e»l>itrg.