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meinen Wohlstand, von der besseren Lage, in welcher sich die niederen Volksklassen befinden, her. In dem lezten Jahrhundert hat der Verbrauch sehr zugenommen, obgleich nicht in demselben Berhältniß wie der des Kaffee'S.

Er betrug im Jahre 1700 20 Millionen Pfund; im Jahre 1782 155 Millionen Pfund; im Jahre 1828 352 Millionen Pfund.

Vor 1700 wurde nur wenig Zucker gebraucht; er war rin Artikel, welcher nur auf die Tische der Großen kam. Der Gebrauch desselben ward dadurch bedeutend vermehrt, als der Thee allmählig ein allgemeines Ge­tränk in England wurde. Wenn nicht in England ein so hoher Zoll auf Zucker stände, so würde der Ver­brauch sicher viel größer seyn.

Weit geringer ist der Verbrauch in Frankreich, wo ungefähr nur 7V2 Pfund Zucker, von welchem je­doch 2Vr Pfund Rübenzucker find, auf das Individuum kommen; unter den europäischen Staaten ist Rußland derjenige, welcher am wenigsten verbraucht.

In dem deutschen Zollverband wird der Verbrauch auf 5 Pfund angeschlagen, in ganz Deutschland auf 6 Pfund, in Norwegen und Schweden nur auf 3'/- Pfund, in dem österreichischen Staat und in Rußland auf IV, Pfund. ^

Es ist bekannt, daß Zucker aus vielen anderen Pflanzen als aus dem Zuckerrohr bere tct werden kann. Doch gibt es nur zwei, welche von solcher Bedeutung find, daß sie verdienen hier besprochen zu werden; fie haben durch zwei Bestrebungen gegen den Gebrauch des Rohrzuckers ein vermehrtes Interesse erhalten, welche höchst verschiedenen Beweggründen ihren Ur­sprung verdanken; der eine ist aus menschenfreundlichen Rücksichten entstanden, der andere hatte seine nächste Veranlassung in der Herrschsucht. Die Quäcker in Nord-Amerika fanden, daß eS gegen ihr Gewissen stritte, Zucker zu genießen, welcher durch Hilfe der Sclavcn producirt würde, weil sie auf diese Weise mittelbar zur Fortdauer und Erweiterung der Sclaverei und des Sclavenhandels beitrugen. Sie fanden ein Surrogat in dem Saft des Zucker-Ahorns, eines nord­amerikanischen Baumes, welcher, wie unsere Birke, im Frühling einen reichlichen Vorralh süßen Saftes ent­hält, aus welchem man durch Auskochen Zucker berei­ten kann. Obgleich der Gebrauch desselben in den nordamerikanischcn Staaten nicht unbedeutend ist, so macht er doch kaum mehr als V«-Vs des Verbrauchs an Rohrzucker für ganz Nord-Amerika aus. Bedenkt man dieß, und dabei, daß dieser Saft nur 2V- Prozent Zucker gibt, der Saft des Zuckerrohrs dagegen 1216 Prozent, so wird man leicht sehen, daß cs nicht zu er­warten ist, daß der Ahornzuckcr jemals für den Handel mit Rohrzu>ter oder für die Produktion desselben in Ländern, deren Klima dazu geeignet ist, gefährlich werden kann.

Als Napoleon den gigantischen, aber weder aus­führbaren, noch liberalen Gedanken faßte, allen Ver­kehr zwischen dem Festland Europa's und Großbritan­nien zu hemmen, um dadurch den Handel dieses Lan­des zu vernichten, da mußte er sich nach Surrogaten für die wichtigsten Colonialwaaren umsehen, welche

das Festland nur durch Hilfe eines freien Handels er­halten konnte. Die Entdeckung, daß man vom Saft der Runkelrübe Zucker zu bereiten im Stande war, mußte ihm deßhalb sehr willkommen seyn. Er that Alles, um die Landlcute aufzumuntern, dieses Gewächs zu bauen; er ermunterte die Chemiker, die besten Zu- bereilungSweisen auSzudcnken, und die Raffinadeure dieselben anzuwenden. Im Jahre 1810 waren in Frankreich 200 Runkclrübcn-Zuckerfabriken, welche jähr­lich 2 Millionen Pfund Zucker lieferten ; aber es war doch nur Vzz dessen, was Frankreich gebrauchte. Nach­dem der westindische Zucker wieder eingeführt werden konnte, verminderte sich der Absa; des Runkelrüben- zuckcrS, aber später nahm die Produktion dieses Zuckers, wegen Verbesserungen in der Fabrikation, und weil man fie mit dem Landwesen in Verbindung sezte, außerordentlich in Frankreich zu, und lieferte ungefähr 24 Millionen Pfund. Sie hat in Frankreich wieder abgenommen, nachdem der Rübenzucker mit Abgaben beschwert worden ist. UebrigenS hat er sich auch auf andere eu opäische Länder, Belgien und Deutschland ausgedehnt.

Wie bekannt ist die Ncgersclaverei in dem eng­lischen West-Indien abgeschafft; das Parlament bewil­ligte zum Ersaz für die Pflanzer 20 Millionen Pfund Sterling, und gab dadurch ein glänzendes Beispiel, wie eine Nation, als solche, aus Beweggründen han­deln kann, welche außerhalb der Sphäre des Egois­mus liegen.

Der Ausfall der Emancipation ist, wie bekannt, glücklicher gewesen, als man es sich vorgestellt hatte, jedoch übrigens sehr verschieden nach der verschiedenen Beschaffenheit der Inseln; vortheilhaftcr auf den sehr angebauten als auf den gebirgigen, wo die Neger sich leichter selbstständig nicderlaffen können, als dort, wo der Boden in Beschlag genommen ist und fie genöthigt sind, der den Pflanzern Arbeit zu nehmen. Eine der nächsten Folgen ist ein größerer Gebrauch des Zug­viehs, der Maschinen und des Dampfes gewesen, als dieß früher der Fall war, sowie Verbesserungen in der Raffinerie. Aber wenn auch der Zuckerba» bedeutend in West-Indien abnehmen sollte, so wird er wahrschein­lich auf dem Festlande Nord- und Süd-Amerika's zu- nehmcn, wo das Klima und mehrere Umstände den Zuckerbau erleichtern, und wo sich auch allmählig die Emancipation geltend machen wird. In keinem Falle wird Europa Zucker entbehren im schlimmsten Falle werden die Zuckerpreise für eine Zeit steigen, aber be­stimmt auch nur für eine Zeit. Doch wer von uns wird nicht mit Freude etwas mehr für den Zucker ge­ben, wenn wir wissen, daß dieß ein Beitrag ist, wel­chen wir dazu beisteuern, eine Einrichtung abzuschaffen, welche eine Schande für die Menschheit ist eine Schande für jedes Jahrhundert, welche fie duldet.

Ein englischer Statistiker hat daraus hinaewiesen, daß, wenn in einem Lande mit einer Bevölkerung von 30 Millionen Seelen jedes Individuum täglich nur einen Mund voll Nahrung weniger genießt als gewöhn­lich, und man dieses auf ein Loth Mehl veranschlagt, dieß eine tägliche Ersparniß von beiläufig 10,000 Ctr. Mehl ergibt.

Redaktion, Druck und Verlag der Meeh'schen Buchdruckerei in Neuenbürg.