Miszellen.
Die M ilitär-Ko in Mission.
(Fortsetzung.)
Der Pfarrer erblaßte und sagte: „Mein Herr, man weiß in der ganzen Gegend, daß ich den Gesezen gehorche und folglich-"
„Sey ruhig," erwiderte der Kommissär, „das Gesez ist gerecht. Uebrigcns" fügte er bei, „nehme ich Dich in meinen Schuz und werde Dich in Lyon nicht verlassen."
„Wohl, mein Herr, ich bin ruhig und werde Ihnen folgen."
„Aber sogleich."
„Ich bin bereit."
„Du wirst in Lyon Geld brauchen; man hat im Gefängnisse nicht alle Bequemlichkeiten; gib also her, was Du bestzest, ich werde Dir es ausbcwahren."
Der Pfarrer zuckte die Achseln, öffnete einen großen, alten Schrank und nahm ein Papierchen heraus, in welchem sich zwei Sechslivres-Thaler befanden.
„Ah, Du scherzest. Du hast Geld in der Kirche, in der Sakristei. Du mußt uns dahin führen."
Zu gleicher Zeit verließ der Kommissär das Zimmer und schlug den Weg zur Kirche ein. Der Pfarrer hatte inzwischen seiner Haushälterin, die fich^vor der Thüre befand, einige Worte gesagt und eilte uns dann voran, indem er sagte, in der Kirche wären nur die Gegenstände, die dahin gehörten.
„Nun wohl, wir wollen sehen," sagte der Kommissär.
Der Pfarrer öffnete die Kirche und in wenigen Augenblicken befanden wir uns in der Sakristei.
„Oeffne nur Deine Bude," sagte der Kommissär und stieß mit seinem Säbel auf den steinernen Boden, daß es in der ganzen Kirche wiederhallte.
Der Pfarrer zog einen kleinen Schlüssel aus der Tasche und öffnete einen Schrank mit großen Flügel- thüren, worin die zum Gottesdienste gehörigen Gegenstände aufbewahrt waren.
„Recht gut, recht gut," rief der Kommissär, „hier ist die Münze, die schläft; wir wollen sie wecken. Was sollen diese Sachen hier?"
Er nahm nun Meßgewänder und was sich sonst an heiligen Gewändern vorfand, heraus, riß die Borten herunter und vertheilte sie unter die anwesenden Soldaten. Hierauf nahm er die Kelche und die übrigen heiligen Gefäffe und trat sie mit dem Fuße zusammen, um sie leichter fortbringen zu können. Dieses Schauspiel überraschte mich so sehr, daß ich kein Auge von dem gottlosen Treiben des Verruchten abwenden konnte und daher auch nicht sah, welche Miene der Pfarrer bei diesem Vorgänge machte; nur bemerkte ich, daß er sein Sacktuch krampfhaft zwischen seinen Händen zerknitterte.
Als dieses Alles geschehen war, sagte der Kommissär: --Run auf den Rückweg!" — Beim Hinaus- tretcn aus der Kirche machte der Pfarrer Miene, in sein Haus zurückzukehren, allein der Kommissär hielt ihn zurück und sprach zu ihm: »Du hast nichts mehr in Deiner Wohnung zu thun. Beunruhige Dich übri
gens nicht! Wenn Du wider Vermuthen Deine Freiheit nicht sogleich wieder erhalten solltest, so werde ich Dir einige Bequemlichkeiten verschaffen und überhaupt Deine Angelegenheit zu einem baldige» Ende zu bringen suchen.«
Die Haushälterin des Pfarrers trat aus dem Hause und brachte ihm seinen Hut und seine Tabacksdosc und das Kind nahm ihn beim Rocke und rief ihm im Patois des Landes zu: »Wohin gehen Sie, Herr Pfarrer?«
»Nach Lyon, mein Kind.»
»Ah, nach Lyon! Sie werden mir doch Etwas mitbringen?»
»Gewiß!»
»O, was werden Sie mir mitbringen? Bringen Sie mir — ja bringen Sie mir einen Rosenkranz.«
Der Pfarrer küßte den Knaben und sagte: „Dieses Kind ist der Sohn eines Mannes von hier, der auf dem Schlachtfelde starb. Ich habe es zu mir genommen, um es zu erziehen."
(Schluß folgt.)
Zwei Freunde traten aus einer Weinhandlung, von denen der eine so molum, daß er sich kaum auf den Füßen erhalten konnte. Der andere rief daher einem vorüber^ahrenden Droschkenfuhrmann zu, zu halten und den Berauschten mitzunehmcn. Der Drosch- kenführer, eingedenk des Verbotes, Betrunkene zu fahren, betrachtete sich einen Augenblick den Weinvollen. Er schüttelte mit dem Kopfe und weiterfahrend sprach er: Dieser Herr ist droschkenunfähig!
Auf den preußischen Eisenbahnen sind im vorigen Jahre etwa 10 Millionen Menschen befördert worden, und im Ganzen sind 5 Personen verunglückt, worunter eine durch unvorsichtiges zu frühes Herausspringen aus dem Wagen das Leben verlor. Wenn man diese 10 Millionen hätte mit Pferden transportiren wollen, wie viel Unglücksfälle würden da vorgekommen seyn?
Das elektrische Licht soll durch eine neue Erfindung, von welcher der »Waadter Courrier« berichtet, auch für die Heilkunde anwendbar gemacht werden, indem dasselbe eine gewisse Durchsichtigkeit der leiblichen Organe erzwecke.
Der Weg der Liebe.
(Nach dem Englischen von K. C. Tenn er.) Ueber Wogen und Wellen,
Ueber Thäler und Höb'n,
Unter Gräbern und Quellen,
Ueber Fluthen und See'n,
Ueber Felsen und Gründe,
Auf dem dunkelsten Steg,
Ueber donnernde Schlünde Findet Liebe den Weg.
Wo die Räume zum Fliegen Für die Biene zu klein.
Wo kein Glühwurm kann liegen.
Keine Fliege sich freu'n,
Wo kein Mücklein kann kriechen,
Wo kein Leben mehr reg',
Wird die Liebe noch siegen,
Findet Liebe den Weg.
Mag der Aar Dir gehorchen Und sich senken voll Scheu;
Lockt den Phönix im Morgen Deine Stimme herbei;
Laßt der Leu Dir die Beute In dem wilden Gehäg' —:
Mit der Liebe im Streite,
Findet Liebe den Weg-
Redaktion, Druck und Verlag der M e eh'schcn Buchdruckerei in Neuenbürg.