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Stuttgart, 3. Dezember. In den lezten Tagen sind von der Polizei zahlreiche Vcrhaf. lungen wegen Diebstahl vorgenommen worden.

Im Hinblick auf den gegenwärtigen Stand der Branvversichcrungöfasse und den mutbmaß- lichen Anfall von Brand chä'den im kommenden Jahre iit auf den Antrag des K. Venvaltnngs- ra>HS der Gebäudebrandveesicherungsanftalt die Brandschadensumlage für das Jahr 1857 in der Weise bestimmt worden, daß bei den Ge­bäuden der dritten 5!lasse, welche die Regel und die Grundlage für die Berechnung des Betrags in den nieder» und höhern Klaffen bildet (K. Verordnung vom >4. März 1853 8. 12 e.) der Beitrag von Hundert Gulden Brandversi­cherungsanschlag fünf Kreuzer beträgt, wo­von se die Hälfte spätestens bis 1. April und 1 August 1857 an die Brandversichcrungskaffe einzuliefern ist.

Leonberg, I. Dezember. D e Kalte ist so empfindlich, daß gestern Nacht eine Frau bei Münchingen erfroren ist, die bei dem Schneege­stöber den Ort nicht mehr erreichen konnte.

Ausland.

Frankreich.

Paris, 28. November. Der ministerielle Constitutionnel" und daöJournal deS De­büts" sprechen sich heute über den neuesten Stand der Neuenburger Angelegenheit aus. Beide Journale gelangen zu dem nämli­chen Schluffe: Nothwendigkeit für die Schweiz, die unbestreitbaren Rechte Preußens vorgän.zig anzuerkennen, und Nothwendigkeit für Preußen und die Schweiz, den Conflikt durch einen Ver- * gleich" zu beendige i.

Paris, 1. Dezbr. Die heutige Börse war in Folge der ausführlichen Mütbeilungen desMoniteurs" über die Lage d>r Siscnbabn. Industrie sehr fest gestimmt. Es wird für Deutschland nicht ohne Interesse seyn, zu wn- sen, daß o.'n den darin erwähnten 214 Millio­nen 70 für die Ostbahn allein bestimmt sind, deren Bauten daher keiner Störung uiinrvor- sen seyn werden.

Großbritannien.

London, 27. November. Un'ere heutigen Morgenblätter bringen eine, ihnen vom Aus­schüsse desEmancipationö-Vereines von Italien,- zugesandtebeurkundete" statistische llebersichtsliste der von 1831 bis >854 in Ita­lien stattgefundenen Hinrichtungen politischer Verbrecher. Obne auf d>c Details dieser Liste cinzugchen, sey hier blos erwähnt, daß die Zahl der in die'e Periode fallenden Hianchluiigen auf 6773 angegeben wird.

Rußland.

Petersburg, 25. Noo. Der Kaiser hat aus Anlaß des Ablebens des General-Feldmar­schalls Fürsten Worouzoff befohlen: daß zum Andenken an die Verdienste desselben um Thron und Vaterland das gesammte Landhecr eine dreitägige Trauer anlege.

Miszellen.

Der Sommerschlaf -er Thiere.

Wie bei vielen Thieren der gemäßigten und der kalten Zone die Fürsorge des Weltenschöpfers den Winterschlaf angeordnet hat, damit ihnen das Leben während der »nwirthlichen Winterfröste erhaltenwerde, so leben wir im heißen Erdstriche zwischen den Tropen eine ähnliche Erscheinung vorwalten, durch welche vie­len Thieren über die entnervende Sommerhtze und die Dürre hinüber geholfen wird. Die Wirkungen der Sommersonne lind in lener Zone so energisch, daß da­durch das Pffanzenleben zerstört und sowohl die Hu­musschichte der Erdoberfläche, wo sie nur immer dem direkten Einflüsse der Sonnenstrahlen prcisgegeben ist, als auch der Schlammgrund der ausgetrockneten Flüsse in eine rifsge, heiße, zerstäubende Lehmmaffe verwan­delt wird. Wir seben also m den Tropenländern durch Hize und anhaltende Dürre so ziemlich dieselben Wir­kungen auf Thiere und Pflanzen hcrvorgebracht wer­den. wie durch die Kälte des Winters in unsrer ge­mäßigten Zone. Daher bemerken wir, daß viele Thiere der beißen Zone während der Zeit der größten Hize und Trockenheit in eine Erstarrung verfallen, die man mit dem Namen Sommerschlaf, ^estivsstio, bezeich­net hat. Der bekannte englische Naturforscher Darwin gibt in seinem interessanten Werke über die Reise der britischen SchiffeAdventure" und «Beagle« eine sehr lebendige Schilderung der Stille, welche während der heißen und dürren Jahreszeit über Ebenen und Wäl­dern herrscht. Die Krokodile und Schlangen lind alle erstarrt und haben flch in die Erde verkrochen; die Vierfüßler geberven sich wie leblos, manche verfalle» in eine wahre Lethargie, wie z. B. der Tenrec der Insel Mauritius, ein unserem Igel verwandtes Säu­gethier; die Vögel suchen den dichtesten Schatten; kein Insekt läßt sich sehen oder hören. Allenthalben scheint das Leben stille zu stehen. Allein kaum ist die Regen­zeit eingctreten, so verwandelt sich die Scene wie durch Zaubcrschlag. Was seither geschlafen hatte, erwacht und belebt sich; das ganze Aussehen der Natur tst er­neut, verjüngt; unk manchmal schon ist der einheimi­sche Bewohner einer neu errichteten Hütte erschreckt worden durch das Zittern des Bodens und das Ber­sten der Erde, aus welcher alsdann eine Schlange oder ein Alligator heroor kommt. Auch Alexander v. Humboldt erzählt schon, daß man nach der Aussage der Eingebornen am Rande der Sümpfe bisweilen den befeuchteten Lehm sich langsam und schollenweise in eine Art Hügel sich erheben sehe, worauf mit einem hefti­gen Geräusche, wie beim Ausbruch eines kleinen Schlammvulkans, die aufgehaufte Erde hoch i» die Luft geworke» werde. Der mit der Bedeutung dieses Schau­spieles vertraute Zuschauer fliehe alsdann, denn er wisse, daß hier eine riesige Wasserschlange oder rin schuppiges Krokodil zum Vorschein kommen werde, welches der erste Regenlall aus seinem erstarrten Zu­stande erweckt habe. Alles ist nun Leben und Tä­tigkeit; die Luft wimmelt von Insekten; die Vögel sind alle rege und geschäftig; der Wald hallt wieder von dem Gemenge ihrer manchfaltigen Stimmen, und die Ebene bedeckt sich schnell mit üppigem Pflanzen- wüchse.