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Weg nehmenden in- und ausländischen Emigranten allen möglichen staatlichen Schn; anged.ikeu zu lassen und dadurch gleichzeitig Frankreich diese immer dedeuteudcr werdcuden Durchzuge zu sichern. Die wesentlichsten 2'estüninuiigen sind folgende. NachAittlU 1 werden zu Llraßdurg, Pans, Havre, Forbach und Sr. Louis, sowie auch nach dem Ermessen des Ministers des Innern in andern Stadien spezielle Ällöwa-iberuiigs- koinm ssa're niedergesezt, die über die strenge Voll - streclnilg der Eeseze zu wachen baden. 'Vach Artikel 2 werden an den noch näher zu bezeichnenden Orken Erknlidlguiigs-Blireau'ö für die Emigranten angelegt, wo sie alle erforderliche Auskunft für ihre Durchreise durch Frankreich, ihren Aufenthalt daselbst und die Fassung der Uebersahrlskontiakte erhalten können. Nach Artikel 3 darf kein Einigrant über die Grenze gelassen werden, wenn er u ch>, sobald er auf dem Landwege ankommt, 200 Franken per Kopf für Erwachsene und 80 Franken per klopf für Kinder von 6—15 Jahren, und sobald er auf dem Seewege ankommt, 150 und 60 Franken per Kopf nachweist. es iey denn, daß er einen Durchreise- und Ueberfahrtskonu^kt besizt, der nach den betreffenden liandesgcsezen in aller Form abgefaßr ist. In lezterem Falle, vorausgisezt, daß das Signalement das Emigranten beigifijgt ist, tritt die Vergünstigung ein, sich des Con- trakts mittelst eines «unentgeldlichen, Visums der französische» Ge'andischasien oder Konsulate für Fankreich als Passes bedienen zu können re.
Paris, 17. Jan. Eine Neuigkeit, und zwar eine unerwartete für uns, ist die grimmige Kälte, die uns seil einigen Tagen heimsucht. Dieser russische Gast ist den Parisern in die Beine gefahren, und Alles eilt durch die Straßen, als ob man verfolgt würde. Die Politik ist weniger frostig, aber darum nicht weniger russen- freundlich. Der Friedensglaube macht Fortschritte. Die Hauptsache, um die sich die Fu'e- densboffnungen drehen, sind die Berichte aus der Krim. Diesen zufolge muß die Hoffnung auf den Fall von Sebastopol vor der Hand ganz aufgegeben werden. General Caiiroben verlangt eine Verstärkung von 60,000 Mann und 30,000 Pferden, soll er anders einen wirksamen Feldzug beginnen können.
Rußland.
Die Milit.-Ztg schreibt vom Kriegsichau- plaze: Fürst Mentschikoff bar eine offizielle We über die Verluste der Krunarmee Sr. Mas. dem Kaiser von Rußland unterlegt. Nach derselben sind vom Schlachtiagc an der Alma <20. Sept.) bis zum 27. Dez. v. I. im Ganzen 26,783 Mann kampfunfähig geworden. Hievon starben an überkommenen Verwundungen 7301 Mann; verwundet wurden >3,826; in Gefangenschaft fielen oder wurden vermißt 1617; durch Krankbeiten und andere Zufälle starben 4039. Diese bedeutenden Verluste wurden durch die fortdauernden Ergänzungen ersezt und die ueuellich publizirre
zwölfte partielle Rekrntirlliig in der östlichen Hälfte des russischen Reiches soll dem Heere wieder 250,000 Rekruten zuführen.
Miszellen.
Liesbeth.
(Schluß )
Der Mensch ist ein wunderbar elastisches Ding! In jede auch die abstruseste Form gepreßt, bewahrt er doch sein innerstes Sepn, sein eigcnthümlicheS Wesen in ihr, und findet sich am Ende darin cingewö^nt. So auch Lieöbeth. Sie hatte sich in ihre schaurige Lage gefunden, sah refignirt Tag um Tag kommen und schwinden, und zog in ihrem kleinen Schrcibkalender ihre Zahl von dcr Summ? derselben bis zu ihrem dreiundzwanzigsten Geburtstage allwöchentlich pünktlich ab Nun aber ward Margarethe B. krank, und der kleine Hoffnungsfunken, der sich noch erhalten hatte, erlosch mit ihrem Tobe; sie war dreiundzwanzig Jahre, weniger zwei Tage, alt geworren. Und als kurz nachher meine F-au erkrankt war, hatte das geängstete Her; sich ihr in schweigender Nacht eiössiet; deßhalb das innigere Verhältniß, welches mir damals ausgefallen war.
Da lag sie nun von der Gluth des Schleimfiebers durchtobt, und ich freute mich fast des stillen Deliriums, das ihre Sinne gefangen hielt. Von den wenigen lichten Augenblicken hatte dcr Arzt und die Schwester die herbste Noch: dann wollte sie durchaus nichts ein- nehmcn. ..Wozu dte Kosten?" rief sie; «ich komme nicht mehr auf: denn in drei Wochen ist meine Lebenszeit verstrichen. Wie Johannes und Margarethe, muß ich sterben!"
«Das ist thörichter Aberglauben. Bethle!"
«Sic werden bald sehen, was Glauben und Aberglaub, n ist!"
«Wenn du die rettenden Mittel zurückweisest, so ist das traurige Ende allerdings wohl vorauSzusehen."
«So will ich nehmen, daß ihr Alle euren Unglauben erkennt."
Sie nahm nun pünktlich, und die Krankheit machte ihren regelmäßigen Verlauf. Leise, kaum vom Arzte nicht übersehen, traten wohlthälige Krisen ein, sie wurden starker und starker; mit jugendlicher Kraft warf die Natur die ausgeschiedenen Stoffe sich aus dem Wege. Der eriezenve Appetit trat begehrend ein, cm milder alter Wein rölhcte wieder die Wange und belebte das erloschene Auge. Doch bis zum Ueberdruß klang Liesbeths ewiger Refrain: «Ich komm' eben nimmer abe zur Frau Doktorin!"
ES war ein herrlicher Frühlingstag gewesen. Am offenen Fenster sizend, athmclc die Genesende die Düste des blühenden Birnbaumes, dcr von tausend Bienen umsummt sich langsam im Abendwind wiegre. In der Hand hielt sie ein Blumensträußchen, das sie sinnend anblickte, und hinüber zu einigen kleinen Geschenke» sich neigte, die auf einer Porzellanschuffel zierlich geordnet lagen. Der gefürchtete dreiundzwanzigste Geburtstag — er war vorüber! Hochvergnügt kam Mathilde mit dcr Mutter nach Hause. »Wir habe» ihr Glück gewünscht,« rief sie, «und wollen nun auch