Zu diesen Leuten waren wir in den Weinberg gegangen. Die Mutter mit beiden älteren Töchtern arbeitete rüstig, Liesbeth förderte nicht sonderlich viel: fle hatte genug zu thuu, die besten Trauben im ganzen Schlag zu suchen und uns herbcizutragen. Doch bald hatten wir genug gegessen, und Mutter und Tochter nahmen die krümmen Messer zur Hand, selbst mitzulesen. Ich war seitwärts bergan geschlendert, wo der Wald mit gelben und rothen Tinten lockte und ein kahler Hügel mir eine unbemerkte Warte bot, von der ich das Leben und Treiben um den ganzen Bergkegel übersehen konnte, ohne selbst gesehen zu werden. Braun- rothcs Brombeergeranke wucherte ringsum, und die zähen rauhen Waldreben hatten die lezten Haseln und verkrüppeltes Buchengestrüpp zu einer undurchdringlichen Wand umsponnen. Da wars einsam und stille; nur fernher hörte ich das Lachen und Schwazen der Lesenden, und zuweilen nur krachte ein Schuß: denn, wie gesagt, eben halbreif waren die Trauben geworden? auch war dies eine der entlegeneren Halden, die nicht von Denen gesucht werden, welche einen Weinberg zum Luxus und Vergnügen bauen. — Traulich, ohne alle Scheu umhüpfte mich ein Rothkehlchcn und schien mit Verwunderung die blauen Rauchwolken meiner Cigarre zu betrachten. Es duckte sich vor ihnen, schnellte mit dem Schwänzchen, und stieß einige kurze, scharfe Töne aus; dann saß es wieder mit nachlässig hängenden Flügeln da, und leise sang es seine weichen, schwermüthizen Strophen. Nun hatte es ein Würmchen auf den abgefallenen Blättern entdeckt: es huscht herab, und man glaubt ihm die Freude über den lcckern Fang anzusehen.
Ein leises Geräusch zog meinen Blick seitwärts; Liesbeth stand vor meinem Versteck. Trauben, Brod «nd ein Glas Wein trug ffe auf einem reinlichen Teller, der hörbar in ihrer Hand zitterte.
(Fortsezung folgt.)
(Neu lahrsfest.) Die Juden beginnen und begehen ihr Neujahrsfest am ersten Tage des Monats Tischri (den 16. September) und nennen es auch das »Fest des Blascns», weil im Tempel zu Jerusalem an diesem ganzen Tage von den Priestern auf Hörnern und Posaunen geblasen wurde. Sie glauben auch, daß Gott an diesem Tage großes Gericht halte, daher fasten sie zuvor und beten am Neujahrstage mit besonderer Andacht; nach anderer Meinung aber deßwegen, weil von den Heiden das Neujahrsfest mit vielen abergläubischen Gebräuchen begangen wurde. Die Christen im 1. bis 4. Jahrhundert feierten Vieles Fest nicht, sondern richteten sich mit ihrer Zeitrechnung nach der bei den Heiden und Juden üblichen, unter denen sic lebten. Im sechsten Jahrhundert erst feierte man den ersten Januar, aber nur als den achten Tag nach Christi Geburt, und zugleich als Einweiyungsfest, immer noch ohne an das Neujahr zu denken. Im siebten Jahrhundert sollen einige christliche Gemeinden angefangen haben, es zu feiern. Im zwölften Jahrhundert ward cs allgemein eingeführt, und gekörte von da an zu den bedeutendsten kirchlichen Festen. Mit Recht feiern die Christen diesen wichtigen Punkt im Leben,
durch kirchliche Gebete, Predigt und Gesang. Auch wird in manchen Kirchen am Abend vor dem Neujahr eine Predigt mit Gesang gehalten.
Vor mehreren Jahren verlor ein Kaufmann sein Portefeuille mit 30,000 Franken in Papieren. Ein Chauffcearbeiter, der an der Straße von Bourges nach Saint Amand beschäftigt war, fand es und brachte es dem Eigenthümer zurück, der ihm 1000 Franken Belohnung anbot. »Ich habe nur meine Schuldigkeit ge- than!» antwortete dieser und ging. Die Sache schien seitdem abgemacht, als vor einigen Tagen der Arbeiter von einem Notar aus der Schweiz die Anzeige er- erhielt, daß jener Kaufmann gestorben sey, ihm aber in seinem Testamente 10,000 Franken vermacht habe.
(Vom schwarzen Meere.) Die Russen sind wahre Virtuosen im Spioniren, selbst die Offiziere schämen sich des Dienstes nicht. Ein englischer Vorposten bei Balaklava war jüngst erstaunt, ein Pferd mit einem Kornsack im Mondschein spazieren gehen zu sehen; als er das Thier fassen wollte, verwandelte sich der Sack plözlich in einen Kosacken, der mit eingeiezten Sporen das Weite suchte.
(Russisches Kommißbrod.) Moritz Hartmann schreibt aus Giurgevo: »In den Häusern dieser Stadt und der benachbarten Dörfer, wo die Russen lange gelegen, findet man viele von den Elfteren zurückgelassenen Brode. Die Europäer kaufen sie zu theuren Preisen an, um sie als Merkwürdigkeit nach ihrer Hcimath mitzunehmen. Ein Amerikaner schickte drei dieser Brode, welche aussahen, als wären sie aus Lava und Asche gebacken, zur Newyvrker Industrieausstellung.»
Für die Hausfrauen in Stadt und Land ist wieder eine Erfindung gemacht worden, wodurch sie viel Zeit ersparen können. In Hamburg hat man eine Schälmaschine erfunden, mit der man rasch und sauber die Kartoffeln, Aepsel rc schälen kann. Die Schale wird so dünn, wie man sie kaum mit einem Messer zu Stande bringen kann.
Scherz-Kalender.
Für Mädchen.
Im Jänner geboren ein Mägdelein Ist schlank an Wuchs, an Gliedern fein. Auch sittsam, weise, fromm dabei,
Und ihrem einst'gen Gatten treu.
Sie wird denselben nicht betrüben,
Und zärtlich ihre Kinder lieben.
Zwar fehlt ihr äußrer Schönheit Preis, Doch wirkt ffe beglückend in ihrem Kreis.
Für Knaben.
Ein Knabe, im Januar geboren.
Hat großen Mund und lange Ohren, Einen dicken Kopf und wenig drin,
Doch dünkt er sich weise in semem Sinn, Und das ists eben, womit er beweist,
Er habe mehr Eigenliebe als Geist;
Doch manchmal hat er dennoch Glück, Und wird im Alter plump und dick.
Redaktion, Druck und Verlag der M e e h'schen Buchdrucker« in Neuenbürg.